Frage an Reiner Erben von Maik A. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Erben,
welches Konzept in der Bildungspolitik in Bayern streben Sie an, um den derzeitig katastrophalen Bildungsnotstand zu ändern? Was ist ihr Lösungskonzept, um vom jetzigen System des G8 wegzukommen.
Als Vater eines Kindes, der den Stress seines Kindes mißtrauisch beobachtet, stelle ich mir die Frage, wie es im Bildungssystem weitergehen soll. Kann es denn sein, dass mein Sohn nur noch für die Schule lebt und alle Aktivitäten wie Sport und Freizeit darunter zu leiden haben, weil dafür einfach keine Zeit mehr ist?
Über eine aussagekräftige Antwort würde ich mich freuen und verbleibe,
MIt freundlichen Grüßen
M. Aumüller
Sehr geehrter Herr Aumüller,
Ich kenne die Situation am G8 aus eigener Erfahrung, zwei meiner Kinder besuchen ein Gymnasium in Augsburg. Dabei haben meine Kinder den Vorteil, dass die Schule um die Ecke ist und weite und lange Anfahrtswege deshalb wegfallen und die Kinder schnell zu Hause sind um ihre Freizeit zu geniessen.
Entgegen allen Wahlversprechungen setzte Ministerpräsident Stoiber mit dem Schuljahr 2004/2005 handstreichartig das achtjährige Gymnasium durch. Völlig überstürzt und ohne pädagogische oder organisatorische Vorbereitung wurden die Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klassen zu Versuchskaninchen degradiert. Überforderte Schüler, unvorbereitete Lehrkräfte, ein unklarer Lehrplan, fehlende Mittagsbetreuung und unzumutbar lange Schultage gerade für die Fahrschülerinnen und Fahrschüler sorgten für Dauerchaos an den Gymnasien. Trotz zahlreicher Kehrtwenden gelang es der Staatsregierung bis zum Ende der Legislaturperiode nicht, das G 8 zu einem pädagogisch durchdachten Erfolgsmodell zu machen. Ein Filetstück der Reform, die Intensivierungsstunden, wurden zur Manövriermasse, die teuren Schulkantinen bleiben wegen des mittlerweile wieder gekürzten Nachmittagsunterrichts nicht selten ungenutzt. Auch die Hauptschulreform ist über Durchhalteparolen nicht hinausgekommen: Obwohl die Hauptschule immer mehr an Akzeptanz verliert, wird die Staatsregierung nicht müde, am überkommenen dreigliedrigen Schulsystem festzuhalten. Die Fakten sprechen eine andere Sprache: Seit 2005 wurde in 359 Orten die einzige Hauptschule am Ort geschlossen, seit 2004 mehr als 3.000 Hauptschul-Lehrerstellen gestrichen.
Unser Konzept ist ein anderes. Wie es uns die skandinavischen Länder vormachen, müssen wir Wegkommen von früher Auslese und damit vom dreigliedrigen Schulsystem. Wir wollen eine neunjährige gemeinsame Schulzeit für alle Kinder. Dazu brauchen wir natürlich eine andere Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer.
Wir wollen das bayerische Schulsystem verändern. Keine Klasse darf mehr als 25 Kinder haben. Die SchülerInnen werden besser individuell gefördert durch zusätzliches Personal, dazu gehört auch die ausreichende Versorgung mit Schulsozialarbeit und SchulpsychologenInnen. Kinder aus sozial benachteiligten Familien haben einen Anspruch auf verbesserte und verstärkte Förderung von Anfang an. Unser Ziel ist es, dass jede Schülerin und jeder Schüler die Schule mit einem Abschluss verlässt. Kinder mit Behinderung lernen gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung in einer Klasse. Das Sitzenbleiben wird abgeschafft. Dies würde neben Geld und Lebenszeit ebenso eine immense punktuelle Belastung der Kinder und ihrer Eltern ersparen. In den Vordergrund würden langfristige Lernerfolge rücken, da so gezielt und frühzeitig Schwächen durch individuelle Förderung begegnet werden kann und Sonderbegabungen gezielt gefördert werden können. Durch ein flächendeckendes Netz aus rhythmisierten Ganztagesschulen können alle Kinder besser gefördert, Familien entlastet und moderne Lehr- und Lernmethoden praktiziert werden.
Damit es nicht zu lange wird, nur noch einige Stichworte: Schulen brauchen eine größere Autonomie um eigenständig über den Einsatz von Personal und Sachmitteln entscheiden zu können. In Bayern darf nicht länger die soziale Herkunft oder der Migrationshintergrund entscheidendes Kriterium für Bildungschancen der Kinder sein.
In Bayern muss mehr Geld in Bildung investiert werden. Die Grüne Landtagsfraktion hat dazu 2006 einen Vorschlag für Änderungen im Staatshaushalt gemacht und ein Milliarden-Programm gefordert.
Sie sehen, über Bildung gibt es viel zu sagen. Ich freue mich auf die weitere Diskussion darüber.
Mit freundlichen Grüßen