Frage an Regine Lück von Matthias G. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Lück!
Auch wenn ich in vielen Punkten des Parteiprogrammes der Linke durchaus meine Meinung wiederfand, kam ich doch nicht umhin ein gewisses Misstrauen gegenüber der Polizei herauszulesen. Daher würde ich gerne wissen, was mit der Landespolizei passieren wird, falls die Linke erneut an der Regierung beteiligt sein wird. Ich möchte ungern in Polemik verfallen, aber wenn ich z. B. das verfallende Gebäude der PD Rostock und den zum Großteil immer noch veralteten Fahrzeugbestand sehe, steigert sich mein Sicherheitsgefühl nicht gerade. Leasingfahrzeuge sind gut und schön, aber solange sich in kleineren Dienststellen ein gutes Dutzend Ermittler ein einziges Fahrzeug (13 Jahre, 250 Tkm alt) teilen müssen, nützen die einzelnen Glanzstücke im Fuhrpark nicht viel.
Eine weitere Sorge habe ich bei einer evtl. bevorstehenden Einführung der Bürgerversicherung. Selbst als Beamter mit Anspruch auf Heilfürsorge würde ich dieses sehr begrüßen. Würde man sich dann aber auch daran erinnern, dass die Besoldung ersprünglich niedriger ausfiel, um den Vorteil der gesparten KV auszugleichen? Konkret also: Muss der Beamte hier die dann kommende KV aus seinem jetzt bestehenden Gehalt (Immer noch nur 92,5%!) bezahlen, oder würde dieses angepasst werden? Apropos: Steht die Linke auch nach der Förderalismusreform noch zu dem beschlossenen Zeitplan der Anpassung an das Westgehalt bis 2009?
Ich finde es sehr gut, dass sie gegen Kriminalität von Rechts verstärkt vorgehen wollen. Aber was ist mit dem auch existierenden kriminellen Linksextremismus? Gerade im Bezug auf den bevorstehenden G8-Gipfel?
Wie will die Linke ihre vielen Forderungen durchsetzen, die Bundesrecht (z. B. Renteneintrittsalter) oder die Privatwirtschaft (z. B. Stilllegung von Bahnstrecken) betreffen?
Ein letzter Punkt: Die Linke ist seit 1998 an der Regierung. Arbeitslosenquote 1999: 18,2% - 07/2006: 18,2%! Was haben sie erreicht, wo sie doch Vollbeschäftigung anstreben?
Sehr geehrter Herr Günter,
gerne bin ich im März einer Einladung der Polizeigewerkschaft in Rostock gefolgt. Während einer Vorortbegehung wurden genau die Probleme angesprochen, die ich in Ihren Fragen wieder finde. Dieser Besuch in der Liegenschaft Ulmenstraße 54 überzeugte mich von den gegenwärtigen Missständen. Im Ergebnis führte ich ein Gespräch mit dem Innenminister, Herrn Timm. Auf dessen Bitte formulierte ich die Probleme schriftlich, mit der Bitte um Stellungnahme und Einleitung der notwendigen Maßnahmen. Sie können diesen Briefwechsel in meinem Wahlkreisbüro, Stephanstraße 17 in Rostock, Tel. 0381/ 49 200 18, gerne einsehen.
Richtig ist, die Linkspartei.PDS sieht immer noch das Ziel der Vollbeschäftigung für die gesamte Bundesrepublik Deutschland, denn Arbeit ist für uns ein Menschenrecht. Durch sie am gesellschaftlichen Leben teilhaben und von ihr auch Leben zu können, nach unserer Auffassung übrigens auch. Die industrielle Entwicklung führt jedoch dazu, dass immer weniger Menschen in der Wirtschaft benötigt werden. Bei gleichzeitig durch eine falsche Steuerpolitik entleerten öffentlichen Kassen bleibt auf der anderen Seite viel eigentlich notwendige Arbeit liegen. Dies muss geändert, Arbeit besser verteilt und neu definiert werden. Das funktioniert natürlich nicht als Insellösung für M-V allein. Dennoch haben wir in Ansätzen (Gemeinwohlorientierte Arbeitsförderprojekte, Initiative Jugend- und Schulsozialarbeit) in M-V gezeigt, dass es geht.
Zu den Arbeitslosenzahlen soviel: Jede und jeder Arbeitslose ist für mich/uns eine/r zuviel. Für konservative und neoliberale Wirtschaftsfunktionäre und Politiker sind sie eine willkommene Reserve, um gegen den Sozialstaat zu argumentieren und Druck auf die noch Beschäftigten auszuüben.
Nun zur Statistik: 1998 - noch unter einer CDU-Bundes- und Landesregierung - lag die Arbeitslosenquote in M-V bei 19,2% (171.106). Dabei gab es allein mit den 25.567 Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) und den 19.759 Strukturanpassungsmaßnahmen (SAM) monatlich im Jahresdurchschnitt 45.326 geförderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in M-V. Hinzu kamen 15.701 Vollzeit-Teilnehmer/innen in beruflicher Qualifizierung. D.h., allein durch diese Maßnahmen wurde damals die AL-Statistik um mind. 61.000 geförderte Beschäftigte entlastet.
Richtig, im Juli 2006 lag die AL-Zahl bei 18,2% (160.012). Das waren 1,5% oder 14.248 weniger gegenüber dem Vorjahresmonat. Gleichzeitig gab es zusammengenommen nur noch 4.671 ABM/SAM (5.825 Teilnehmer/innen in Qualifizierung) und die Arbeitsmarktentlastung lag insgesamt - trotz 17.871 Arbeitsgelegenheiten, die keine sv-pflichtige Beschäftigung darstellen - deutlich unter der von 1998.
Die Bundesagentur für Arbeit hat ihre Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik von 1998 von 1,178 Mrd. auf 483 Mio. Euro gesenkt, d.h. um 59% gekürzt. Diese Einbußen können vom Land nicht kompensiert werden. D.h. auch, mit dem Mitteleinsatz von 1998 würden wir um vieles besser da stehen. Deshalb fordern wir ein Umsteuern des Bundes, u.a. hin zur finanziellen Stärkung der Kommunen und der privaten Haushalte, um die Binnenkonjunktur anzukurbeln, sowie zu mehr aktiver Arbeitsmarktpolitik und zur Einführung eines bundesweiten Öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS) für gemeinwesenorientierte Arbeit mit sv-pflichtigen, existenzsichernden Einkommen, u.a. um die Infrastruktur in den Kommunen zu verbessern, die öffentlichen Kassen zu stärken und den im ÖBS Beschäftigten eine Perspektive zu geben.
Mit freundlichen Grüßen
Regine Lück