Frage an Ramona Pop von Erik F. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Senatorin Pop,
in Ihren Interview mit dem Tagesspiegel vom 06. Juli 2018 haben Sie sich folgendermaßen zum Thema Breitbandausbau geäussert: "Was ich unredlich fand, war die Auseinandersetzung um den Breitbandausbau. Hier wurde uns vorgeworfen, diesen zu verschlafen. Ich habe aber einen Zeugen, der weit weg von Berlin sitzt: den europäischen Rechnungshof. Der attestierte der Bundesregierung vor ein paar Wochen, dass sie den Glasfaserausbau vor die Wand fährt, weil sie sich stattdessen dazu entschieden habe, gemeinsam mit der Telekom die alten Kupferkabel aufzumotzen, was günstiger ist. Das ist eine Politik, unter der wir alle leiden. Das Land Berlin kann nicht in Eigenregie Glasfaser verlegen, weil das in Deutschland die Aufgabe der Telekommunikationsunternehmen ist. Und nur bei eklatantem Marktversagen darf der Staat handeln.".
Ich bin Nachrichtentechnik-Ingenieur, bei diesem Thema blutet mir das Herz. Hierzu habe ich zwei konkrete Vorschläge, die der Berliner Senat realisieren könnte:
- Änderung des Berliner Bauordnung, so daß alle Neubauten mit Glasfaser angeschlossen werden müssen, also FTTH oder FTTB.
- Gründung eines Stadtwerks, das wie in Stockholm oder München den Glasfaserausbau vorantreibt und das Glasfasernetz an Internetanbieter (ISPs) vermietet. Das würde darüberhinaus mittelfristig Gewinn machen.
Ich würde mich freuen, falls Sie sich zu meinen konstruktiven Vorschlägen äußern.
Mit freundlichen Grüßen
Erik Fischer
Sehr geehrter Herr F.,
vielen Dank für Ihre Anfrageund Anregungen über das Portal www.abgeordnetenhauswatch.de. Grundsätzlich ist in Deutschland vom rechtlichen und ordnungspolitischen Rahmen her geregelt, dass Telekommunikationsdienstleistungen auf der Basis des einschlägigen Bundesrechts (Artikel 87 f Grundgesetz; Telekommunikationsgesetz) marktwirtschaftlich durch Unternehmen im Wettbewerb angeboten und realisiert werden.
Für das Land Berlin bzw. den Senat und die Bezirke bestehen daher keine eigenständigen rechtlichen oder regulatorischen Möglichkeiten bzw. Kompetenzen im Bereich des Marktes der Telekomunikations- Dienstleistungen bzw. des Breitbandangebotes.
Im Rahmen der Entstehung des Gesetzes zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (so genanntes DigiNetz-Gesetz) zur Umsetzung der Richtlinie der EU über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation wurde auch über die Umsetzung einer Glasfaserausbauverpflichtung in Neubaugebieten in Deutschland gestritten: Fast alle Bundesländer haben sich der Auffassung der Bundesebene widersetzt, entsprechende Regelung in die Landesbauordnungen aufzunehmen, da sonst fachfremde Regelungsmaterie in diese einfließen würde. Deshalb wurde als Folge vom Bundesgesetzgeber im Rahmen der Verabschiedung des DigiNetz-Gesetzes eine entsprechende bundeseinheitliche Regelung in den § 77 i des Telekommunikationsgesetzes aufgenommen:
„Im Rahmen der Erschließung von Neubaugebieten ist stets sicherzustellen, dass geeignete passive Netzinfrastrukturen, ausgestattet mit Glasfaserkabeln, mitverlegt werden“.
Der Gründung eines städtischen Glasfaseranbieters bzw. Berliner Stadtnetzbetreibers stehen vorerst die differenzierte und komplexe Stadtversorgerstruktur in Berlin, die mit Priorität zu bewältigen Aufgaben im Energiesektor sowie die negativen Erfahrungen mit dem ehemaligen Berliner TK-Anbieter und Stadtnetzbetreiber Berlikomm entgegen. Es besteht in Berlin mit verschiedenen Telekommunikations-Anbietern wie beispielsweise der Deutschen Telekom, 1 & 1 Versatel bzw. United Internet, Vodafone, COLT, DNS-NET und Telecolumbus ein gutes und breites Angebot an Telekommunikations- Dienstleistern.
Gleichwohl haben wir die Bedeutung der Themenstellung der Breitbandversorgung auf Glasfaserbasis erkannt und diese in den Richtlinien der Regierungspolitik 2016 bis 2021 des Landes Berlin verankert: „Gemeinsam mit Netzbetreibern, Wohnungswirtschaft und Landesunternehmen wird der Senat ein Konzept erarbeiten um den Glasfaserausbau mindestens bis zur Grundstücksgrenze voranzutreiben“.
Für den weitergehenden Breitbandausbau in Berlin wird es vor allem darauf ankommen, den eigenwirtschaftlichen Ausbau der in Berlin tätigen Telekommunikations-Anbieter zu stimulieren und durch gute Rahmenbedingungen abzusichern. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, ist ein koordiniertes Vorgehen und Dialog von Senat bzw. der Berliner Verwaltung und Bezirksämter mit allen relevanten Akteuren notwendig. Es wird daher erstmals für Berlin auf Landesebene im Bereich Breitband bzw. Telekommunikation ein politisches Handlungsfeld und strukturiertes Vorgehen vorgesehen und ab Herbst dieses Jahres wird ein entsprechendes Konzept und Maßnahmenbündel „Breitbandentwicklung Berlin“ umgesetzt.
Mit freundlichen Grüßen
Ramona Pop