Frage an Ramona Pop von Frank S. bezüglich Verkehr
Wie steht den die Grüne zur Kapitalisierung der Bundesbahn?
Sehr geehrter Herr Siegel,
Sie erfragen die Position der Grünen zum geplanten Börsengang der Deutschen Bahn. Seit 2003 wird die Bahn stramm auf das Ziel Börsengang ausgerichtet, obwohl sie noch große Strukturprobleme hat: es besteht ein hoher Investitionsbedarf in das Schienennetz, das Unternehmen ist hoch verschuldet, der Fernverkehr ist allerhöchstens ein Nullsummenspiel. Damit ist die Bahn noch nicht reif für die Börse. Der Bahnvorstand möchte aus der Bahn ein globales Logistikunternehmen machen. Die Beförderung von Fahrgästen und Gütern auf der Schiene verkümmert dadurch immer stärker zum Nebengeschäft, das knapp an der Defizitgrenze vorbeischrammt.
Für das Ziel "Global Player" fordert die Bahn vehement, dass die öffentliche Schieneninfrastruktur zusammen mit dem Bahnbetrieb (für Personen und Güter) an die Börse geht. Das ist die Variante "integrierter Börsengang". Selbsverständlich hat eine Bahn, die über das Schienennetz verfügt, einen sehr viel höheren Kapitalwert als der reine Bahnbetrieb. "Die Macht liegt in den Netzen" ist die Logik dahinter. Wie wahr. Denn nur mit dem Schienennetz kann die Bahn Wettbewerber drangsalieren und damit faktisch seine Monopolstellung behalten. Diese wiederum bedeutet für die KundInnen weiterhin hohe Preise und wenig Kundenfreundlichkeit - denn der Wettbewerb findet unter diesen Voraussetzungen faktisch nicht statt.
Für Bündnis90/ Die Grünen ist jedoch eine saubere Trennung von öffentlicher Infrastruktur und privaten Dienstleistungen bei einem Börsengang der Bahn unabdingbar. Die Infrastruktur, also das Schienennetz muss in staatlicher Hand bleiben. Um die notwendige Sanierung des Schienennetzes zu garantieren und diese Aufgabe nicht einem privaten Unternehmen zu überlassen. Denn ein Privater wird nur soviel investieren, wie er unbedingt muss. Aber auch um die Schaffung eines privaten Monopols der Bahn AG zu verhindern. Diese Position wurde in der Anhörung des Deutschen Bundestages vom 10. Mai 2006 von den angehörten Experten unterstützt. So erklärte der Rechtswissenschaftler Professor Georg Hermes: "Der Bund muss einen maßgeblichen Einfluss auf das Netz behalten, damit er dieses rückholen kann, wenn sich das System als nicht funktionsfähig erweist. Mit dem integrierten Modell ist dies nicht vereinbar."
Der Bundestag wird noch im Herbst entscheiden, wie die Bahn privatisiert wird. Ob der integrierte Konzern an die Börse geht, oder die Bahn in Netz und Betrieb aufgespalten wird. Die Große Koalition aus CDU und SPD scheint trotz eindringlicher Warnungen der Experten (nicht nur in der Bundestagsanhörung) auf den integrierten Börsengang zu setzen. Dieser nutzt der Bahn zweifellos, doch die Politik verliert damit sämtliche Gestaltungsmöglichkeiten auf die Entwicklung des Schienennetzes.
Mit freundlichen Grüßen
Ramona Pop