Frage an Ralf Jäger von Tobias W. bezüglich Frauen
Sehr geehrter Herr Jäger,
ich habe eine Frage zur Frauenförderung in NRW.
Es werden Frauen ja bei "im Wesentlichen" gleicher Eignung befördert, also alleine dann schon wenn sie bloß die gleiche Gesamtnote haben (in der aktuellsten Beförderung).
1) Nehmen wir mal ein Beispiel: es ist eine Beförderungs-Stelle für Industriemechaniker ausgeschrieben. Ein männlicher Industriemechaniker mit der Note 1.6, alleinerziehend mit 2 Kindern bewirbt sich. Eine weibliche Erzieherin mit der Note 2.4, kinderlos, bewirbt sich auch. Nach dem neuen Gesetz wird dann die Frau befördert. Was ist daran gerecht und was hat das noch mit Chancengleichheit zu tun ? Ich finde es eine Frechheit gegenüber dem männl. Industriemechaniker.
2) Nach der neuen Regelung für die Bevorzugung von Frauen können praktisch keine Männer mehr befördert werden. Selbst die schlechtesten Frauen haben scheinbar fast bessere Chancen als die besten Männer. Gibt es denn zumindest eine analoge Regelung, wenn Männer in Führungspositionen in der Minderheit sind ? Werden dann Männer auch bei "im Wesentlichen" gleicher Eignung bevorzugt ?
3) Inwieweit ist das Gesetz überhaupt haltbar ? Nach Bundesrecht müssen Beförderungen doch gerechterweise nach Leistung, Eignung und Befähigung ohne Rücksicht auf das Geschlecht vorgenommen werden. Von vielen Verwaltungsgerichten wurde die Beförderung deshalb verboten. Nun bricht Bundesrecht das Landesrecht. Wie kann an solch einem Gesetz festgehalten werden, wenn doch die Gerichte die Verfassungswidrigkeit schon festgestellt haben ?
4) Sie sind doch selber auch ein Mann. Ich frage mich, warum Sie derartige Gesetze unterstützen. Solch ein Gesetz ist doch eine extreme Diskriminierung ist. Das Argument, dass Beförderungskriterien ausdifferenziert werden, ist für mich keines. Denn nur auf diese Weise kann der beste Bewerber ausgewählt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias
Sehr geehrter Herr Wienand,
vielen Dank für Ihre Frage.
Hintergrund der Neuregelung des § 19 Abs. 6 Landesbeamtengesetz (LBG) ist, dass die bisherige Regelung zur Förderung von Frauen im LBG NRW nichts daran geändert hat, dass der Frauenanteil nach hohen Werten in den Eingangsämtern mit zunehmender Hierarchiestufe systematisch abnimmt. Artikel 3 Grundgesetz (GG) besagt, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Der Staat hat nach Artikel 3 GG die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. Die Förderung von Frauen in Positionen, in denen sie bisher unterrepräsentiert sind, ist darüber hinaus ein erklärtes Ziel dieser Landesregierung.
Daher hat die Landesregierung bei dem renommierten Staatsrechtler und ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier ein Gutachten hierzu in Auftrag gegeben. Die Überlegungen aus dem Gutachten finden sich jetzt in dem ab 01.07.2016 geltenden § 19 Abs. 6 LGB NRW wieder.
Solange die Quote von 50 Prozent Frauen in Führungspositionen - bezogen auf die jeweilige Ämtergruppe und Behörde - nicht erreicht ist, ist nach § 19 Abs. 6 LBG die Frau bei einer im Wesentlichen gleichen Eignung und Befähigung bevorzugt zu befördern. Eine Besserstellung "schlechterer Frauen" findet nicht statt.
Anders als in dem von Ihnen geschilderten Fall bezieht sich die Regelung im Landesbeamtengesetzes nur auf Beförderungen, also nicht auf Einstellungen. Die Regelung gilt darüber hinaus auch nur für Landesbeamte.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen allein durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt werden kann.
Auch nach der aktuellen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes NRW hält die Landesregierung am Ziel fest, die Benachteiligung von Frauen im öffentlichen Dienst zu beenden. Um die Verfahrensdauer abzukürzen, wird die Landesregierung nun ein sogenanntes Normenbestätigungsverfahren vor dem Landesverfassungsgericht einleiten, um Klarheit in dieser Frage zu erreichen.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Jäger