Frage an Ralf Jäger von Albert W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Jäger,
in Nordrhein-Westfalen werden von der Anzahl her die zweitmeisten rassistisch begründeten Gewalttaten in der Bundesrepublik aus der rechten Szene verübt.
Es hat allerdings den Anschein, dass eine Aufklärung dieser Terrorakte nur mit wenig Engagement betrieben wird und dass ein rechtsextremes Motiv zunächst immer ausgeschlossen wird. (Wie war das mit der Aufklärung der NSU-Morde? Wurden die Täter nicht auch im Umfeld der Opfer gesucht und damit das Weitermorden zugelassen?)
So ist z. B. in Dortmund eine rechte Szene so aktiv, dass sich die Menschen dort immens bedroht fühlen, ohne dass dies verfolgt wird, obwohl offensichtlich bekannt ist, dass gerade aus dieser Szene immer wieder rechte Gewaltaufrufe und auch -taten erfolgen.
Dafür werden Menschen mit Migrationshintergrund einer ständigen und pauschalen Vorverurteilung ausgesetzt; Demonstranten - auch Pressevertreter - bei der Demonstration gegen den Braunkohleabbau kriminalisiert:
Meine Frage an Sie - auch als Innenminister des Landes: was hindert Sie als oberster Verantwortlicher für die Polizei und auch des Verfassungsschutzes, eine deutlichere und intensivere Aufklärungsarbeit hinsichtlich dieser rechten Gewalt einzufordern?
Wäre diese Politik nicht viel wirkungsvoller, um gegen die Parolen der AfD Stellung zu beziehen, als immer wieder den "besorgten Bürger" aus dem Hut zu zaubern, der sich Pegida und dem rechten Spektrum anschließt?
Der besorgte Bürger, der wie oben angesprochen gegen die Umweltverschmutzung demonstriert, wird allerdings nicht als besorgter Bürger eingestuft, sondern verfolgt.
Albert Wagner
Bochum-Linden
Dipl. Soz. Pädagoge
Psychotherapeut (HPG)
Sehr geehrter Herr Wagner,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Am 22.12.2011 hat die Landesregierung ein Acht-Punkte-Programm gegen Rechtsextremismus zur Bekämpfung der Politisch motivierten Kriminalität-Rechts beschlossen und umgesetzt. Die Eckpunkte dieses Programms sind u.a. die Erhöhung des Kontrolldrucks auf rechtsmotivierte Straftäter, die konsequente Verfolgung von erkannten Straftaten, die Vernetzung relevanter Informationen in einem Kompetenzzentrum des LKA NRW sowie verstärkte Prävention gegen das Abrutschen in den Rechtsextremismus und das Ausweiten von Aussteigerprogrammen. Darüber hinaus hat die Landesregierung mit dem „Handlungskonzept der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen zur Früherkennung rechtsextremistischer Terroristen sowie zur Verhütung und Verfolgung der Politisch motivierten Kriminalität“ die Bekämpfung der Politisch motivierten Kriminalität-Rechts als Aufgabenschwerpunkt in allen Polizeibehörden des Landes verankert. Im Oktober 2015 wurde im LKA NRW eine Task Force zur Bekämpfung rechtsextremistischer Hetze im Internet und den sozialen Medien eingesetzt. Sie ermittelt gezielt gegen die Urheber von rechten Hasskommentaren und leistet damit einen wertvollen Beitrag zur Bekämpfung des Rechtsextremismus.
Die durch die Landesregierung unternommenen Anstrengungen, Präventionsmaßnahmen gegen Rechtsextremismus zu stärken und zu verzahnen, werden weiter beibehalten. Zahlreiche zivilgesellschaftliche Träger und Stellen des Landes leisten in Nordrhein-Westfalen wertvolle Beiträge zur Prävention. Die Landesregierung fördert insbesondere Mobile Beratungen gegen Rechtsextremismus in allen Regierungsbezirken und Opferberatungsstellen für das Rheinland und für Westfalen sowie das zivilgesellschaftliche Aussteigerprogramm „Neue Wege in Ausbildung und Arbeit“ (NinA NRW). Um die Maßnahmen zur Rechtsextremismus-Prävention noch enger aufeinander abzustimmen und Verbesserungspotenziale zu nutzen, wird zurzeit von der Landesregierung unter Federführung des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen und mit Beteiligung aller Ressorts ein Integriertes Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus entwickelt.
Sie behaupten in Ihrem Schreiben, dass Demonstranten gegen den Braunkohleabbau kriminalisiert würden. Dazu möchte ich folgendes anmerken: vom Grundgesetz geschützt ist das Recht, sich friedlich zu versammeln. Bei den von Ihnen angesprochenen Protesten gegen den Braunkohleabbau ist es in der Vergangenheit allerdings regelmäßig zu Gewalttaten gegenüber Personen und Sachgegenständen gekommen. Derartige Straftaten werden von der Polizei und der Justiz des Landes natürlich verfolgt und geahndet.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Jäger