Frage an Ralf Jäger von Hans-Georg S. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Jäger,
bei den Blitz-Marathons werden sehr viele Polizeikräfte gebunden und die Erfolge sind überschaubar. Machen dies Aktionen nicht nur Sinn, wenn zusätzlich die Strafen für drastische Verfehlungen erhöht und die Halterhaftung in Deutschland eingeführt wird? In den Nachbarländern in denen dies der Fall ist, gibt es nicht so viele unverantwortliche Raser. Mir ist klar, dass dies Bundessache ist, aber NRW könnte ja eine Bundesratsinitiative starten.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Georg Sendt
Sehr geehrter Herr Sendt,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen die Hintergründe und Inhalte der Fachstrategie Verkehrsunfallbekämpfung und insbesondere des „24-Stunden-Blitz-Marathons" genauer darzustellen.
Unser Ziel ist es, weniger Tote und weniger Schwerverletzte im Straßenverkehr in Nordrhein-Westfalen zu erreichen. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass eine Reduzierung der durchschnittlichen Geschwindigkeit auf Innerortsstraßen um 2 km/h die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden um bis zu 15 % verringern kann. Deshalb zielen wir darauf ab, das Geschwindigkeitsniveau nachhaltig zu senken. Dies ist - unabhängig von der Frage nach der Schuld - der wirksamste Schutz gerade der schwächsten Verkehrsteilnehmer vor schweren Unfallfolgen. Davon profitieren in erster Linie Fußgänger und Radfahrer, aber auch alle anderen Verkehrsteilnehmer verringern damit ihr Risiko deutlich.
Folgende wissenschaftliche Erkenntnis macht dies deutlich:
Bei einem Zusammenprall mit einem Auto, das 65 km/h fährt sterben acht von zehn Fußgängern, während bei 50 km/h acht von zehn Fußgängern überleben. Das heißt: 15 km/h schneller oder langsamer entscheiden über Leben und Tod.
Der Blitzmarathon wird in den Medien in großem Umfang angekündigt. Über polizeiliche Geschwindigkeitskontrollen wird umfangreich berichtet. Dies hat zur Folge, dass die Verkehrsteilnehmer ihre Geschwindigkeit anpassen. Dies bestätigen die Ergebnisse der bisherigen „Blitz-Marathons" vollumfänglich. Fahren an „normalen" Kontrolltagen 8 % der Verkehrsteilnehmer zu schnell, waren es während der „Blitz-Marathons" nur 3 - 4 %. Während des letzten „24-Stunden-Blitz-Marathons" waren es in NRW durchschnittlich sogar nur 2,9 %. Das zeigt, dass wir mit unseren Bemühungen zur Verringerung des Geschwindigkeitsniveaus viele Menschen erreicht haben.
Daran sehen Sie zudem, dass es uns nicht um die Einnahme von möglichst vielen Bußgeldern geht. Wenn es uns darum ginge, würden wir nur heimliche Kontrollen durchführen. Der größte Erfolg aus polizeilicher Sicht wäre es, wenn niemand mehr „geblitzt" würde, weil sich dann alle an die vorgeschriebenen Geschwindigkeiten gehalten hätten!
Vielmehr ist festzuhalten, dass im vergangenen Jahr 522 Menschen bei Verkehrsunfällen getötet wurden. 33 Prozent dieser Getöteten sind auf eine überhöhte Geschwindigkeit als Ursache für den Verkehrsunfall zurückzuführen. Die Geschwindigkeit bleibt also „Killer Nr. 1“ auf den Straßen in Nordrhein-Westfalen. Trotz alledem konnte in den vergangenen Jahren die Zahl der Verkehrsunfälle, die im Zusammenhang mit der Ursache Geschwindigkeit standen immer weiter reduziert werden. Alleine im Vergleich der Jahre 2013 und 2014 nahm die Anzahl dieser Verkehrsunfälle um 14,7 Prozent ab.
Die öffentliche Diskussion um die „24-Stunden-Blitz-Marathons" hat die Gefahren regelwidrigen Verhaltens landesweit sehr vielen Verkehrsteilnehmern bewusst gemacht und damit einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Verkehrssicherheit geleistet.
Für die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen gibt es zurzeit keine Mehrheit, so dass eine Umsetzung nicht wahrscheinlich erscheint.
Mit freundlichen Grüße
Ralf Jäger