Frage an Ralf Jäger von Rolf S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Bezugnehmend auf den Text bei Focus Online "Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger ist der Meinung, dass sein Bundesland unverhältnismäßig stark beansprucht wird .../... „Nordrhein-Westfalen nimmt mehr Flüchtlinge auf als Frankreich.“ In dieser Woche würden wieder mehr als 5000 Flüchtlinge erwartet, in den letzten Wochen seien über 20.000 Menschen nach NRW gekommen." Quelle: http://alturl.com/jf4j6
Guten Tag Herr Jäger,
erinnern Sie sich noch an ihre Worte bei der Plenarsitzung am 2. Oktober 2014 ? "Eines steht fest: Diese Landesregierung steht für eine Willkommensgesellschaft! Das umfasst ganz ausdrücklich auch diejenigen, die bei uns Schutz suchen! NRW ist ein Land, das diese Menschen willkommen heißt. Quelle: http://alturl.com/q4iz3
Meine Fragen:
warum verwenden Sie das Wort "beansprucht" wo doch die traumatisierten Flüchtlinge Anno 2014 noch willkommen geheißen wurden? "Wir können auf kein einziges Talent verzichten." meinte die Kanzlerin Quelle: http://www.welt.de/politik/article1271309/Merkel-fordert-bessere-Chancen-fuer-Auslaender.html darum sollte man glücklich sein über jeden Flüchtling der nach NRW kommt. Stichwort: Fachkräftemangel, neue Rentenzahler, abfedern des Demographischer Wandel etc.
Was kann dagegen unternommen werden, dass Flüchtlinge zum teil lieber nach Schweden ziehen als nach NRW? Quelle: http://www.handelsblatt.com/politik/international/fluechtlinge-schweden/10749422-7.html
Wäre das schalten von Werbung und Wurfzettel in den jeweiligen Transitländern eine Möglichkeit die Flüchtlingsströmungen nach NRW zu lenken? Den schließlich haben wir in Deutschland Platz, wie der Bundespräsident im Februar in Indien verkündete Quelle: http://www.welt.de/politik/ausland/article124661961/Gauck-lockt-Inder-Wir-haben-Platz-in-Deutschland.html Ich kann mir gut vorstellen das er da NRW auch meinte.
Sehr geehrter Herr Schneider,
weltweit sind immer mehr Menschen auf der Flucht. Die vielen Krisenherde in der Welt zwingen immer mehr Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ihr Hab und Gut für eine meist lebensgefährliche Flucht aufzuwenden. Das führt auch in NRW zu stark angestiegenen Flüchtlingszahlen. NRW nimmt derzeit mehr Flüchtlinge auf als Frankreich. Allein in NRW haben bis Ende Juli etwa 90.000 Menschen Zuflucht gesucht. Zum Vergleich: im Jahr 2008 waren es in ganz Deutschland 28.000 Menschen. Die derzeitige Entwicklung hat eine Dynamik erreicht, die uns täglich, stündlich zum Reagieren zwingt. Unser Ziel ist es dabei, den Menschen am Abend ein Dach über dem Kopf und eine warme Mahlzeit zu geben.
Wir haben wegen der wirtschaftlichen Stärke unseres Landes und auch wegen unserer Geschichte eine besondere Verantwortung gegenüber Menschen, die ihr Land verlassen. Es ist aber vielmehr auch eine menschliche Pflicht, Menschen in Not zu helfen.
Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass viele Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Deutschland kommen, weil sie vor extremer Armut und Perspektivlosigkeit in ihrem Land fliehen. Das kann ich menschlich gut nachvollziehen - wenn ich Familienvater dort wäre, würde ich mir auch überlegen, die Flucht zu wagen. Dennoch werden diese Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Asyl in Deutschland bekommen. Das muss man den Menschen offen und möglichst noch in ihrer Heimat sagen, damit sie nicht skrupellosen Schlepperbanden all ihr Hab und Gut vermachen für eine Flucht ohne Aussicht auf Asyl.
Für diese Menschen ist das Asylrecht nicht der richtige Ansatz für ein besseres Leben in Deutschland. Deutschland braucht wegen der demografischen Entwicklung aber Nachwuchskräfte, die unsere heimische Wirtschaft durch ihre Arbeitskraft unterstützen. Deswegen ist es richtig, dass derzeit über ein Einwanderungsgesetz diskutiert wird, was den Menschen einen anderen, legalen Weg eröffnet nach Deutschland zukommen, ohne auf ein Ausweichen auf das Asylrecht gezwungen zu werden.
Der weit überwiegende Teil der Menschen in Deutschland und NRW beweist derzeit, dass man Mitgefühl für Flüchtlinge und ihr Schicksal hat. In den Terminen, die ich wahrnehme, und durch Berichte erfahre ich, wie viel Solidarität, schnelle freiwillige Hilfe und unbürokratische Unterstützung Bürger in NRW leisten. Die ehrenamtlich Aktiven der Hilfs- und Betreuungsorganisationen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Städten und Gemeinden sowie in den Bezirksregierungen leisten hier Großes. Das ist bemerkens- und anerkennenswert.
Die aktuelle Situation ist für NRW eine große Herausforderung, die uns alle fordert aber nicht überfordert.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Jäger