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Frage von Ebbo H. •

Frage an Ralf Jäger von Ebbo H. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Jäger,

mit Verwunderung habe ich heute in der WAZ Ihre Stellungnahme zur veröffentlichen Unfallstatistik gelesen. Nach jahrelanger Abnahme der Verkehrstoten sind die Zahlen hier im Jahr 2014 wieder gestiegen. Sehen Sie hier einen Zusammenhang zu Ihren zwar publikumswirksamen, aber jetzt doch in der von Ihnen propagierten Wirkung offensichtlich fehlgeschlagenen "Blitzeraktionen"? Sie wollen bei Unfällen mit Personenschaden Handys der Fahrer sicherstellen und ihnen dann ein Mitverschulden bei ausgeführter Kommunikation unterstellen. Zig Tausende von Autofahrern telefonieren rechtlich einwandfrei mit ihren Handys z.B. über eine Freisprecheinrichtung. Wird diese Art der Kommunikation jetzt von Ihnen als gesetzeswidrig eingestuft?

E. Hahlweg

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Sehr geehrter Herr Hahlweg,

für Ihre Anfrage vom 10.02.2015 danke ich Ihnen.
Die Polizei sieht mit großer Sorge, dass Autofahrer sich zunehmend ablenken lassen. Eine immer größere Rolle spielen dabei die Smartphones. Wer bei Tempo 50 den Blick für zwei Sekunden von der Straße abwendet, um z.B. aufs Display zu schauen, fährt fast 30 Meter im Blindflug. Die Polizei wird deshalb noch intensiver gegen die riskante Ablenkung durch Smartphones vorgehen. Dabei gehen wir systematisch vor: Zum einen werden wir intensiv aufklären, intensiver kontrollieren und dann entsprechend sanktionieren.
Bezüglich der durch Sie vorgetragenen rechtlichen Bedenken ist Fol-gendes zu sagen. Im Zusammenhang mit schweren Verkehrsunfällen erfolgt die Sicherstellung von Mobiltelefonen, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass diese verbotswidrig genutzt wurden; es geht also nicht um die zulässige Nutzung zum Beispiel mit einer Freisprechanlage.

Zum Nachweis, dass zum Tatzeitpunkt telefoniert wurde, ist der Zugriff auf die im Gerät gespeicherten Verbindungsdaten erforderlich.

Mit seinem Urteil vom 02.03.2006 -2 BvR 2099/04- hat das BVerfG klargestellt, dass zum Zwecke der wirksamen Strafverfolgung der Zugriff auf die im Herrschaftsbereich des Betroffenen gespeicherten Verbindungsdaten auf der Grundlage der §§ 94 ff und §§ 102 ff StPO nicht nur geeignet und erforderlich, sondern auch angemessen ist.

Insbesondere fordern die besondere Schutzwürdigkeit der Verbindungsdaten und das darauf bezogene Ergänzungsverhältnis zu Art. 10 GG nicht ein Schutzniveau, das einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nur bei der Verfolgung von sogenannten Straftaten von erheblicher Bedeutung zuließe.

In der Folge dieser Entscheidung wurde 2008 der neue Absatz 3 in § 100g StPO eingefügt, der vorsieht, dass soweit die Erhebung von Verkehrsdaten nicht beim Telekommunikationsanbieter erfolgt, sie nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs nach den allgemeinen Vorschriften erfolgt. Zu der konsequenten Verfolgung rechtswidriger Handynutzung zählt auch die Beweissicherung. Das heißt konkret: Wenn bei einem schweren Unfall der Verdacht besteht, dass der Fahrer durch das Mobiltelefon abgelenkt war, wird die NRW-Polizei künftig das Gerät sicherstellen und auf Anordnung der Staatsanwaltschaft auswerten, ob eine Kommunikationsverbindung zum Unfallzeitpunkt bestand. Der Inhalt der Verbindung ist dabei nicht Gegenstand der Auswertung.

Außerdem brauchen wir klarere rechtliche Vorschriften, die der aktuellen technischen Entwicklung gerecht werden und das Nutzen von Mobiltelefonen im Straßenverkehr eindeutig einschränken. Wir unterstützen daher ausdrücklich die Forderung des 53. Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar die Straßenverkehrsordnung entsprechend anzupassen.

Die Polizei ist auf dem Feld der Verkehrssicherheit jedoch nur einer von vielen Akteuren. Das Thema Verkehrssicherheit ist ein gesamtgesellschaftliches Thema, bei dem jeder seinen Beitrag leisten kann und auch muss.

Sie können sich darauf verlassen, dass sich die Polizei NRW sehr professionell, differenziert und ganzheitlich der Verkehrsunfallbekämpfung widmet. In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihr Interesse, wünsche Ihnen stets eine gute und sichere Fahrt und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen
Ralf Jäger