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Frage von Hartmut G. M. •

Frage an Ralf Jäger von Hartmut G. M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Minister Jäger,

in der BILD auf Seite 8 steht heute, dass Herr Ronald Schill sein erstes Koks von einem Mörder kaufte. Des Weiteren berichtet er über sexuelle Abenteuer und die Einnahmen von Drogen in Justizgebäuden. Wie ist sowas möglich?

Wie kann es sein, dass z.B. eine arme, alte, obdachlose Frau wegen schwarz fahren in das Gefängnis kommt, aber der reiche Herr Ecclestone nicht?
Ist es ihrer Meinung nach fair, dass man z.B. mit Schwarzfahrern so hart umgeht, wie in diesen Links beschrieben:

http://www.fr-online.de/politik/16-jaehriger-schwarzfahrer-muss-fast-drei-jahre-in-haft,26577298,21587816.html

http://www.derwesten.de/region/oma-gertrud-ist-tot-verfahren-gegen-schwarzfahrerin-beendet-id9595005.html

Selbst seriöse Medien wie der Deutschlandfunk schreiben zum Ecclestone-Urteil: Der Rechtsstaat wird zur Ramschware:

http://www.deutschlandfunk.de/ecclestone-prozess-der-rechtsstaat-wird-zur-ramschware.858.de.html?dram:article_id=294146

Ist es in Ihrer Meinung nach in Ordnung, wenn man die Großen laufen lässt, die Kleinen aber "hängt" ( nicht im wortwörtlichen sondern im sprichwörtlichen Sinne)? Sind Menschen mit wenig Geld nicht benachteiligt, wenn sie z.B. keine gute Sozialprognose ausgestellt bekommen, weil sie z.B. keine Arbeit haben? Und so m.W. seltener Bewährungen bzw. Freigang erhalten oder weil sie ihre Geldstrafe nicht bezahlen können und so eine Ersatzfreiheitsstrafe bekommen?

In Skandinavien und im deutschen Bundesland Schleswig-Holstein, ist die Gefangenenquote laut Dünkel niedriger als in Ihrem Bundesland:

http://www.rsf.uni-greifswald.de/fileadmin/mediapool/lehrstuehle/duenkel/Duenkel_Geng_Morgenstern_Stvollz_in_D.pdf

Was tun Sie, um das zu ändern? Wäre es nicht an der Zeit, bei kleinen Delikten und bei Ersatzfreiheitsstrafen Gnade walten zu lasse bzw. alternativ zu bestrafen? Dann müsste man auch nicht so viele Gefängnisse unterhalten bzw. sogar neu bauen.

Mit freundlichen Grüßen

Hartmut G. Mayer

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Mayer,

zunächst möchte ich um Nachsicht bitten, dass die Antwort sich verzögert hat.

Zu Ihrer Anfrage möchte ich auf Folgendes hinweisen: Bei dem Vergehen der Leistungserschleichung handelt es sich nach § 265 a Absatz 1 des Strafgesetzbuches um einen Straftatbestand, für welchen eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vorgesehen ist. Innerhalb dieses Strafrahmens obliegt es dem zur Entscheidung berufenen Gericht im Rahmen der richterlichen Unabhängigkeit nach Artikel 97 des Grundgesetzes, eine tat- und schuldangemessene Strafe auszusprechen. Wird eine verhängte Geldstrafe nicht (vollständig) bezahlt, ist grundsätzlich eine Ersatzfreiheitsstrafe zu verbüßen.

Zur Vermeidung solcher Kurzzeitinhaftierungen schöpft die Justiz in Nordrhein-Westfalen jedoch alle Möglichkeiten zur Vollstreckung der Geldstrafe aus, etwa durch Stundung oder Einräumung der Möglichkeit einer Ratenzahlung. Die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe kann zudem durch die alternative Ableistung freier Arbeit im Wege der Einbindung des ambulanten Sozialen Dienstes und freier Träger abgewendet werden ("Schwitzen statt Sitzen").

Mit Erlass vom 19. November 2012 hat das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen die landesweite Umsetzung von Maßnahmen zur verbesserten Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen durch freie Arbeit und den verstärkten Einsatz des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz durch sozialarbeiterische Unterstützung der Verurteilten veranlasst. Zudem werden durch das Förderprogramm "Projekte Gemeinnütziger Arbeit" des Justizministeriums derzeit zehn Fachstellen freier Träger zur Vermittlung in gemeinnützige Arbeit finanziell unterstützt.

In den Jahren 2012 und 2013 konnten so jeweils rund 204.000 Hafttage landesweit durch Vermittlung gemeinnütziger Arbeit vermieden werden.

Mit freundlichen Grüßen
gez. Ralf Jäger