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Frage von Johannes L. •

Frage an Ralf Jäger von Johannes L. bezüglich Staat und Verwaltung

Hallo Herr Jäger,

am 11.06. hörte ich von diversen Quellen (z.B. WDR.de), dass Sie einer zu Hochwasser-Hilfe eilenden Feuerwehr aus Erwitte den Einsatz in der Partnerstadt Aken (Elbe) explizit verboten haben. Leider habe ich nirgends eine tatsächliche Begründung für dieses erstmal völlig unverständliche Verbot gelesen.

Die Planungen der Feuerwehr in Erwitte hätten laut Artikel auf lückenlose Notversorgung in Erwitte selber Rücksicht genommen.

( http://www1.wdr.de/themen/panorama/hochwasserhelfer104.html )

Könnten Sie diesbzgl. bitte Stellung beziehen?

Vielen Dank.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Lotz,

vielen Dank für Ihre Frage, Minister Jäger hat mich gebeten Ihnen zu antworten.

Bei den Hochwassern Anfang Juni in Süd- und Ostdeutschland zeichnete sich bereits nach wenigen Tagen eine Zuspitzung der Lage zu einer nicht dagewesenen Gefahrensituation mit mehreren betroffenen Bundesländern ab. Angesichts der Größe des Ereignisses war schon frühzeitig klar, dass zusätzlich zur Anwendung der Landeskonzepte eine zentrale Koordination der Hilfeleistung erforderlich sein würde. Das Ministerium für Inneres und Kommunales hat daher am 05. Juni 2013 gegenüber den Bezirksregierungen klargestellt, dass Hilfeleistungen aufgrund der Landeskonzepte der überörtlichen Hilfe über das Ministerium für Inneres und Kommunales zu koordinieren sind und Einzelaufträge von diesem gebilligt werden müssten. Diese Weisung ist schriftlich oder mündlich in alle Kreise bekannt gemacht worden. Die kreisangehörigen Gemeinden waren von den Kreisen zu unterrichten. Die Entscheidung alle Hilfeleistungen zentral zu koordinieren, ist auf große Zustimmung sowohl des Deutschen Feuerwehr-Verbandes, des Verbandes der Feuerwehren NRW und der anerkannten Hilfsorganisationen gestoßen, wie sich den öffentlichen Verlautbarungen entnehmen lässt.
Auf Hilfeersuchen der betroffenen Länder hat das Ministerium für Inneres und Kommunales umgehend Hilfeleistungen angeboten. Dabei war eine jederzeitige Erreichbarkeit auch in den Nachtstunden gewährleistet, so dass eine kontinuierliche Bewertung der Lage und eine schnelle Reaktion auf Hilfeersuchen sichergestellt waren. Zudem waren die für einen möglichen Einsatz in den Hochwassergebieten planerisch vorgesehenen Einsatzkräfte vorinformiert. Sie konnten sich daher frühzeitig auf einen Einsatz vorbereiten. Anders als noch bei der Flutkatastrophe 2002 konnte Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr dank der Konzepte der überörtlichen Hilfe und der zentralen Koordinierung schnell und gezielt an den Stellen und Orten in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt Hilfe leisten, zu denen diese angefordert und somit auch dringend gebraucht wurde. Die zentrale Steuerung, die es 2002 noch nicht gegeben hatte, hat effizient und gut funktioniert. Der Einsatz der Hilfskräfte des Feuer- und Katastrophenschutzes aus Nordrhein-Westfalen ist reibungslos und zur Zufriedenheit der Hilfeempfänger verlaufen. Das ist nicht zuletzt dem Einsatz der zahlreichen Helferinnen und Helfer aus Nordrhein-Westfalen zu verdanken. Dies schließt auch diejenigen ein, die sich auf eine Hilfeleistung vorbereitet haben und letztlich nicht zum Einsatz gekommen sind.

Einen Tag nachdem das Ministerium für Inneres und Kommunales am Mittwoch, 05. Juni 2013 gegenüber den Bezirksregierungen das Erfordernis zur Koordinierung der Hilfe auf der Grundlage der Landeskonzepte der überörtlichen Hilfe bekräftigt hatte, erfolgte am Donnerstag, 06. Juni 2013 ein Hilfeleistungsersuchen aus Niedersachsen.
Die Bezirksabteilung Arnsberg hatte sich bereits infolge eines Hilfeleistungsersuchens des Landes Sachsen vom 02. Juni auf den Einsatz vorbereitet. Das Angebot wurde von Sachsen nicht angenommen. Daraufhin wurde entschieden, die fünf Bereitschaften der Feuerwehr-Bezirksabteilung Arnsberg für einen Einsatz im Landkreis Lüchow-Dannenberg vorzuplanen. Dauer und Umfang des Einsatzes waren wegen der dramatischen Hochwasserlage weder zu diesem Zeitpunkt noch in den Tagen danach absehbar. Die beiden Feuerwehr-Bereitschaften aus der Stadt Dortmund und dem Ennepe-Ruhr-Kreis sowie aus dem Kreis Soest, dem Kreis Unna und der Stadt Hamm befanden sich seit dem 07. Juni in Niedersachsen im Einsatz. Die drei übrigen Bereitschaften waren voralarmiert. Für einen solchen Einsatz der Feuerwehr-Bereitschaften ist eine Einbindung aller Städte und Gemeinden aus den beteiligten Kreisen erforderlich. Dies gilt auch dann, wenn sie wie die Stadt Erwitte nicht unmittelbar in die vorgeplante überörtliche Hilfe eingebunden sind.
Die Feuerwehr Erwitte war nicht frei von Hilfspflichten. Zum einen war am 08. und am 09. Juni 2013 noch nicht absehbar, ob nicht zusätzlich zu den drei bereits zugesicherten Bereitschaften weitere Einsatzkräfte für Hilfeleistungen in den Hochwassergebieten benötigt werden würden, so dass zu einem späteren Zeitpunkt auch noch Einsatzkräfte der Feuerwehr Erwitte in den Schadensgebieten zum Einsatz hätten kommen müssen. Zum anderen war auch der überörtlichen Hilfe im Bezirk Amsberg Rechnung zu tragen. Dies vor allem deshalb, da Einsatzkräfte aus den Feuerwehren der Nachbargemeinden nach Niedersachsen entsandt wurden. Auch während einer Hilfeleistung in anderen Bundesländern ist es erforderlich, dass in Nordrhein-Westfalen ausreichend eigene Kräfte des Feuer- und Katastrophenschutzes für die Bekämpfung eines jederzeit möglichen größeren Schadensereignisses zur Verfügung zu stehen. So hätte die Unwetterlage, die sich nur eine Woche später in Nordrhein-Westfalen ereignete, auch während der Zeit des Hochwassereinsatzes eintreten können. Bei diesem Unwetter mit Schwerpunkt in den Städten Bonn, Bielefeld und Dortmund sowie den Kreisen Recklinghausen, Rhein-Sieg und Steinfurt ist es zu landesweit ca. 6.200 Einsätzen gekommen, an denen mehr als 7.000 Einsatzkräfte beteiligt waren.

Die vorliegenden Berichte der beteiligten Behörden zeigen allerdings, dass die Stadt Erwitte keine Kenntnis von ihrer Einbindung in die Gesamtkoordination hatte. Die Abläufe des Abends machen deutlich, dass die Kommunikation und die Koordination zwischen dem Kreis Soest und der Stadt Erwitte nicht so erfolgt ist, wie dies für eine sachgerechte Einbindung und Bewertung des Amtshilfeersuchens in die Gesamtkoordinierung erforderlich und wünschenswert gewesen wäre. So wurde die von der Bezirksregierung Arnsberg an den Kreis übermittelte Weisung des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 05. Juni 2013 zur zentralen Koordinierung durch den Kreis Soest nicht an die Gemeinde Erwitte weitergeleitet. Zudem hat die Bezirksregierung Amsberg selbst erst am Samstag, 08. Juni 2013, gegen 23:30 Uhr durch eine Meldung der Gemeinde Erwitte von ihrer Absicht nach Aken aufzubrechen erfahren.
Der beauftragte Vertreter der Bezirksregierung Arnsberg traf deshalb auf Feuerwehrangehörige, denen weder die Vorgabe zur zentral koordinierten Hilfe noch ihre Einbindung in die überörtliche Hilfe bekannt war. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich und nachvollziehbar, dass die zur Hilfe bereiten Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr Erwitte die von der Bezirksregierung Arnsberg getroffene Entscheidung nicht verstehen konnten.

Die strukturierte und koordinierte Hilfeleistung hat dazu geführt, dass Nordrhein-Westfalen schnell und gezielt Hilfe leisten konnte. Die Landeskonzepte haben sich bewährt. Die Ereignisse in Erwitte haben aber auch deutlich gemacht, dass die Einbindung der Gemeinden in die Gesamtkoordinierung nicht überall gelungen ist. Auch die Frage welche Aufgabe und Verantwortung den Kreisen bei der Koordination der Beteiligten im Brand- und Katastrophenschutz zukommt, wird Gegenstand der Nachbereitung sein. Das Ministerium für Inneres und Kommunales wird hierauf bei der ständigen Fortentwicklung der Konzepte und bei der Ausbildung von Einsatz- und Führungskräften ein besonderes Augenmerk legen. Dies gilt in besonderem Maße für die Führung von im Voralarm befindlichen Einsatzkräften.
Ebenso wichtig ist es, den Feuerwehrleuten ihre Rolle und Funktion in dem System der solidarischen überörtlichen Hilfe zu verdeutlichen. Die Bezirksregierung Arnsberg, der Kreis Soest und die Stadt Erwitte haben diese Frage in einem konstruktiven Gespräch am 26. Juni 2013 nachbereitet. Die Notwendigkeit einer zentralen Koordinierung wurde von allen Beteiligten bejaht und die Wege einer frühzeitigen Einbindung und Kommunikation für die Zukunft vereinbart. Die Stadt Erwitte, der Kreis Soest und die Bezirksregierung Arnsberg haben übereinstimmend erklärt, dass das vertrauensvolle Gespräch eine gute Analyse mit Verbesserungsvorschlägen für die Zukunft erbracht hat.

i.A.
Christiane Kramer
Landtagsbüro: Ralf Jäger