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Frage von Stephan L. •

Frage an Ralf Jäger von Stephan L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Jäger,

seit einiger Zeit wird in der Öffentlichkeit ein Verbot der NPD diskutiert. Dabei sind Sie einer der aktivsten Politiker, der sich für ein Verbot der NPD ausspricht.

Meine Frage hierzu: Muss nicht eine gesunde Demokratie auch lernen, mit Extremisten auszukommen, vorausgesetzt diese Extremisten nehmen nicht überhand in der Gesellschaft?

Laut der Internetseite "die Welt" http://www.welt.de/politik/deutschland/article112688153/Gewaltbereite-Salafisten-Szene-gewinnt-an-Zulauf.html sind die Salafisten alleine hier in NRW die extremistische Kraft, die mit Abstand am meisten Zulauf gewinnen. Wäre hier nicht dringender ein Verbot angebracht?

Wie weit liegen Ihnen Erkenntnisse der Partei MDU (Muslimisch demokratische Union), die laut dem Niedersächsichen Verfassungsschutz verfassungsfeindliche Bestrebungen hat
http://www.ndr.de/regional/niedersachsen/mdu101.html .

Über eine ausführliche Antwort von Ihnen würde ich mich sehr freuen und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Luckaßen

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Sehr geehrter Herr Luckaßen,

haben Sie Dank für Ihr Interesse am NPD-Verbot und an den Erkenntnissen zur Muslimisch Demokratischen Union (MDU).

Grundsätzlich ist es richtig, dass man sich in einem demokratischen Rechtsstaat auch mit radikalen Ansichten bis hin zu extremistischem Gedankengut auseinandersetzen muss. Eine starke Demokratie ist hierzu auch fähig. Genauso bin ich aber fest davon überzeigt, dass die wehrhafte Demokratie nicht abwarten darf, bis ein Punkt erreicht ist, an dem die Demokratie extrem gefährdet ist.
All unsere sehr guten Argumente, mit denen wir uns auf intellektueller Ebene mit braunen Gedankengut auseinandersetzen und auch durchzusetzen können, helfen aber unseren ausländischen Mitbürgern wenig. Diejenigen, die in Dessau oder Schwerin auf offener Straße diskriminiert, schikaniert oder geschlagen werden. Ihnen helfen keine Argumente. Und – um Ihren Vorschlag aufzugreifen – mit solchen Extremisten muss die Gesellschaft auch nicht lernen auszukommen.

Mit einem Verbot würde innerhalb und außerhalb Deutschlands das wichtige politische Signal ausgesandt, dass als Lehre aus der deutschen Geschichte die Fortexistenz von Parteien mit einer pro-nationalsozialistischen Ausrichtung nicht geduldet wird. Der Zivilgesellschaft, der wir stets Engagement abfordern, hat der Staat dann auch vermittelt, dass er Flagge zeigt. Wenn der Staat seine rechtlichen Mittel nutzt, dann macht das vielen Mut, ihrerseits weiter gegen Extremisten vor Ort einzustehen.

Der NPD wird die Möglichkeit genommen, weiter verfassungsfeindlich zu agieren. Durch ein Verbot käme es zur Auflösung der aktuell bedeutsamsten Wahlpartei, zur Verhinderung einschlägiger öffentlicher Propaganda und zur Zerschlagung einer der wichtigsten Organisationsstrukturen im Rechtsextremismus. Das wird zu einer Schwächung des gesamten rechtsextremistischen Lagers führen.
Nicht zuletzt wegen der enormen Finanzmittel sollten die Bundesorgane ein NPD-Verbotsverfahren einleiten.
Aus diesen nur beispielhaften und nicht in Gänze dargestellten Gründen werde ich mich weiterhin für ein Verbot der NPD einsetzen.

Zur Muslimisch Demokratischen Union (MDU) gilt es Folgendes festzustellen: Die MDU wurde 2010 in Osnabrück gegründet und trat 2011 zu den dortigen Kommunalwahlen an. Bei der Landtagswahl 2013 in Niedersachsen trat sie mit zwei Direktkandidaten an. Am 01. Juli 2012 gründete sich der Landesverband NRW der MDU. Die MDU bezeichnet sich als eine unabhängige Partei, die nicht unter dem Einfluss einer bestimmten religiösen Richtung stehe. Nach ihren Angaben mache sie Politik für alle Menschen, ob sie Muslime oder Nichtmuslime seien.
Die in NRW für die Partei handelnden Personen (u.a. Konvertiten) sind bislang nicht in anderen extremistischen Zusammenhängen in Erscheinung getreten. Die Tatsache, dass sich die MDU auf ihrer Homepage (www.mdu-nrw.de) auf die Aussage "Integration ist das Konzept der Vergangenheit, das Konzept der Zukunft, heißt Mitwirkung" des Tariq Ramadan, einem Enkel des Gründers der ägyptischen Muslimbruderschaft bezieht, ändert an dieser Einschätzung nichts. Die Organisation wird im Verfassungsschutzbericht NRW nicht erwähnt.

Für Ihr Interesse und Ihren Einsatz für die Demokratie möchte ich mich bedanken

Mit freundlichen Grüßen
gez. Ralf Jäger