Frage an Ralf Jäger von Thorsten G. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Jäger,
laut einer Statistik der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZiS) kam es im vergangenen Jahr zu 7.298 Verhaftungen, 8.143 Strafverfahren und 1.142 verletzten Personen im Bereich/Umfeld von Bundesligaspielen.
Ich zitiere aus einem Artikel von "Spiegel Online" vom 21.11.2012:
"Ob die Messinstrumente der Informationsstelle aber die geforderten empirischen Standards erfüllen, um eine aussagekräftige Statistik ableiten zu können? So führt zum Beispiel der erhebliche Anstieg von Polizeieinsätzen in der vergangenen Saison unweigerlich zu einer höheren Verbrechensaufklärung. Auch der gestiegene Zuschauerdurchschnitt zieht ein größeres Verletzungsrisiko nach sich.
[...]
Doch bricht man die Ergebnisse auf relativierte Prozentzahlen herunter, ist ihnen die Schärfe schnell genommen: Der Teil der vorläufig fest- oder in Gewahrsam genommenen Fans liegt bei 0,039 Prozent und ist damit im Vergleich zum Vorjahr (0,035 Prozent) trotz des gleichzeitig gestiegenen Zuschauerdurchschnitts nur geringfügig höher. Ähnliches gilt für die Zahl der eingeleiteten Strafverfahren (von 0,031 auf 0,043 Prozent) und der Verletzten: Pro Spieltag gab es durchschnittlich weniger als 1,6 Verletzte. Wodurch oder von wem sie verletzt wurden, lässt die ZiS allerdings offen. Es ist nicht auszuschließen, dass viele (darunter auch 393 von der ZiS als "Unbeteiligte" klassifiziert) Opfer von polizeilich eingesetztem Pfefferspray wurden."
1. Wie stehen sie zu den Zahlen der ZiS?
2. Setzen sie weiterhin darauf den Dialog über Stadionsicherheit auch mit den Fans zu führen?
Mit freundlichen Grüßen,
Thorsten Gabb
Sehr geehrter Herr Gabb,
vielen Dank für Ihre Frage, Minister Jäger hat mich gebeten Ihnen zu antworten.
"An jedem Spieltag besuchen bundesweit mehrere hunderttausend Zuschauer die Fußballstadien. Bei der großen Mehrheit dieser Zuschauer handelt es sich um friedliche Fans. Sie fühlen sich sicher, insbesondere weil die Spiele in modernen Stadien mit hohen Sicherheitsstandards veranstaltet werden und die Vereine mit ihrem Ordnungsdienst die Stadionordnung durchsetzen und für einen sicheren Ablauf sorgen. Sie fühlen sich aber auch sicher, weil die Polizei in erheblichem Umfang Personal einsetzt, um Gewalt und Sicherheit gefährdendes Verhalten frühzeitig zu unterbinden und Straftäter konsequent zu verfolgen.
Es gibt jedoch auch eine kleine Zahl von Gewalttätern, die den Fußball als Bühne missbrauchen, um Gewalt auszuleben und Straftaten zu begehen. Sie suchen gezielt die Konfrontation mit Gleichgesinnten, der Polizei und den Ordnerdiensten. In der vergangen Saison schätzten die einsatzführenden Polizeibehörden die Anzahl dieser Personen in den Anhängerschaften der Vereine der Bundesliga und 2. Bundesliga auf nahezu 11 400 Personen. Das gewaltbereite Potenzial stieg damit im Vergleich zur Saison 2010/2011 ebenso an, wie die Anzahl der von der Polizei im Zusammenhang mit Fußballspielen registrierten Straftaten und verletzten Personen.
Die erfassten polizeilichen Kennzahlen bewegen sich saisonal schwankend auf einem immer höheren Niveau.
Wer versucht, diese Entwicklungen durch Zahlenspielerei zu verharmlosen, handelt unverantwortlich. Auch der Vergleich mit anderen Großveranstaltungen, wie etwa dem Oktoberfest, wird dem Phänomen der Gewalt im Zusammenhang mit Fußballspielen nicht gerecht. Der Ansatz verkennt insbesondere die Tatsache, dass die Fußballspiele - im Gegensatz zu anderen Großveranstaltungen - von Gewalttätern bewusst als Bühne missbraucht werden, um öffentlichkeitswirksam die Konfrontation zu suchen, Aggressionen auszuleben und Straftaten zu begehen. Betroffen von dieser Gewalt sind immer wieder auch friedliche, unbeteiligte Fußballfans - häufig allein aufgrund ihrer Vereinszugehörigkeit.
Vor diesem Hintergrund muss es Ziel sein, auch weiterhin konsequent gegen Gewalt und Sicherheit gefährdendes Verhalten vorzugehen. Das unter Federführung des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen fortgeschriebene Nationale Konzept Sport und Sicherheit bietet hierzu eine geeignete Grundlage. Mit dem Konzept setzen die Netzwerkpartner auf eine Doppelstrategie: Dialog und Unterstützung der friedlichen Fans auf der einen und konsequentes Vorgehen gegen Straftäter und Sicherheit gefährdendes Verhalten auf der anderen Seite. Die Polizei verfolgt insbesondere in kritischen und dynamischen Einsatzsituationen kommunikationsgeprägte, deeskalierende Strategien um Aggression und Gewalt entgegenzuwirken. Kommt es trotz allem zu Gewalt und Sicherheit gefährdendem Verhalten, trifft sie alle erforderlichen Maßnahmen, um dieses Verhalten konsequent zu unterbinden und zu verfolgen. Zwangsmittel, wie etwa der Einsatz von Reizstoffsprühgeräten, kommen nur dann zur Anwendung, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr erforderlich ist und mildere Maßnahmen keinen Erfolg versprechen.
Ausführliche Informationen zum Nationalen Konzept Sport und Sicherheit sind im Internet unter http://www.mik.nrw.de/themen-aufgaben/schutz-sicherheit/sport-und-sicherheit.html abrufbar."
i.A.
Christiane Kramer
Landtagsbüro: Ralf Jäger