Frage an Ralf Jäger von Thomas B. bezüglich Innere Sicherheit
Guten Tag Herr Jäger,
ich habe in einem Boulevard-Blatt gelesen, dass Sie sich öffentlich in der Weise äußerten, dass Sie keine Waffen in den Händen von Neonazis haben wollen und dass derjenige, der sich aktiv gegen die Verfassung stellt, keine Schusswaffen legal besitzen dürfe.
Als Jäger, Sportschütze und Wiederlader, der legal Waffen, Munition und Sprengstoff besitzen darf, würde ich gerne von Ihnen folgende Frage beantwortet haben:
Wie könnte aus Ihrer Sicht ein solches Gesetz ganz konkret ausschauen, ohne bestimmte Grundrechte wie zum Beispiel das Grundrecht der freien Meinungsäußerung einzuschränken bzw. sogar zu verletzen? Anders gefragt, wie ist letztendlich ein Neonazi definiert bzw. derjenige, der sich aktiv gegen die Verfassung stellt und soll im Vorfeld der Teilnahme an z. B. der Jägerprüfung bzw. der Anmeldung zur Mitgliedschaft in einem Schießsportverein eine Art staatlicher Gesinnungstest durchgeführt werden?
Mit freundlichen Grüßen,
Thomas Bittner
Sehr geehrter Herr Bittner,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, gern erläutere ich Ihnen die Hintergründe der durch Sie zitierten öffentlichen Äußerungen von Herrn Minister Jäger. Diese beziehen sich auf die vorhandenen Möglichkeiten, die gültige Gesetzeslage konsequent umzusetzen.
Für eine Erlaubnis zum Besitz und Führen von Waffen nennt das Waffengesetz (WaffG) als wesentliche Voraussetzung die erforderliche Zuverlässigkeit.
Diese wird in § 5 Abs. 2 WaffG noch genauer definiert und bezeichnet u. a. solche Personen regelmäßig als unzuverlässig, die zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind. Ausnahmen davon sind grundsätzlich zugelassen, müssen aber intensiv geprüft werden. Liegt sogar eine rechtskräftige Verurteilung wegen eines Verbrechens oder einer sonstigen vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr vor, besitzt die Person gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG die erforderliche Zuverlässigkeit ausnahmslos nicht. Personen des rechten Spektrums, die in diesem Umfang straffällig geworden sind, kommen bereits aufgrund dieser Regelungen für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis grundsätzlich nicht in Frage.
Jedoch lässt die derzeitige Rechtslage auch für Personen, bei denen keine rechtskräftige Verurteilung vorliegt, die Ablehnung der Zuverlässigkeit und damit die Versagung oder den Widerruf einer Erlaubnis zu: Personen, die innerhalb der letzten zehn Jahre Mitglied in einem nach dem Vereinsgesetz als Organisation verbotenen Verein oder einer durch das Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuften Partei waren, besitzen die Zuverlässigkeit regelmäßig nicht.
Das gleiche gilt gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 für Personen, die einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sind. Nach Nummer 5.4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV) sind dafür konkrete Aktivitäten mit entsprechender Zielrichtung erforderlich, also aktives, ziel- und zweckgerichtetes, nicht notwendigerweise aggressiv-kämpferisches Vorgehen in oder außerhalb einer Vereinigung.
Solche Aktivitäten könnten z. B. durch die Betätigung in einer oder für eine rechtsextremistische Vereinigung, Beleidigungen mit fremdenfeindlichem Bezug oder die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Hakenkreuze u. ä.) erkennbar werden.
Diese Vorschrift gilt auch, wenn ein Strafverfahren gemäß §§ 153, 153a der Strafprozessordnung (StPO) wegen geringer Schuld oder gegen Auflagen eingestellt worden oder noch nicht abgeschlossen ist.
Waffenbehörden haben gemäß § 4 Abs. 3 WaffG die Inhaber von waffenrechtlichen Erlaubnissen in regelmäßigen Abständen erneut auf ihre Zuverlässigkeit und ihre persönliche Eignung zu prüfen. Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden über mögliche Ausschließungsgründe lassen eine anlassbezogene Prüfung, wie sie bei Personen, die sich im rechten Spektrum bewegen, derzeit durchgeführt wird, ausdrücklich zu.
Durch diese Überprüfungen wird unterbunden, dass jemand, der sich aktiv gegen unsere Verfassung stellt, legal eine Schusswaffe besitzen darf.
Dies ist eine wesentliche Maßnahme im Kampf gegen den Rechtsextremismus.
Rechte von Bürgerinnen und Bürgern, die nach Definition des derzeitigen Waffengesetzes über die Zuverlässigkeit und die weiteren Voraussetzungen verfügen, werden in keiner Weise tangiert.
Ich hoffe, dass ich Missverständnisse ausräumen und Ihre Befürchtungen zerstreuen konnte.
i.A.
Christiane Kramer
Landtagsbüro: Ralf Jäger
MdL | Minister | SPD