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Frage von Alexander B. •

Frage an Ralf Jäger von Alexander B. bezüglich Recht

In einem Artikel auf "heise.de" ( http://www.heise.de/newsticker/meldung/SPD-Innenminister-fuer-Vorratsdatenspeicherung-1264024.html )

wird berichtet das die SPD - Innenminister offensichtlich für die Wiedereinführung einer 6 monatigen Verkehrsdatenvollerfassung sind. Sie Herr Jäger werden dort namentlich genannt und mit den Worten zitiert das NRW beabsichtigt einen "Kompromissvorschlag" einzubringen mit dem Inhalt:

(Zitat aus dem o.g Artikel)
[...]Danach sollen die Verbindungsdaten aus Telekommunikation und Internet für sechs Monate gespeichert werden, aber nur bei besonders schweren Verbrechen von den Sicherheitsbehörden genutzt werden können. [...]

Die Frage die ich mir hier nun stelle ist wie es angeht das die NRW Landesregierung offenbar den ursprünglichen Rechtsrahmen, der immerhin als Kriterium für die Verfassungsmäßigkeit des ersten VDS Gesetzes galt, als "Kompromiss" zu verkaufen nachdem Vorratsdaten weitgehend losgelöst der ursprünglichen Vorgaben ("Terrorismus und Schwerstkriminalität") mißbraucht wurden?

Ist es ihrer Ansicht nach tatsächlich so das die einschlägige Rechtsprechung des BVerfG die die Nutzung der VDS Daten auf Teror und Gefahrenabwehr beschränkte für sie lediglich einen "Kompromiss" darstellt, statt eine verfassungsrechtliche Barriere die es (gemäß des BVerfG) nicht zu überschreiten gilt?

Wie stehen sie dazu das der Umgang der deutschen Behörden mit den VDS Daten die schon von Anbeginn gehegte Befürchtung bestätigt hat das, wenn diese Daten ersteinmal existieren, von den Verantwortlichen immer neue Anwendungsfelder angestrebt werden, die anfänglichen Zusicherungen betreffs Eingrenzung der Anwendung also keinen Schuß Pulver wert sind?

mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Bach,

für Ihre Frage vom 21.06.2011 danke ich Ihnen und möchte Ihnen gerne meine Position näher erläutern.

Der von Ihnen zitierte Auszug gibt meine Position nicht richtig wieder. In der Tat liegt in der Aufbewahrungsfrist von sechs Monaten keine Abweichung von der Ursprungsregelung. Dieser Zeitraum wird von der auch weiterhin gültigen und europarechtlich auch von der Bundesrepublik Deutschland verpflichtend umzusetzenden Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung aus dem Jahr 2006 ohne Abweichungsmöglichkeit verbindlich vorgegeben. Der von mir unterbreitete Kompromissvorschlag in Form eines Eckpunktepapiers bezog sich vielmehr auf die möglichst grundrechtsschonende Nutzung der bestehenden europarechtlichen Spielräume, unter anderem bei der Festlegung des Verwendungszwecks, der Definition der technischen Datensicherheit und der rechtsstaatlichen Überprüfung der Verwendung. So überlässt die EU-Richtlinie zum Beispiel die Definition der „schweren Straftaten“ den Mitgliedstaaten. Die von einigen Amtskollegen geforderte Aufnahme einer Vielzahl von Straftaten halte ich für unverhältnismäßig, weshalb das Eckpunktepapier einen enger begrenzten Straftatenkatalog vorschlägt. In Abgrenzung zu den geäußerten Vorstellungen anderer Kollegen bin ich bis jetzt auch noch nicht von der - nach dem Bundesverfassungsgericht grundsätzlich möglichen - Verwendung der Verkehrsdaten zu präventiv-polizeilichen Zwecken überzeugt worden. Deshalb verzichtet das Eckpunktepapier auf die Aufnahme dieses Verwendungszweckes.
Mein Ziel ist es, klare gesetzliche Vorgaben für die Nutzung der Verkehrsdaten zu erreichen, die sowohl die berechtigten rechtsstaatlichen Erwartungen der Opfer bzw. gefährdeten Personen als auch den Grundrechtsschutz der Bürger bestmöglich berücksichtigen. Diese müssen sich nach meiner Überzeugung sowie den Vorgaben des Verfassungsgerichts von dem ursprünglichen Rechtsrahmen unterscheiden. Es darf aber auch bei der Debatte um die Ausgestaltung des Datenschutzes nicht aus dem Auge verloren werden, dass es bei der Nutzung der Verkehrsdaten darum geht, erhebliches Leid abzuwenden und den Opfern von Straftaten in einem rechtsstaatlichen Verfahren Gerechtigkeit zu verschaffen und keinesfalls um ein unmotivierten Ausspähen von Bürgern durch staatlichen Stellen.

Ich würde mich freuen, wenn Sie die voranstehenden Überlegungen und Argumente in Ihre weitere Bewertung einbeziehen würden.