Zunehmend wird das sinkende Niveau von Abiturienten und Absolventen beklagt, auch schon vor Corona. Wie schätzen Sie das ein? Was müsste im Bildungsbereich getan werden?
Sehr geehrte Frau Vollmer,
das sinkende Schulniveau ist ein Thema das mich schon länger beschäftigt und welches nicht von Heute auf Morgen gelöst werden kann. Ich selbst war damit durch die Bewerber in meiner Firma konfrontiert. Die Gründe dafür sind vielfältig und ich bin sicher nicht ausreichend tief im Thema um sie alle zu benennen. Ich möchte hier aber einige Gründe, aus meiner persönlichen Sichtweise aufzählen.
Kinder sind wissbegierig und stellen Fragen über Fragen. In dem Moment in dem sie in die Schule kommen wird das Ganze umgedreht, die Kinder werden mit Informationen befüllt, ohne auf ihre Interessen und Fähigkeiten Rücksicht zu nehmen und dann mit Fragen bombardiert. In wie weit da noch der Spaß am lernen gegeben ist, ist zweifelhaft. Das Ganze wird als Frontalveranstaltung durchgeführt. Die Konzentrationsfähigkeit der sitzenden Schüle ohne Bewegungsmöglichkeit wird hier mehr als nur strapaziert.
Ein weiterer Punkt ist aus meiner Sicht der Wegfall der Empfehlung für weiterführende Schulen welches dazu geführt hat dass viele meinten sie müssen ihr Kind, unabhängig seiner Fähigkeit, unbedingt zum Abiturienten machen, da die Wertschätzung für Lehrberufe in der Gesellschaft leider deutlich gesunken ist.
Es gibt hier sicher noch weitere Gründe die es zu beachten gibt. Um wirklich etwas zu verändern, müssten aus meiner Sicht engagierte Lehrer, Schüler und Eltern an einen Tisch, um gemeinsam an einem neuen Lernsystem zu arbeiten, in dem das individuelle Tempo, Fähigkeit, Freude am Lernen, Sport und Ernährung, praxisbezogene Lerninhalte, aber auch die emotionale Intelligenz berücksichtigt werden. Freie Schulen wie zB: Nena macht Schule - [GEOLINO] sollten ihre Erfahrungen und Anforderungen mit einbringen, ebenso auch das Handwerk und die Industrie. Was ich sehr oft beobachte ist, dass die Fähigkeiten aus dem Wissen logische Schlüsse zu ziehen, oder auch die Einschätzung des Machbaren, kaum oder gar nicht mehr vorhanden sind. Die Verknüpfung von Zusammenhängen und deren Abhängigkeiten fällt Jugendlichen zunehmend schwerer, ebenso wie die Fähigkeit Wichtiges von Unwichtigem zu unterschieden, da es den Kindern und Jugendlichen durch die heutige mediale Reizüberflutung auch nicht einfach gemacht wird. Das Gefühl sie müssen funktionieren ist sicher auch ein nicht zu unterschätzender psychologischer Teil einer gewissen Lernblockade, der aus meiner Sicht nur mit Spaß, Spiel und Neugier am Lernen aufzubrechen ist.
In der Partei dieBasis gibt es entsprechend die AG Bildung in der viele Menschen mit praktischen Erfahrungen in diesen Bereichen bereits begonnen haben, an diesen Themen zu arbeiten.
Ich persönlich würde mir wünschen dass das Lachen wieder in die Schule zurückkehrt und ein Schüler nicht an seinen Noten sondern wertfrei an seiner Persönlichkeit und seinem Menschsein bemessen wird. Wer mit Spaß und Freude einer Tätigkeit nachgeht wird diese auch gut ausführen, das gilt für Schüler wie für Erwachsene.
Vielen Dank für Ihre Frage
Ralf Baßler