Frage an Rainer Arnold von K. H. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Arnold,
ich bitte Sie meine Fragen nach besten Wissen und Gewissen zu beantworten.
Zuerst einmal, ich bin ein Familienvater mit 3 Kindern, zwei, 2 und 4 Jahre leben in meinem Haushalt und eins nur alle 14 Tage übers Wochenende. Ich bin Berufstätig und meine Frau im Moment noch im Erziehungsurlaub. Nun zu meinen Fragen:
1.) Was wird Ihre Partei im Falle eines Wahlsieges ändern, damit junge Familien wie unsere nicht jeden Monat ums überleben kämpfen müssen.
2.) Welche Finanzelle Änderungen werden sich ergeben damit, dass unter Punkt 1 beschriebene sich endlich ändert?
3.) Welche Möglichkeiten sehen Sie und Ihre Partei für die Kinderbetreuung, und in welchem maße könnte diese verbessert werden? ( In unserem Ort gibt es z.B. keine Möglichkeit die Kinder abzugeben damit beide Elterteile Arbeiten können.)
4.) Was wird Ihre Partei hinsichtlich der Rechte er Väter bei getrennt lebenden Paaren unternehmen?
Für eine Rasche und wenn möglich Ausführliche Beantwortung meiner Fragen bedanke ich mich schon im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
K. Hübsch
Sehr geehrter Herr Hübsch,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Familienpolitik, zu der ich gerne Stellung nehme.
Ich möchte vorausschicken, dass wir Familienpolitik als zentrale Aufgabe unserer Politik verstehen. Gleichwohl gibt es in Deutschland, z.B. was die Betreuungsangebote in ländlichen Regionen anbelangt, noch viel zu tun. Und gerade der Mangel an Betreuungsangeboten, wie Sie ihn in Ihrer Mail ansprechen – und damit die kaum zu bewältigende Vereinbarkeit von Familie und Beruf – ist eine der bedauerlichsten Ursachen für den besorgniserregenden Geburtenrückgang.
Wir haben bereits den Weg geebnet für eine bessere Förderung der Familien: Die Erhöhung des Kindergeldes, die Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrages, die Senkung der Steuern, und vor allem Maßnahmen für eine gute und bedarfsgerechte Kinderbetreuung. Durch das so genannte Tagesbetreuungsausbaugesetz für Kinder unter drei Jahren (seit 1.1.2005 in Kraft) werden die Angebote zur Kinderbetreuung endlich in ausreichender Zahl und guter Qualität ausgebaut. Bis 2010 werden in Deutschland 230.000 Kinder mehr als heute in Kindertagseinrichtungen oder von Tagesmüttern oder –vätern betreut. Länder und Kommunen werden vom Bund um 1,5 Mrd. Euro jährlich für diese Aufgabe entlastet.
Ab 2008 wollen wir den Rechtsanspruch auf einen Ganztags-Kindergartenplatz für die ab 2-jährigen auf den Weg bringen. Er soll ab 2010 wirksam werden. Zudem dürfen Kindergartengebühren keine abschreckende Wirkung haben, deshalb werden wir die Möglichkeiten zur steuerlichen Absetzbarkeit erweitern. Schrittweise soll die Gebührenfreiheit der Kindertagesstätten erreicht werden. Betrachtet man die Äußerungen der Union zu diesem Thema, kann man nicht ernsthaft damit rechnen, dass sie den Ausbau der Kinderbetreuung voranzutreiben gedenkt. Bestes Beispiel ist, dass das vergleichsweise reiche Bayern lediglich 2,3 Prozent seines Etats für Kinderbetreuung ausgibt. Damit liegt es bei allen Flächenländern an letzter Stelle. Der Ausbau der Kinderbetreuung soll nach den Vorstellungen der Union von der finanziellen Situation der Kommune abhängig gemacht werden und das, obwohl Eltern einen Rechtsanspruch für Kinder ab dem 3. Lebensjahr haben. Laut den Aussagen der baden-württembergischen Kultusministerin Annette Schavan soll es einen Ausbau für die Jüngeren mit der Union nicht geben. Wir gehen davon aus, dass Tagespflegepersonen künftig rund 30 Prozent der neu entstehenden 230.000 Plätze für die unter 3-jährigen stellen. Damit werden rund 40.000 öffentlich geförderte Tagesmütter in Westdeutschland gebraucht. Wir haben die Tagespflege im Tagesbetreuungsausbaugesetz gesetzlich verankert und damit u.a. sichergestellt, dass Tagespflegepersonen auf ihre Eignung geprüft und fortlaufend fachlich beraten werden. Zudem wird das bisherige Erziehungsgeld in ein für ein Jahr gezahltes Elterngeld mit Einkommensersatzfunktion umgewandelt. Damit sollen Familien ihren Lebensstandard halten können, auch wenn sie ihre Berufstätigkeit unterbrechen. Sie haben so erstmals tatsächliche Wahlfreiheit über Dauer und Aufteilung der Elternzeit. Die Gleichstellung von Frauen wird so gefördert. Väter haben dadurch bessere Möglichkeiten Elternzeit in Anspruch zu nehmen. Durch bessere Betreuungsmöglichkeit für unter 3-jährige und Elterngeld vermeiden wir Kinder- und Familienarmut und sichern den Eltern eine ununterbrochene Erwerbsbiographie. Wir halten auch an der 3-jährigen Elternzeit mit Arbeitsplatzgarantie und Teilzeitarbeit fest. Der besseren Vereinbarkeit dient auch unser Programm zum Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen, mit dem von 2003 – 2008 bundesweit 4 Milliarden (!) Euro für diesen Zweck zur Verfügung stehen. Dabei stellte sich heraus, dass gerade in Baden-Württemberg die Nachfrage nach solchen Einrichtungen riesengroß ist. Wir sind also auf dem richtigen Weg. Was das von Ihnen angesprochenen Umgangsrecht für Väter anbetrifft, so steht derzeit Eltern, die bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet sind, nach geltendem Recht die elterliche Sorge nur dann gemeinsam zu, wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen oder einander heiraten. Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge. Die Regelung gibt der Mutter insoweit eine stärkere Rechtsstellung, als sie ohne Abgabe einer entsprechenden Erklärung Inhaberin der Alleinsorge bleibt. Hintergrund dieser Regelung ist, dass nichteheliche Kinder nicht nur in intakten nichtehelichen Lebensgemeinschaften geboren werden, sondern auch im Rahmen flüchtiger und instabiler Beziehungen. Der Gesetzgeber hat deshalb angenommen, dass unverheiratete Eltern nicht immer die für die gemeinsame elterliche Sorge notwendige Kooperationsfähigkeit besitzen. Er hat die gemeinsame Sorge davon abhängig gemacht, dass die Eltern ihre Bereitschaft durch die Abgabe übereinstimmender Sorgeerklärungen dokumentieren. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Regelung in seinem Urteil vom 29. Januar 2003 im Wesentlichen für verfassungskonform erklärt. Es hat jedoch festgestellt, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, die tatsächliche Entwicklung zu beobachten und zu prüfen, ob die gesetzlichen Annahmen auch vor der Wirklichkeit Bestand haben. Zu diesen Annahmen gehört, dass eine Mutter, die mit dem Vater und dem Kind zusammenlebt und gleichwohl keine Sorgeerklärungen abgeben will, dafür schwerwiegende Gründe hat, die von der Wahrung des Kindeswohls getragen werden. Dem Beobachtungsauftrag ist die SPD-Bundestagsfraktion durch eine Expertenanhörung nachgekommen. Der Vergleich mit anderen Rechtsordnungen ergab, dass wir bei der Erlangung der gemeinsamen Sorge für Nichtverheiratete im europäischen Vergleich mit die höchste Hürde errichtet haben. Viele europäische Nachbarstaaten gewähren nicht verheirateten Eltern die gemeinsame Sorge unabhängig vom Familienstand. In einigen Fällen ist die gemeinsame Sorge an das Zusammenleben der Eltern geknüpft. Aufgrund der vielfältigen Kritik an § 1626 a BGB haben wir die Anhörung auch zum Anlass genommen zu erörtern, ob die Regelung politisch weiterhin wünschenswert ist. Von der Diskussion umfasst war auch die Regelung des § 1672 Abs. 1 BGB, wonach auch die Übertragung der Alleinsorge von der Mutter auf den Vater ihrer Zustimmung bedarf. Die große Mehrheit der Sachverständigen forderte Korrekturen bei der gemeinsamen Sorge nicht verheirateter Eltern. Wir werden auch zukünftig intensiv prüfen, ob eine Änderung des Rechts der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern sinnvoll ist. Sehr gerne können wir Ihre Fragen auch in einem persönlichen Gespräch erörtern. Mich würde – besonders angesichts Ihres Hinweises auf den Mangel an Betreuungsmöglichkeiten in der Umgebung Ihres Wohnortes – interessieren, von wo aus Sie mir schreiben. Bei Interesse an einem Gespräch vereinbaren Sie bitte mit meinen Mitarbeitern im Nürtinger Wahlkreisbüro (Telefon: 07022 – 211920) einen Termin oder sprechen Sie mich bei eine meiner zahlreichen Veranstaltungen im Wahlkreis an! Termine finden Sie auch unter www.rainer-arnold.de/termine.html (werden laufend aktualisiert).
Einstweilen verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Rainer Arnold, MdB