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Frage von Gudrun R. •

Frage an Rainer Arnold von Gudrun R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Arnold,

ich habe zwar eben gesehen, dass Sie offenbar mit einer Plattform wie Abgeordnetenwatch gewisse Schwierigkeiten haben, meine Frage ist aber nicht so persönlich gemeint, dass Sie nicht von anderen gelesen werden könnte und sollte: ich habe heute in der FR gelesen, dass Sie der Auffassung sind, man brauche für die Bundeswehr eine Aktion, wie der Herr Verteidigungsminister sie anstrebt, nämlich 4.200 Berufssoldaten, meist Feldwebel, schon mit 50 in Pension zu schicken. Ich würde gern von Ihnen wissen, weshalb Sie für die Bundeswehr eine Altersgrenze für richtig halten, die Sie in Ihrer Abstimmung über die Rente mit 67 anderen Bürgerinnen und Bürgern nicht zugebilligt haben. Im Gegenteil: von denen verlangen Sie, dass sie länger als bisher arbeiten. Warum ist es denn nicht möglich, die 4.200 Feldwebel und andere Dienstgrade umzuschulen, wenn ältere Arbeitskräfte so dringend gebraucht werden, wie die Initiatoren der Rente mit 67 es behauptet haben? Stimmen Sie der Auffassung zu, dass in der Truppe zu viele und zu alte Feldwebel tätig seien? Mit 50 Jahren? Und Sie finden wirklich, dass Metaller am Hochofen, dass Dachdecker, dass Tiefbauarbeiter ... bis 67 arbeiten können? Dafür hätte ich wirklich gern eine Erklärung.

Mit freundlichem Gruß
Gudrun Rogge
14199 Berlin Sylter Str. 8

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Rogge,

gern möchte ich Ihnen auf Ihre Frage zum Pensionsalter von Soldaten beantworten, denn ich kann Ihre Aufgebrachtheit gut verstehen. Ich bin mir bewusst, dass, wenn man nur das Pensionseinstrittsalter von Soldaten alleine betrachtet, dies bei vielen Menschen in unserer Bevölkerung auf Unverständnis stößt. Ich glaube aber, dass bei der speziellen Berufsgruppe der Soldaten auch die besonderen Belange einer einsatzfähigen Bundeswehr berücksichtigt werden müssen.

So ist auch die von Ihnen angesprochene Initiative für eine frühzeitige Pensionierung von Berufssoldaten begründet und berechtigt: Die Bundeswehr hat wie keine andere Organisation in den vergangenen 10 Jahren Personalreduzierungen durchgeführt. Die Bundeswehr ist von 495.000 auf 252.000 im Umfang geschrumpft. Das hat zu deutlichen Strukturverwerfungen beim Personal geführt.

Deshalb ist beabsichtigt, das sogenannte Personalanpassungsgesetz zu verabschieden, den einen sehr begrenzten Personenkreis ermöglicht. vorzeitig, nämlich ab dem 50. Lebensjahr, in den Ruhestand zu gehen. Die genaue Zahl steht noch nicht fest, es werden aber deutlich weniger als die von Ihnen genannten 4.200 Soldaten sein. Ich gehe von etwas mehr als 1.000 Soldaten aus.

Um die Leistungsfähigkeit der Soldaten und somit der Bundeswehr als ganzes sicherstellen zu können, muss eine stete Regeneration mit jungen Menschen erfolgen. Ein normales Pensionsalter für alle Soldaten würde bedeuten, dass die Bundeswehr innerhalb kürzester Zeit überaltert wäre. Dies wird auch durch die frühere Pensionierung einiger Soldaten gewährleistet. Aber auch nach den bisherigen Ruhestandsregelungen war es nur einem kleinem Personenkreis – nämlich Soldaten in der Feldwebellaufbahn und Offiziere des militärfachlichen Dienstes bis zum Dienstgrad des Kapitänleutnants – möglich, mit 54 Jahren in den Ruhestand versetzt werden. Für diese Laufbahnen gibt es nicht genug Anschlussverwendungen in der Verwaltung. Eine Weiterbeschäftigung dieser Soldaten wäre nur durch eine künstliche Aufblähung des Verwaltungsapparates zu erreichen. Im Rahmen der Rente mit 67 müssen diese Ruhestandsregelungen für Soldaten selbstverständlich auch noch einmal auf den Prüfstand. Ich glaube auf Dauer ist es nicht vertretbar, die Soldatinnen und Soldaten so früh in Pension zu schicken. Hier muss eine Anpassung an das Renteneintrittsalter erfolgen und nach meiner Auffassung das durchschnittliche Pensionsalter um ebenfalls 2 Jahre angehoben werden.

Ich möchte aber noch mal darauf hinweisen, dass im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung in der Bevölkerung, diese Pensionierung für die betroffenen Personen einen nicht zu vernachlässigenden Härtefall darstellt. Die Höhe der Pension entspricht dem eines mittleren Einkommens, welches im Gegensatz zu den Renten von Arbeitern und Angestellten voll versteuert werden muss und die Hinzuverdienstregelungen sind äußerst stringent. Hinzu kommt: bei vielen Betroffenen befinden sich die Kinder noch in der Ausbildung und benötigen noch elterliche Unterstützung.

Was die Zukunft der Rentenversicherung insgesamt anbelangt, so haben wir generell - wenn wir verantwortungsvoll handeln und das System stabil halten
wollen - verschiedene Möglichkeiten:
- Wir können die Renten kürzen. Dann haben die Rentner noch mehr zu verkraften als die x-te Nullrunde (die allerdings durch die Stagnation bei den Gehältern bedingt ist).
- Wir können die Rentenversicherungsbeiträge erhöhen. Das mag für manche Großunternehmen tragbar sein, für den kleinen und mittelständischen Arbeitgeber haben höhere Lohnnebenkosten möglicherweise fatale Auswirkungen.
- Wir können den Steueranteil erhöhen. Das bedeutet weitere Steuererhöhungen.
- Wir können das Renteneintrittsalter erhöhen. Angesichts der demografischen Entwicklungen, dass nämlich die Gesellschaft altert, mithin aber auch die Älteren mit ihrer Erfahrung in den Betrieben in Zukunft stärker gefragt sein werden und angesichts besserer Möglichkeiten für eine gesündere Gestaltung der Bedingungen am Arbeitsplatz, halte ich die letztere Lösung für die verträglichste und habe daher im Bundestag auch dafür gestimmt.

Natürlich wissen wir, dass es etliche Branchen gibt, in denen der Einzelne nicht bis 67 durchhalten kann. Aber wer nicht bis 67 durchhält, der kann es auch nicht bis 65 ! Für den Fliesenleger, den Gerüstbauer und auch die Krankenschwester mit Schichtarbeit müssen Lösungen gefunden werden, damit z.B. jemand mit einem Bandscheibenschaden auch früher in Rente kann - und zwar ohne gravierende Abschläge. Daher wird es eine gemeinsame Arbeitsgruppe von SPD-Bundestagsfraktion und Partei geben, die sich genau um diese Dinge kümmert und Antworten auf die Frage gibt: Wie kann auch in Zukunft ein gleitender Übergang in die Rente für diejenigen aussehen, die ihn brauchen, - ohne dass damit, wie bei der geförderten Altersteilzeit, großen Unternehmen ihre Personallisten auf Kosten der Sozialkassen "bereinigen"? Für einen flexiblen Übergang könnte zudem die Möglichkeit geschaffen werden, dass Arbeitnehmer und/oder Arbeitgeber während der gesamten Dauer des Beschäftigungsverhältnisses zusätzliche Rentenversicherungsbeiträge leisten können. Damit können Rentenabschläge durch beim vorzeitigen Altersrentebezug vermieden werden. Bei körperlich oder seelisch sehr belastenden Tätigkeiten sollte die Möglichkeit geschaffen werden, dass der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer zusätzliche Rentenversicherungsbeiträge entrichtet. Eine weitere Möglichkeit, die derzeit diskutiert wird, ist die attraktivere Gestaltung der Teilrente, z.B. in dem man den Beziehern von Teilrente höhere Hinzuverdienstgrenzen gewährt.

Wir haben also eine Reihe von Lösungen zu diskutieren. Hier werden wir einen gangbaren Weg finden. Weiteres Abwarten jedoch können wir uns, besonders im Hinblick auf die Gerechtigkeit unter den Generationen, nicht mehr leisten.

Mit freundlichen Grüßen
Rainer Arnold