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Frage von Stefan G. •

Frage an Rainer Arnold von Stefan G. bezüglich Innere Sicherheit

"Auf dem Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz beginnen in diesen Tagen die Vorbereitungen für die Stationierung neuer amerikanischer Atombomben. Das belegen US-Haushaltspläne, die dem ZDF-Magazin "Frontal 21" vorliegen."

Quelle: http://www.zdf.de/ZDF/zdfportal/blob/40196436/2/data.pdf

Sehr geehrter Herr Arnold,

hiermit wende ich mich an Sie als Abgeordneter im deutschen Bundestag und Mitglied des Verteidigungsausschusses in obriger Angelegenheit an Sie. Wie mir wiederholt zur Kenntnis gebracht wird, werden in Deutschland zunehmend Atomwaffen stationiert und unsere Truppen mit deren Handhabung vertraut gemacht. Dies ist nicht erklärter Wille des deutschen Bundestages und auch nach aktuellen Umfragen nicht Mehrheitsinteresse des deutschen Volkes. Insbesondere das Ergebnis der Abrüstungsdebatte vom 26. März 2010, bei der sich die übergroße Mehrheit im Bundestag mit Union, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen auf einen gemeinsamen Antrag (17/1159) einigen konnte, der unter anderem den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland forderte, bestätigt das.

Könnten Sie mir bitte erläutern, warum trotzdem die Stationierung oder Erneuerung der Atomwaffen statt einer Abrüstung im Fliegerhorst Büchel stattfinden soll? Welche Schritte unternehmen Sie und Ihre Partei dagegen? Wie können wir Sie dabei unterstützen?

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Galler

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Sehr geehrte Herr Galler,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 1. Oktober 2015, in dem Sie Ihre Meinung zur Modernisierung der in Deutschland stationierten amerikanischen Atomwaffen zum Ausdruck bringen.

Die USA haben in ihrer Nuclear Posture Review 2010 ein Programm zur Nutzungsdauerverlängerung beschlossen, dass den gesamten Nuklearkomplex umfasst. Dazu gehören auch die zwischen 1978 und 1990 eingeführten und in Büchel stationierten Nuklearwaffen vom Typ B-61.

Das Programm folgt den Vorgaben des US-Präsidenten, keine neuen Waffen oder neuen militärischen Fähigkeiten zu schaffen. Der zur Verfügung stehende Bestand soll aber glaubwürdig und in höchstem Maße sicher gehalten werden, solange es seiner bedarf. Die USA haben festgelegt, dass dabei keine neuen Einsatzzwecke oder -fähigkeiten geschaffen werden. Neue Einsatzmöglichkeiten entstehen durch das Programm nicht.

Das Programm dient dazu, jene Komponenten zu ersetzen, die das Ende ihrer technischen Lebensdauer – also ihr Verfallsdatum – erreichen. Damit soll die Sicherheit der Waffe weiterhin auf höchstem Niveau gewährleistet werden. Das Programm ist seit Jahren bekannt und wird schrittweise umgesetzt. Insofern gibt es hier auch keine neue Entscheidung, die die vielfach geäußerte Behauptung, das strategische Gleichgewicht in Europa sei gefährdet, rechtfertigen würde.

Da in der medialen Berichterstattung ein anderer Eindruck erweckt wurde, ist es mir besonders wichtig zu betonen, dass es hierbei ausschließlich um die Lebensdauerverlängerung bereits bestehender Waffen geht, nicht um Aufrüstung! Daher verstößt dieses Programm auch weder gegen den Atomwaffensperrvertrag noch gegen die zwischen den USA und Russland ausgehandelten Abrüstungsabkommen für Nuklearwaffen, sondern bewegt sich im Rahmen dieser Verträge. Und nicht nur die USA gehen diesen Weg, sondern auch Russland hat lange vor Beginn der Krise in der Ukraine, ein Programm zur Modernisierung seiner Atomwaffen auf den Weg gebracht.

Die SPD strebt langfristig eine Welt ohne Atomwaffen an. Wir müssen aber gleichzeitig feststellen, dass wir dabei in der NATO weitestgehend alleine stehen. In einer Welt, die immer mehr aus den Fugen gerät, können wir aber mit den Herausforderungen unserer Zeit nur gemeinsam umgehen. Ein deutscher Sonderweg würde die Welt nicht sicherer machen.

Ich habe bereits vor Jahren bei Gesprächen in Washington und Moskau festgestellt, dass die USA die in Europa stationierten taktischen Atomwaffen als Faustpfand bei Verhandlungen mit Russland verwenden und nicht bereit sind, den ersten Schritt zu machen. Gleichzeitig hat sich Moskaus Haltung verstärkt, die russischen Atomwaffen nicht weiter abzubauen, weil befürchtet wird, im herkömmlichen Bereich militärisch unterlegen zu sein.

Ich teile beide Auffassungen ausdrücklich nicht, muss sie aber wahrnehmen wie sie sind und Ihnen auch so schildern. Sie können sicher sein, dass wir SPD-Politiker jede Chance nutzen, unsere Haltung vorzutragen. Und wir geben die Hoffnung nicht auf, dass sich in naher Zukunft ein Zeitfenster ergibt, dass den Rahmen für Bedingungen ermöglicht, unter denen insbesondere zwischen Russland und den USA über eine weitere atomare Abrüstung gesprochen werden kann. Nicht zuletzt deshalb, um so einen Prozess in Gang zu setzen, der die Voraussetzungen für einen Abzug der in Deutschland und Europa stationierten Atomwaffen schafft. Bis dahin ist es auch in unserem Interesse, dass die Sicherheit dieser Waffen auf höchstem Niveau gewährleistet wird.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Position umfassend erläutern.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Arnold