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Frage von Susanne G. •

Frage an Rainer Arnold von Susanne G.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,

Sie haben sich nicht zur Petition Fracking geäußert. Wie stehen Sie zu Fracking?

Mit freundlichen Grüßen

Susanne Gansloser-Hartmann

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Sehr geehrte Frau Gansloser-Hartmann,

zur Petition auf "Petitions-Check" habe ich aus zwei Gründen nicht geantwortet.

Zum einen, weil es das parlamentarische Petitionsrecht gibt, bei dem jede Bürgerin und jeder Bürger eine Petition beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestag stellen kann. Seit nunmehr schon 10 Jahren ist das übrigens auch online möglich. Durch das Petitionsrecht ist für jede Petition garantiert, dass sich der Bundestag bzw. der Petitionsausschuss damit befasst, und zwar unabhängig von der Zahl der Unterstützer. Öffentliche Petitionen kann man beim Bundestag auch mitzeichnen und zwar unter https://www.bundestag.de/service/glossar/O/online_petition/247182 . Dort werden auch die Beschlüsse des Ausschusses veröffentlicht.

Insofern gibt es ein sehr gutes und transparentes Instrument für alle Bürgerinnen und Bürger, um ihre Anliegen an den Gesetzgeber deutlich und öffentlich zu machen. Dies ist aber ein Instrument der Bürgerinnen und Bürger, um ihre Anliegen direkt in das Parlament hineinzutragen. Als Abgeordneter, an den sich dieses Anliegen ja letztlich auch richtet, setze ich mich mit diesen Anliegen auseinander (ich war zu Beginn meiner Mitgliedschaft im Bundestag auch Mitglied im Petitionsausschuss); ich unterschreibe aber keine Petition, die quasi an mich selbst gerichtet ist.

Der "Petitions-Check" kann dieses gute Petitionsrecht m.E. nicht ersetzen, u.a. weil er bestimmt "Petitionen" auswählt, anstatt alle Petitionen gleich zu behandeln. Außerdem verfolgt "Petitions-Check" nur Anliegen, die bei repräsentativen Umfragen favorisiert werden. Die Schwächen solcher Umfragen sind aber hinlänglich bekannt. Bei Positionierungen sind nur Zustimmung, Ablehnung, Enthaltungen mit nur kurzen Begründungen erlaubt. Das wird aber vielen gesetzlichen Regelungen überhaupt nicht gerecht, weil sie oft unterschiedliche Ansichten miteinzubeziehen suchen und nach dem mühsamen, aber in den letzten 50 Jahren sehr erfolgreichen und stabilisierenden Konsensprinzip zustande kommen. Eine parlamentarische Befassung mit diesen Petitionen gibt es nicht.

Zum anderen habe ich zwar abgeordnetenwatch durchaus als angemessen moderierte Dialogplattform kennengelernt und beantworte daher die Fragen, die hier an mich gestellt werden.

Grundsätzlich stehe ich aber per E-Mail unter rainer.arnold@bundestag.de oder auch persönlich, sei es bei Veranstaltungen im Wahlkreis, sei es im Bürgergespräch in meinem Nürtinger Wahlkreisbüro (Terminvereinbarung unter 07022 211920) den Bürgern gern für Fragen und Anregungen zu Verfügung.

Oder anders gesagt: Mir ist der direkte Meinungsaustausch mit den Bürgern lieber.
Damit haben Bürgerinnen und Bürger dann auch den direkten Draht zum Abgeordneten, so wie sie mit dem Petitionsrecht direkten Zugriff auf das Parlament haben.

Auch wenn es diese Mail etwas lang macht, beantworte ich gern auch Ihre Frage zum Fracking.

Nach derzeit geltendem Recht ist ja sowohl konventionelles Fracking, das seit den sechziger Jahren vor allem in Niedersachsen praktiziert wird, als auch unkonventionelles Fracking grundsätzlich erlaubt. Nicht einmal in Naturschutzgebieten ist Fracking derzeit grundsätzlich verboten. Da die Folgen des unkonventionellen Fracking noch ziemlich unbekannt sind, musste verhindert werden, dass Unternehmen ihre Genehmigungsanträge auf dem Rechtsweg durchsetzen können.

Bei dem Gesetzentwurf, der am 1. April vom Kabinett beschlossen wurde und jetzt im parlamentarischen Verfahren behandelt wird, geht es zum einen darum, überhaupt zwischen diesen beiden Verfahren zu unterscheiden, was rechtlich bisher nicht der Fall war.

Diese Unterscheidung ist wichtig, da es für beide Verfahren unterschiedliche Ausgangspositionen gibt:

Für das seit Jahrzehnten praktizierte, konventionelle Fracking haben wir umfangreiche Erfahrungswerte, während dies beim unkonventionellen Fracking, wie oben erwähnt, nicht der Fall ist. Zudem sind bei Letzterem mehr Frack-Vorgänge notwendig, es wird mehr Frack-Flüssigkeit eingesetzt und findet näher an der Oberfläche und damit an den grundwasserführenden Gesteinsschichten statt.

Für das von Ihnen angesprochene unkonventionelle Fracking oberhalb von 3000 Metern gilt: Es bleibt zu wirtschaftlichen Zwecken bis auf Weiteres verboten. Erlaubt werden können höchstens wissenschaftlich begleitete Erprobungsmaßnahmen, mit denen die Auswirkungen auf die Umwelt wissenschaftlich erforscht werden sollen. Hier wäre es m.E. nach sinnvoll, im jetzt laufenden parlamentarischen Verfahrens eine Höchstzahl von Probebohrungen festzulegen.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass nach 2018 oder auch 2021 in Einzelfällen für unkonventionelles Fracking Genehmigungen beantragt werden können, wenn Erprobungsmaßnahmen stattgefunden haben und eine unabhängige Expertenkommission zu dem Ergebnis kommt, dass ein Förderung dort grundsätzlich unbedenklich ist.

Diese Regelung wird in meiner Fraktion sehr kritisch gesehen; wir wollen, dass das Parlament bei einer fundamentalen Änderung bzgl. des unkonventionellen ein Mitwirkungsmöglichkeit hat. Das werden wir in den jetzt laufenden Verhandlungen mit der Union zum Gesetzentwurf thematisieren.

Klar ist aber auch, dass in besonders schützenswerten Gebieten (Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebiete, Einzugsgebiete natürlicher Seen, Talsperren, überhaupt in allen Einzugsgebieten von Wasserentnahmestellen für die öffentliche Wasserversorgung) überhaupt kein Fracking erlaubt sein wird. Die Liste der Gebiete, in denen weder konventionelles noch unkonventionelles Fracking erlaubt ist, kann darüber hinaus noch durch landesrechtliche Vorschriften erweitert werden. In Gebieten mit einer besonders schützenswerten Oberfläche (z.B. Nationalparks, Naturschutzgebiete sowie die Natura 2000-Gebiete) ebenfalls beide Methoden grundsätzlich untersagt.

Für das konventionelle Fracking werden strenge Schutzvorschriften festgelegt, etwa, dass die eingesetzten Frack-Flüssigkeiten insgesamt maximal schwach wassergefährdend sein dürfen. Das heißt, dass nur Gemische mit Stoffen (Salzen) eingesetzt werden dürfen, die im Tiefengrundwasser ohnehin vorhanden sind und das Trinkwasser nicht gefährden. Die Unternehmen müssen zudem
• umfassende Umweltverträglichkeitsprüfungen beibringen
• einen Ausgangszustandsbericht erstellen
• die eingesetzten Stoffe und deren Menge offenlegen
• sich einem Grund- und Oberflächenwasser-Monitoring unterziehen
• Rückflüsse und Bohrloch-Integrität überwachen lassen
• an die zuständige Behörde berichten
• bei der Wasserbehörde eine Zulassung einholen
• dafür sorgen, dass zurückfließende Frack-Flüssigkeiten nicht untertägig eingebracht werden.

Außerdem sieht das Gesetz eine Beweislastumkehr vor: Bei Bergschäden, die auf Frack-Vorgänge oder andere Tiefenbohrungen zurückzuführen sein könnten, liegt die Beweislast künftig nicht mehr bei den Bürgern; vielmehr müssen die Unternehmen nachweisen, dass z.B. ein Erdbeben nicht auf Frack-Aktivitäten zurückzuführen ist.

Was das von Ihnen angesprochene Lagerstättenwasser anbelangt, so ist, anders als in dem von Ihnen verwendeten Musterschreiben erklärt, dessen Entsorgung im Gesetzentwurf geregelt. Zurückfließende Frackflüssigkeiten (Flowback) dürfen nicht untertägig eingebracht werden. Ein Verpressen von Lagerstättenwasser ist grundsätzlich unzulässig. Ausnahmsweise kann Lagerstättenwasser in druckabgesenkte kohlenwasserstoffhaltige Gesteinsformationen eingebracht werden, die einen sicheren Einschluss gewährleisten. Für die Entsorgung als Abwasser oberirdisch gibt es bisher keinen rechtlich geregelten Stand der Technik und damit keine wirklich umweltfreundliche Lösung. Die Verpressung völlig auszuschließen würde die im Einzelfall möglicherweise umweltschonendste Entsorgungsmöglichkeit gerade verschließen. Letztlich muss die zuständige Behörde entscheiden, wie das Lagerstättenwasser am umweltschonendsten zu entsorgen ist. Darüber hinaus müssen Umweltgefährdungen bei Transport und Zwischenlagerung von Rückfluss und Lagerstättenwasser vermieden werden.

Grundsätzlich halte ich den Gesetzentwurf für eine recht gute Grundlage für weitere Beratungen. Es stellt sicher, dass konventionelles Fracking nur in engem rechtlichen Rahmen und unkonventionelles Fracking zu wirtschaftlichen Zwecken überhaupt nicht erlaubt ist. (Zumal bezweifelt werden darf, ob es hier in Deutschland überhaupt einen Bedarf gibt). Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, Auswirkungen dieser Methoden weiter wissenschaftlich zu erforschen und eine Gefährdung von Gesundheit und Umwelt auszuschließen.

Es gibt allerdings einige Punkte (Befugnisse der Expertenkommission, deren Besetzung, Anzahl der Probebohrungen) die wir als kritik- und diskussionswürdig erachten. Derzeit sind wir aber mitten im parlamentarischen Verfahren, d.h. die Koalitionsfraktionen verhandeln miteinander; zudem haben Vertreter ganz unterschiedlicher Interessengruppen und Organisationen die Möglichkeit, in Anhörungen ihre Argumente vor den Mitgliedern des zuständigen Bundestagsausschusses ausführlich darzulegen. Änderungen am Gesetz, das frühestens im September dieses Jahres verabschiedet werden wird, sind mithin durchaus wahrscheinlich.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Arnold