Frage an Rainer Arnold von Peter K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
S. g. Herr Arnold,
danke fuer Ihre Antwort an Herrn Maussauer.
Was nicht fehlt, sind wohl gesetzte Worte !
Was fehlt, sind die f. Waehler sichtbare und spuerbare Taten vor Ort,
also dort wo es ihnen weh tut !
Die Buchstabenzahl ist hier begrenzt, deshalb verkeurzt und abgekuerzt, bitte:
? Wem verdanken wir diesen "Bestandsaufnahmen- und Diskussions-Aufbruch" Ihrer Meinung nach ?
? Koennen Sie mir einen Informationsbeauftragten in Dtl. nennen, bei dem die nachgenannten (m. E. eigentlichen) "Selbstverstaednlichkeiten" realisiert sind ?
(Ich bin mit mehreren Integrationsbeauftragten in mehrern Staedten im Gespraech. auch mit solchen, wo die SPD den Oberbuergermeister stellt. Dabei erfahre ich z. B., dass noch niemals oder schon jahrelang keine (echten) Bestandsaufnahmen mehr gemacht wurden - keine (messbaren) Ziele gesetzt sind, keine Erfolgskontrollen stattfinden, keine Vernetzungen der unzaehlig vielen Aktivitaeten und Massnahmen stattfinden, demnach auch die Chance, synergetische Erfolge zu generieren nicht gegeben ist, die Sprachfoerderung begrenzt und dann auch nur nach der "Zu-Fuss-Methode" vor genommen wírd...
ich selbst musste mich einmal selbst integrieren, ohne anfangs die Landessprache zu beherrschen, dabei konnte ich - schon vor 45 Jahren !!! - auf oeffentlich zugaengliche Sprachlabor-Trainings i. S. von "Hilfe zur Selbsthilfe" zurueck greifen - so viel ich wollte, so oft ich wollte, mit dem Schwierigkeitsgrad, den ich selbst passend fand...)
? Wenn NEIN , Warum nicht ?
? Wie lange glauben Sie, wird es noch dauern, bis die SPD so klein geworden ist, dass sie selbst mit den Gruenen + den Linken keine Mehrheiten mehr zustande bringt ?
? Koennen wir lernen von der politischen Entwicklung in NL, DAN, S, Österr. ? Wenn JA, was koennen wir denn Ihrer Meinung nach lernen - i. S. des Umsetzens, nicht des Redens ?
? Reicht es zu sagen, dass wir zu wenig Polizei haben - koennen Sie sich vorstellen, wie das auf uns Waehler wirkt ?
VG Peter Knobloch
Sehr geehrter Herr Knobloch,
Bestandsaufnahmen bei der Integration gibt es immer wieder, schließlich ist das Thema bei uns so alt wie die Zuwanderung selbst. Allerdings hat sich der Blick auf Zuwanderung in den letzten Jahrzehnten und damit auch der Diskussionsverlauf maßgeblich geändert. Gingen anfangs sowohl die deutsche Mehrheitsgesellschaft als auch die damaligen "Gastarbeiter" von einer begrenzten Dauer ihres Aufenthaltes aus, ist heute klar, dass Deutschland längst ein Einwanderungsland ist - wenn auch manche gesellschaftlichen und politischen Gruppen das lange nicht wahrhaben wollten. Insofern müssen wir auch immer überdenken, wie wir das Zusammenleben der Kulturen gestalten wollen, was wir denjenigen abverlangen, die dauerhaft bei uns leben bzw. was wir selbst dazu beitragen, damit Integration besser gelingt. (Dabei sollte man sich allerdings auch dafür hüten, über "den" Migranten zu reden. Wenn man genauer hinschaut, sieht man, dass es "den" Migranten nicht gibt, dass Integration vielmehr regional, gruppenspezifisch und individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Allerdings schaffen es die vielen guten Beispiele für Integration selten in die Medien, frei nach dem Motto "Good news are no news.")
Diskussion hierüber tut immer wieder not. Allerdings darf sich kein politisch und gesellschaftlich Verantwortlicher (und dazu zählen auch die Medien) dazu hinreißen lassen, aus Gründen der guten Quoten, Auflagen oder Wahlergebnisse pauschalierend und unsachlich mit dieser Frage umzugehen. Daher habe ich mit meiner Initiative für die besagte Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung am 7.12.2010 in Nürtingen auch stark auf einen umfassenden, sachlichen Ansatz Wert gelegt.
Was die Integrationsbeauftragten der Länder und Kommunen anbelangt, so ist es nicht meine Aufgabe, deren Arbeit zu bewerten. Wer mehr hierüber erfahren will, sei direkt an die jeweiligen Beauftragten verwiesen. Allerdings zeigen einige Parameter, dass gerade in den letzten Jahren allerhand geschehen ist. So wurde unter Rot/Grün im Jahr 2004 das Konzept der verpflichtenden Integrationskurse beschlossen. Seit 2005 hat jeder Neuzuwanderer den Anspruch, aber auch die Pflicht zur Teilnahme an Integrationskursen. Erstmals wurden damit einerseits der Erwerb von ausreichenden deutschen Sprachkenntnissen eingefordert, gleichzeitig aber auch Sprach- und Orientierungskurse angeboten. Bis Mitte 2010 haben mehr als 650.000 Migranten davon Gebrauch gemacht, davon waren viele zu Teilnahme verpflichtet, ein erheblicher Teil hat sich aber auch aus Eigeninitiative die Berechtigung für einen solchen Kurs ausstellen lassen. Dabei gibt es aber auch Defizite: Die Absolventenquoten sind immer noch zu gering (55,5%), daneben wären mehr finanzielle Mittel notwendig, um allen Teilnahmewilligen zügig ein Angebot machen zu können. Der unverstellte Blick auf das Thema zeigt also: Es gibt Licht und Schatten. Kein Grund, sich auszuruhen (derzeit warten etwa 9000 Migranten auf einen Integrationkurs; die Bundesregierung hat zugesagt, bis 2015 (!) allen einen Kurs anbieten zu wollen), aber Schwarzmalerei und Pauschalurteile werden dem Themenkomplex Zuwanderung und Integration ebenfalls nicht gerecht.
Zum Stichpunkt Bundespolizei: Die Situation hier ist nicht befriedigend und eine Stärkung der Bundespolizei ist dringend notwendig. Die Auswirkungen dieses Mißstandes sehe ich z.B. in meinem Fachgebiet, der Verteidigungspolitik, wenn in Nordafghanistan Soldaten polizeiähnliche Aufgaben übernehmen, weil wir nicht genügend Bundespolizisten haben, die wir für die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte entsenden können. Insofern unterstützt die SPD auch nachdrücklich die Forderung der Polizeigewerkschaften nach mehr Stellen in diesem Bereich.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Arnold