Frage an Priska Hinz von Daniela H. bezüglich Menschenrechte
Werden Sie sich für die Einführung des Nordischen Modells in der Prostitution einsetzen nach dem Vorbild von Schweden, was ein Sexkaufverbot, Freier-Bestrafung, umfassende Ausstiegshilfen für die betroffenen Frauen etc beinhaltet; wozu das EU-Parlament schon 2014 alle europäischen Staaten aufgefordert hat, da Prostitution die Menschenwürde verletzt?
Sehr geehrte Frau Hast,
vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Engagement für Frauenrechte. Prostituierte sind durch die rechtliche Situation in Deutschland verglichen mit anderen Ländern gut geschützt. Aus diesem Grund sehe ich im Moment keine Notwendigkeit für eine Initiative zur Einführung des Nordischen Modells in Deutschland. Die Situation in der Prostitution wurde mehrfach im Bundestag debattiert, ausführlich etwa bei der Verabschiedung des Prostitutionsschutzgesetzes 2016. Sowohl die Lebenssituation als auch die Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter*innen sind vielfältig und unterschiedlich. Die GRÜNE Bundestagsfraktion will die Rechte und den Schutz von Frauen und Männern, die in der Prostitution arbeiten, durchsetzen und stärken. Prostitution ist kein Job wie jeder andere. Dass Frauen sexuelle Dienstleitungen anbieten, ist aber oft ihre Entscheidung. Das heißt nicht, dass wir die Augen vor den äußerst schwierigen Arbeitsbedingungen und den oft gefährlichen Begleitumständen dieser Tätigkeiten verschließen. Hier müssen Hilfe und Unterstützung ansetzen. Ein Verbot von Prostitution halten wir dabei nicht für zielführend. Studien zu den Auswirkungen der gesetzlichen Regelungen in Schweden und anderen nordischen Ländern sind umstritten, mehrdeutig und von begrenzter Aussagekraft. So ist von schwierigeren Bedingungen für die Prostituierten auszugehen, von mehr Illegalität, mehr Ausbeutung und Gewalt oder Gesundheitsgefährdung.
Wir haben in Deutschland eine eindeutige Gesetzeslage gegen Menschenhandel und die Ausbeutung von Prostituierten. Die Durchsetzung dieser Gesetze hängt maßgeblich von den Ressourcen der Strafverfolgungsbehörden ab. Darüber hinaus müssen die Lebens- und Arbeitsbedingungen für Menschen, die in der Prostitution arbeiten verbessert werden. Das gilt ganz besonders für Frauen mit aufenthaltsrechtlichen Problemen und ohne Krankenversicherung. Daher halten wir umfangreiche und niedrigschwellige Beratungsangebote für zentral. Diese müssen auch Alternativen zur Tätigkeit in der Prostitution beinhalten.
Ein wichtiges Instrument des regelmäßigen Informationsaustausches auf regionaler Ebene ist der Runde Tisch Menschenhandel. Auch Hessen hat einen solchen Runden Tisch eingerichtet. Hier treffen sich Expert*innen und Vertreter*innen des Ministeriums für Soziales und Integration, des Justiz-, des Innenministeriums, des Landeskriminalamtes, der Kommunalen Spitzenverbände, der Wohlfahrtsverbände, der in Hessen tätigen Opferschutzverbände und Vertreter*innen von Projekten, die sich mit konkreten Hilfen für betroffene Frauen befassen, von Frauenarbeit und Frauenpolitik. Die Mitglieder des Runden Tisches haben Wirkungsmöglichkeiten und Zuständigkeiten, in denen sie die erarbeiteten Lösungskonzepte umsetzen oder als Multiplikator*innen mit voranbringen können. Außerdem haben wir das Sozialbudget erheblich erhöht und werden das auch in den kommenden Jahren tun. Teil dieser Erhöhung sind Mittel, die der Umsetzung der Istanbul-Konvention, der Konvention des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, dienen. Außerdem sind im Gute-Zukunfts-Sicherungsgesetz, das der Landtag als Antwort auf die Corona-Krise beschlossen hast, bis zu 3 Millionen zum Schutz vor Gewalt gegen Kinder und Frauen eingestellt.
Mit freundlichen Grüßen
Priska Hinz