Frage an Priska Hinz von Thomas S. bezüglich Umwelt
Guten Tag Frau Hinz,
was die Dieselproblematik angeht empfinde ich das Vorgehen der Grünen als Eiertanz, wenn diese sowohl die betroffenen Dieselfahrer als auch die Anwohner hoch belasteter Innenstadtstraßen schützen möchten. Auch Ihre Antwort auf die von Herrn Topel gestellte Frage lässt m.E. diese Problematik erkennen:
„Daher arbeitet die Landesregierung bereits seit Jahren daran, mit verhältnismäßigen Maßnahmen die Luftqualität so weit zu verbessern, dass keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu befürchten sind. Zum Beispiel, indem wir massiv in den Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) investieren und den Ausbau der Radwege fördern.“
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/priska-hinz/question/2018-09-20/303581
Was haben die von Ihnen benannten Investitionen konkret gebracht?
Sind nachweisbar Menschen vom Auto auf den ÖPNV bzw. das Rad umgestiegen?
Wenn ja, wie viele?
Glauben Sie, dass angesichts der aktuellen Tarife des RMV (die 14 Kilometer lange Strecke Dreieich-Frankfurt kostet z.B. einfach 4,90 €) ausreichend auf den ÖPNV umgestiegen wird?
Ein weiteres Zitat aus Ihrer oben verlinkten Antwort:
„Der Gesundheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger und eine saubere Luft in unseren Städten stehen in der ganzen Debatte für mich an erster Stelle.“
Die Dieselabgasproblematik ist spätestens seit dem Bekanntwerden der Betrugs bei den Grenzwerteinhaltung (September 2015) öffentlich, getan hat sich in der Politik so gut wie nichts um dieser Problematik gerecht zu werden.
Was bedeutet diese Aussage für den Fall, dass weiterhin keine ausreichenden Hardware-Nachrüstungen erfolgen bzw. von den Autoherstellern bezahlt werden?
Was machen Sie bzw. die hessischen Grünen, wenn die Grenzwerte für Stickoxid auch im neuen Jahr weiterhin an neuralgischen Orten in Hessen überschritten werden?
Werden die Hessischen Grünen dann weiter gegen Fahrverbote kämpfen und damit Gesundheitsschädigungen in Kauf nehmen?
Viele Grüße T. S.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank, dass Sie sich mit Ihren Fragen an mich wenden. Gerne möchte ich darauf eingehen:
Bezüglich der Investition in den ÖPNV sowie Radverkehr ist es so, dass das Land unter grüner Regierungsbeteiligung alleine in diesem Jahr 108 Millionen Euro für nachhaltige Mobilität und damit für die Vermeidung von Fahrverboten investiert. Mit der Finanzierungsvereinbarung 2017 - 2021 zwischen dem Land und den Verkehrsverbünden in Hessen wurde die finanzielle Unterstützung für den ÖPNV um mehr als 20 Prozent erhöht. Dadurch haben die Verkehrsverbünde Spielräume erhalten, um das Angebot auszubauen.
Auch die Schieneninfrastruktur für den ÖPNV wird ausgebaut, um den öffentlichen Nahverkehr als echte Alternative zum Individualverkehr zu stärken: Der Ausbau der Schieneninfrastruktur im Rhein-Main-Gebiet ist in den letzten fünf Jahren bei vielen Projekten erheblich vorangekommen. Der Ausbau des Homburger Damms - ein Nadelöhr bei der Einfahrt in den Frankfurter Hauptbahnhof -, die Verlegung der zusätzlichen Gleise für die S6 nach Bad Vilbel und die ÖPNV-Anbindung von Gateway Gardens sind in der Realisierung. Die zusätzlichen Gleise für die S 6 von Frankfurt am Main bis nach Bad Vilbel und im 2. Bauabschnitt bis nach Friedberg erlauben einen dichteren Takt und einen zügigeren Verkehr. Die Nordmainische S-Bahn und der nördliche Abschnitt der Regionaltangente West sind im Planfeststellungsverfahren.
Darüber hinaus unterstützt das Land die Kommunen bei der Verbesserung der Infrastruktur für den Radverkehr. Unter anderem ist die Landesregierung dabei, mittels eines Gutachtens zu ermitteln, welche Radschnellverbindungen über die zwischen Frankfurt am Main und Darmstadt geplante hinaus sinnvoll sind, um das Mobilitätsangebot in der Region zu erweitern.
Uns liegen leider keine genauen Zahlen vor, wie viele Menschen nachweisbar vom Auto auf den ÖPNV bzw. das Rad umgestiegen sind. Jedoch sprechen beispielsweise die Verkaufszahlen des Schülertickets für sich: Das im letzten Jahr eingeführte Schülerticket ist mit bereits mehr als 400.000 verkauften Tickets ein voller Erfolg. Mit dem Ticket können Schülerinnen und Schüler hessenweit für 365 Euro im Jahr mit Bus und Bahn fahren. Schülerinnen und Schüler, die auf den ÖPNV zum Erreichen ihrer Schule angewiesen sind, bekommen das Schülerticket sogar erstattet. Die Anzahl der Schülertickets hat sich im Vergleich zur ehemaligen Schülerjahreskarte um 60 Prozent gesteigert. Auch das Ticket für die Landesbeschäftigten hat einen sehr großen Zuspruch erfahren.
Diese Erfolgsmodelle wollen wir GRÜNE in Hessen auch auf andere Bevölkerungsgruppen ausweiten. Daher möchten wir aufbauend auf dem Schüler- und Landesticket in der nächsten Legislaturperiode ein günstiges Ticket für Seniorinnen und Senioren sowie für ehrenamtlich tätige Menschen anbieten. Langfristig planen wir ein günstiges Bürgerticket zu schaffen, mit dem alle Hessinnen und Hessen den ÖPNV nutzen können. Wir GRÜNE arbeiten also intensiv daran, den ÖPNV auch preislich attraktiv zu gestalten.
Beim Thema Diesel stehe ich zu meiner Aussage, dass der Gesundheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger und eine saubere Luft in unseren Städten für mich an erster Stelle kommen. Die Landesregierung zeigt in ihrem Gesamtkonzept, mit dem der Luftreinhalteplan fortgeschrieben wird, dass eine konsequente Umrüstung der Diesel-Fahrzeuge zusätzlich zu allen weiteren geplanten Maßnahmen sehr effektiv die Luft verbessern wird. Wir GRÜNE werden weiter für einen attraktiven ÖPNV, bessere Radwege und mehr E-Mobilität arbeiten, weil unsere Städte nur lebenswert bleiben, wenn weniger Autos mit Verbrennungsmotor fahren. Für die akute Stickoxid-Problematik aber ist die Hardware-Nachrüstung die schnellste Lösung – der Bund ist am Zug.
Für saubere Luft in unsere Städten und Gemeinde zu sorgen ist eine dauerhafte Aufgabe. Daher werden wir auch im neuen Jahr nicht nachlassen und weiter mit den Kommunen an der Luftreinhaltung arbeiten - und wo erforderlich - die Luftreinhaltepläne fortschreiben. Diese Luftreinhaltepläne haben das Ziel, erforderliche Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festzulegen.
Saubere Luft und eine gleichzeitige Vermeidung genereller Fahrverbote stehen aus unserer Sicht nicht im Widerspruch – im Gegenteil: Eine Lösung, die schnell und effektiv wirksam wäre – auch für das drohende zonale Fahrverbot für Diesel in Frankfurt ist die Hardware-Nachrüstung auf Kosten der Automobilhersteller. Wir haben darüber hinaus unsere Spielräume genutzt: Seit 2014 wurde die langjährige Blockade der FDP beendet und Umweltzonen in Angriff genommen. Wir haben die Städte bei ihren Luftreinhalteplänen nicht nur unterstützt, sondern auch Programme erst möglich gemacht. Mit der Verkehrswende, Schülerticket und Jobticket machen wir den Umstieg auf den ÖPNV attraktiv.
Im Detail sind bei den aktuellen Entwicklungen rund um das Thema Nachrüstung auf Bundesebene aus Sicht der GRÜNEN noch einige Fragen offen. Wir werden uns mit Nachdruck für die Beantwortung dieser Fragen und weiterhin mit aller Kraft für eine Hardware-Nachrüstung einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Priska Hinz