Frage an Priska Hinz von christian k. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Hinz,
schon wieder ist das Parlament dabei grundlegende Bürgerrechte , quasi en passant auszuhebeln und abzuschaffen. Am Freitag steht nichts geringeres auf der Tagesordnung als die Abschaffung der nationalen Souveränität des deutschen Staatsgebietes. Sollten die Parlamentarier den Vertrag von Prüm in seiner jetzigen Form verabschieden , dürfen künftig ausländische Polizei und Polizeihilfstruppen in Deutschland tätig werden , bis zum Gebrauch der Schußwaffe.
Der entsprechende Passus im Gesetzentwurf (1) Drucksache 16/12585 der Bundesregierung aus SPD, CDU und CSU:
"(5) Vollzugsbeamte anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union können im Einvernehmen mit den zuständigen Stellen des anderen Staates nach Maßgabe der für die Bestellung von Hilfspolizeibeamten geltenden Vorschriften des § 63 Abs. 2 bis 4 mit Aufgaben des Vollzugsdienstes in der Bundespolizei betraut werden. Beteiligen sich Vollzugsbeamte anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union an Formen der Zusammenarbeit im Rahmen der Artikel 17 bis 18 des Beschlusses des Rates 2008/615/JI vom 23. Juni 2008 (ABl. L 210 vom 6. August 2008 S. 1), gilt unter den Voraussetzungen des Artikels 19 Abs. 2 Satz 2 dieses Beschlusses in Bezug auf die Anwendung von Schusswaffen das Verbot der Anwendung unmittelbaren Zwangs nach § 63 Abs. 3 Satz 2 nicht."
Ist das die EU - über die die Bürger im Juni abgestimmt haben, oder läuft hier mittlerweile etwas völlig aus dem Ruder ?
Wie werden Sie abstimmen ?
Sehr geehrter Herr Kumbier,
um die Frage nach meinem Abstimmungsverhalten gleich vorweg zu beantworten: Ich und die Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen werden uns enthalten. Das von Ihnen erwähnte Gesetz ist ein EU-Umsetzungsgesetz. Deutschland ist im Rahmen der Europäischen Union verpflichtet, EU-Recht in Deutsches Recht umzusetzen. Dieser Pflicht können wir uns nicht entziehen, auch wenn wir die Inhalte des Gesetzes ablehnen. Für Deutschland ändert sich an der Rechtslage auch nichts, da Deutschland einer der Vertragstaaten von Prüm ist. Die bisher nur vertraglich geregelte Rechtslage wird mit dem Gesetz nun auch im Bundesgesetzblatt publik.
Der Vertrag von Prüm ist ein Sicherheitsgesetz, das wir in dieser Form nicht unterstützen. Es enthält vor allem viele datenschutzrechtlich sehr problematische Bereiche. Andererseits kann nicht geleugnet werden, dass Kriminalität und Kriminelle an den Grenzen nicht Halt machen. Die von Ihnen besonders kritisierte Regelung des § 64 Absatz 5 betrifft solche Fälle. Wenn ein Verdächtiger verfolgt wird, soll er sich nicht durch Flucht über die Grenze der Strafverfolgung entziehen können. In solchen Fällen ist eine sogenannte Nacheile notwendig - aber nur wenn das fremde Beamte als sogenannte Hilfsbeamte unter Aufsicht Deutscher Behörden und ohne Schusswaffengebrauch tun. Deutschland und jeder andere Mitgliedsstaat übt also weiterhin seine Souveränität aus.
Unsere Bedenken gegen das Gesetz richten sich mehr auf den schrankenlosen Austausch u.a. von genetischen Fingerabdrücken und die unkontrollierte Verwendung solcher Daten in anderen Staaten.
Wir teilen auch Ihre Kritik, wenn Sie fragen, ob das noch Ihre EU sei. Denn der Vertrag wurde nur von den nicht gewählten Innen- und Justizministern, aber nicht in dem am 7. Juni gewählten Europäischen Parlament verabschiedet. Wir finden, dass derart tiefe Eingriffe in die Bürgerrechte vom Parlament verabschiedet werden müssen.
Aus unserer Sicht geht es nun aber nicht darum, populistisch gegen das Gesetz zu stimmen, zu dessen Annahme der Bundestag durch Verträge verpflichtet ist und der an der Rechtslage nur wenig ändern. Es gilt vielmehr, diesen Vertrag wieder zu ändern und auf künftige Änderungen Einfluss zu nehmen, indem solche Rechtsakte zwingend im Europäischen Parlament verabschiedet werden.
Herzliche Grüße
Priska Hinz