Frage an Petra Häffner von Roland W. bezüglich Gesundheit
Wie stehen Sie zu den aktuellen Corona-Massnahmen?
Was halten Sie von einer Impflicht?
Würden Sie einen Impf-Reisepass unterstützen?
Eine Frage in drei Teilen - hier 3 Antworten:
Aktuelle Corona-Maßnahmen:
Meine Antwort in Kurz: ich befürworte die aktuellen Maßnahmen weitestgehend. Ohne sie führt kein Weg aus der Krise. Mit sinkenden Fallzahlen sind Lockerungen möglich. Es gilt in jedem Fall gut abzuwägen, denn jede Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen. Der Weg aus der Pandemie ist langwierig und fordert uns allen viel ab!
Hier die Langversion:
Die Corona-Pandemie stellt die Welt vor eine noch nie dagewesene Herausforderung. Sie kostete im vergangenen Jahr weltweit über 2 Millionen Tote. Rund 100 Mio. Menschen sind oder waren infiziert. Sehr viele Menschen leiden noch lange an den Folgen einer Infektion. Das Corona-Virus bringt selbst sie robustesten Gesundheitssysteme an den Rand des Kollapses, verschärft soziale Ungleichheiten und vernichtet wirtschaftliche Existenzen.
Angesichts des dramatischen Leids, den diese Pandemie für die Menschheit bedeutet, standen für uns von Anfang die Gesundheit und der Schutz der Bevölkerung im Vordergrund. Dabei halten wir die Auswirkungen verschiedener Maßnahmen, wie die zweitweise bzw. teilweise Schließung von Geschäften, Schulen und Pflegeinrichtungen, im Blick. Wir haben zugleich alles dafür getan, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie abzumildern.
Den dramatischen Verlauf der Pandemie in vielen Ländern der Welt haben wir durch konsequente Entscheidungen bisher abgewendet. Mit besonnenem und entschlossenem Handeln führt Ministerpräsident Winfried Kretschmann unser Land gut durch die Corona-Krise. Seine Landesregierung trifft mit Augenmaß die nötigen Maßnahmen. Alle Beratungen und Entscheidungen wissen wir bei ihm in guten Händen.
Aufgrund unserer Gesetzesinitiative ist Baden-Württemberg das einzige Bundesland, in dem die Infektionsschutzmaßnahmen auch unmittelbar durch das Parlament legitimiert sind. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass in einem Landespandemiegesetz festgelegt wird, dass alle Maßnahmen, die länger als zwei Monate dauern, die Zustimmung des Parlaments benötigen. Die Maßnahmen werden im Parlament transparent diskutiert, abgewogen und abgestimmt.
Die Maßnahmen unserer grün-geführten Landesregierung sowie das umsichtige Vorgehen der Bürger*innen waren im Frühjahr 2020 bereits erfolgreich. Ein exponentielles Wachstum der Infektionszahlen und eine Überlastung unseres Gesundheitssystems konnte verhindert werden. Dies hat Menschenleben gerettet!
Mit einer großen Kraftanstrengung und beispiellosen Investitionen haben in den vergangenen Monaten das Gesundheitssystem gestärkt und viele schlimmen Folgen der Pandemie aufgefangen. Das Land verfolgt eine zielgerichtete und äußerst effektive Teststrategie. Die Infrastruktur für Impfungen wurde in kürzester Zeit aufgebaut. Das Gesundheitssystem wurde in kürzester Zeit für die Krise gestärkt, die Zahl der Intensivbetten und Beatmungsplätze um ein Vielfaches gesteigert. Das Land hat in kurzer Zeit die nötigen Schutzartikel beschafft und verteilt. Derzeit investieren wir stark in ein Forum Gesundheitsstandort BW.
Die Betroffenen der Infektionsschutzmaßnahmen behalten wir im Blick. Das gilt besonders für Kinder und Familien. Von Anfang an haben wir eine Notbetreuung organisiert, an der wir festhalten - denn das Kindeswohl muss im Mittelpunkt stehen. Mit einem Soforthilfefonds unterstützen wir Frauen- und Kinderschutzhäuser sowie Fachberatungsstellen bei häuslicher und sexueller Gewalt. Zudem werden zusätzliche Schutzräume und regionale Ausweichquartiere geschaffen. Mit der Soforthilfe für Obdachlose unterstützen wir Stadt- und Landkreise finanziell, zusätzliche Räumlichkeiten für Obdachlose zu finden.
Der stark betroffenen Wirtschaft haben wir von Anfang an als eines der ersten Bundesländer mit schnellen und unbürokratischen Soforthilfen geholfen. In der Krise hat sich die solide Haushaltspolitik der grün-geführten Landesregierung ausgezahlt. Im Moment setzen wir uns dafür ein, dass die Überbrückungsmaßnahmen des Bundes schneller und unbürokratischer ausgezahlt werden. Wir unternehmen alles, um schnell und unbürokratisch Liquiditätsengpässe abzufedern und Arbeitsplätze zu schützen: Wir tragen dazu mit Direkthilfen sowie Programmen von L-Bank und Bürgschaftsbank bei.
Zudem haben wir mit einer Vielzahl von Hilfsprogrammen für bestimmte Branchen und Betroffene zielgenaue Hilfen auf den Weg gebracht: etwa mittelständische Unternehmen, die Kulturbranche, Studierende, das Gaststätten - und Hotelgewerbe, Startups, den öffentlichen Nahverkehr, Solo-Selbstständige und Kleinunternehmen, das Schaustellergewerbe, Behindertenwerkstätten, Veranstaltungs- und Eventbranche, Taxigewerbe, Kliniken sowie für Vereine & Ehrenamtliche.
Gerade für die Kleinsten im unserer Gesellschaft sind die sozialen Kontakte in den Kindertageseinrichtungen ein wichtiger Beitrag für eine positive Entwicklung. Der Präsenzunterricht ist insbesondere in der Grundschule durch Distanzangebote kaum zu ersetzen. So muss es unser Ziel sein, Kindern in ihrer prägendsten Phase die pädagogische Unterstützung zu geben, die sie benötigen. Aufgrund der derzeitigen Infektionszahlen und der bekannten Virusmutationen müssen die Einrichtung im Moment aber noch geschlossen bleiben. Wir sind mit der Kultusministerin im Gespräch, damit sie Konzept erarbeitet, wie eine schrittweise Rückkehr in die Schule ermöglicht wird, etwa durch Wechselunterricht zunächst nur in den untersten Klassen. Im Übrigen ist die Kultusministerin in der Pflicht, gerade für höhere Klassen endlich tragfähige Konzepte für digitalen Unterricht, Fernunterricht, Wechselunterricht und schrittweise Öffnungen vorzulegen.
Wir Grüne treten auch in der Corona-Krise für den Erhalt der Grundrechte und für die Einhaltung rechtsstaatlicher und verfassungsmäßiger Grundsätze ein. Diese sind mit dem Gesundheitsschutz in Einklang zu bringen. Alle Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie müssen und werden kontinuierlich auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüft.
Die Verunsicherung vieler Bürger*innen über die Einschränkung der Grundrechte und die Konsequenzen der Krise sind nachvollziehbar und sollten ernst genommen werden. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo andere durch egoistische oder unsachliche Ansichten gefährdet werden. Grundrechte gewähren nicht nur Freiheitsrechte, sondern sie geben den Bürgerinnen und Bürgern auch einen Schutzanspruch: Aus dem Recht zu Leben und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit in Art. 2 II des Grundgesetzes folgt die Pflicht des Staates tätig zu werden, wenn diese Rechte bedroht sind.
Unsere Rechtsordnung hat sich in dieser außergewöhnlichen Krise als leistungsfähig erwiesen. Wir haben außerordentlich schnell und erfolgreich auf die Herausforderungen des Corona-Virus‘ reagiert.
Jetzt gilt es, die zweite Infektionswelle möglichst klein und unser Gesundheitssystem weiterhin leistungsfähig zu halten.
Impfpflicht: Impfungen sind fundamental wichtig für den gesellschaftlichen Infektionsschutz und damit gesellschaftlich gelebte Solidarität. Daher sehen auch wir Impfungen gegen Covid-19 als essentielle Möglichkeit zur erfolgreichen Überwindung dieser Pandemiesituation. Unser langfristiges Ziel ist es, eine hohe Impfquote zu erreichen, um eine sogenannte Herdenimmunität zu erzeugen. Dabei ist mir wichtig, dass wir bei dem Einsatz von Impfstoffen auf Freiwilligkeit setzen. Auch unter Pandemiegesichtspunkten wollen wir an diesen Grundsatz festhalten. Wir lehnen eine Impflicht ab und sind überzeugt, dass diese auch weiterhin für den zuständigen Bundesgesetzgeber nicht in Betracht kommt.
Impfreisepass: Wie oben erläutert, ist es wichtig, dass wir eine möglichst hohe Impfquote erreichen, um eine gewisse Herdenimmunität zu erreichen. Erst wenn wir dies erreicht haben, ist es m.E. möglich viele Einschränkungen zu lockern. Solange der Impfstoff noch so knapp ist, dass nicht alle, die dies gerne möchten, sich impfen lassen können, halte ich die Einführung eines Impfpasses für problematisch und unsolidarisch.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Häffner