Frage an Peter Tauber von Günter L. bezüglich Recht
Warum haben SIE hier dagegen gestimmt? Das macht SIE für mich eigentlich "UNWÄHLBAR"! Was haben SIE denn zu verbergen? Wer FINANZIERT SIE im MKK?
Das sollte man "vor der WAHL" schon wissen!
Sehr geehrter Herr Lauke,
vielen Dank für Ihre Nachricht, die Sie mir über Abgeordnetenwatch.de haben zukommen lassen. Sie hätten sich auch direkt an mich wenden können, aber da Sie diesen Weg gewählt haben, bekommen Sie nun auch eine Antwort.
Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption ist von der Bundesrepublik am 9. Dezember 2003 unterzeichnet aber noch nicht ratifiziert worden. In der Diskussion steht eine Erweiterung des § 108e Strafgesetzbuch (Abgeordnetenbestechung), die aber höchst umstritten ist. Die Konvention spricht von "Amtsträgern" und hier liegt der entscheidende Punkt. Frei gewählte Abgeordnete sind keine Amtsträger, daher würde eine Ausweitung des § 108e Strafgesetzbuch über Sinn und Inhalt der Konvention hinausgehen.
Nach Art. 38 des Grundgesetzes sind Abgeordnete grundsätzlich frei und nur dem Gewissen unterworfen. Wir Abgeordnete unterliegen einer Vielzahl von Kontrollfunktionen: die Öffentlichkeit, der parlamentarischen Widerstreit von Regierungsfraktionen und Opposition als Form der gegenseitigen Kontrolle, Partizipation und Willensbildung in Parteien und Bevölkerung und auch Presse und Medien haben eine machtvolle Kontrollfunktion inne. Missstände können, ohne dass Repression befürchtet werden muss, benannt werden, und je nach Schwere haben sie auch außerhalb von Wahlen und gerichtlichen Verfahren unmittelbare Konsequenzen für denjenigen, der Fehlverhalten an den Tag legt. Unsere Gesellschaft verfügt über ausreichende unabhängige und öffentliche Institutionen und Instanzen, die auf Fehlverhalten aufmerksam machen und auch in strafrechtlicher Hinsicht bereits über vielfältige Möglichkeiten der Ahndung verfügen.
Fakt ist: Abgeordnetenbestechung ist längst strafbar. Es war die Regierung Kohl, die 1994 im 28. Strafrechtsänderungsgesetz Abgeordnetenbestechechung als eigenen Straftatbestand (§ 108e StGB) eingeführt hat. Die UN-Konvention gegen Korruption spricht in ihrem Vertragstext von Amtsträgern, die die Konvention in Art.2 2 a) i) definiert als : „Amtsträger“ (ist) jede Person, die in einem Vertragsstaat durch Ernennung oder Wahl, befristet oder unbefristet, bezahlt oder unbezahlt und unabhängig von ihrem Dienstrang ein Amt im Bereich der Gesetzgebung, Exekutive, Verwaltung oder Justiz innehat“. Abgeordnete sind jedoch keinen Amtsträger: Weder in unserem Rechtsverständnis, noch in der Definition der UN-Konvention. Es gibt Politiker, die ein öffentliches Amt bekleiden, wie bspw. Bürgermeister, Landräte, Minister und die Bundeskanzlerin. Aber eben keine Abgeordnete.
Abgeordnete und Amtsträger sollten nicht gleich behandelt werden, da sie nicht gleich sind. Amtsträger haben einen klar umrissenen Pflichten- und Aufgabenkreis, den sie weithin unbemerkt von der Öffentlichkeit im Wege von Einzelentscheidungen, also einzelnen Diensthandlungen, vollziehen. Abgeordnete treffen allgemeine Entscheidungen, die abstrakt-genereller Natur sind und für eine Vielzahl von Sachverhalten gelten. Und vor allem: Abgeordnete tun dies öffentlich. Schon allein deshalb lassen sich die Regelungen von Amtsträgern nicht einfach auf Abgeordnete übertragen.
Schon lange gibt es strenge Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages. So müssen Abgeordnete Geschenke über 200,- EUR dem Präsidenten des Deutschen Bundestages anzeigen. Wenn ich ein ausgehändigtes Gastgeschenk gegen Bezahlung des Wertes behalten möchte, stellt der Präsident den Wert fest. Nach Abzug des Betrages von 200,- EUR habe ich dann den ermittelten Gegenwert an die Bundeskasse zu entrichten.
Ich empfehle dringen die Reden des Kollegen Heveling und van Essen vom April diesen Jahres zu dem Thema. Hier der Link: http://dbtg.tv/fvid/2313753 . Auch die Anhörung zu den Gesetzesentwürfen der Opposition, die wir abgelehnt haben, hat ergeben, dass diese ungeeignet sind. Prof. Dr. Kyrill-Alexander Schwarz, der an der Universität Würzburg öffentliches Recht lehrt, wies alle drei Gesetzesinitiativen zurück, äußerte völkerrechtliche beziehungsweise verfassungsrechtliche Bedenken und erklärte, dass es sich im internationalen Vergleich in Deutschland um ein "Luxusproblem" handele. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum die verschiedenen Medien darüber nicht berichtet haben, denn eigentlich sollte man bei der Debatte sicher sein können, dass sie auf großes öffentliches Interesse stößt.
Fassen wir es kurz zusammen: Der Vertragstext schließt durch seine Definition Abgeordnete aus und Abgeordnetenbestechung steht in der Bundesrepublik seit 1994 unter Strafe. Während SPD, Grüne und Linke polemisieren, hat die CDU schon vor 19 Jahren gehandelt! Gleichwohl ist der Anspruch, wie wir sicherstellen, dass Bestechung und Korruption bekämpft werden, wichtig - auch bei Abgeordneten. Das bestreitet aber nach meiner Kenntnis niemand ernsthaft.
Sehr geehrter Herr Lauke, Sie können sich sicher sein, dass ich einem handwerklich guten, praktikablen und vor allem verfassungs- und strafrechtlich einwandfreiem Gesetzesentwurf zustimmen werde.
Mit besten Grüße
Ihr
Dr. Peter Tauber