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Peter Ramsauer
CSU
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Frage von Michael van den H. •

Frage an Peter Ramsauer von Michael van den H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Ramsauer,

vielen Dank für die ausführliche Beantwortung meiner Frage vom 16.04.09 bezgl. der Drucksache 15/337 vom 17.01.2003 "Sozialversicherungsabkommen usw."
In Ihrer Antwort sind mir einige Dinge aufgefallen, die ich in einer anderen Erinnerung habe, wie z.Bsp.:
- Ist es Wahr, daß die Deffinition Familie von Deutschland und der Türkei im Sozialversicherungsabkommen unterschiedlich angewandt wird? Wie z.B.: Familie in Deutschland; Vater, Mutter Kind(er) und in der Türkei: Die ganze Familie (Eltern, Großeltern, Tanten, Onkel, einfach die ganze Großfamilie usw.)
- Ist es Wahr, falls die türkischen, beitragsfrei versicherten Angehörigen in der Türkei nicht oder nur unzureichend versorgt werden können, mit einem Zuschuß der GKV nach Deutschland kommen können, um sich versorgen zu lassen?
- Ist es Wahr, daß auch andere Staaten, wie z.Bsp. die Nachfolgestaaten Jugoslawien, einschl. Kosovo, Albanien usw. diese Regelung geniessen?
- Mit welcher Höhe ist Deutschland mit all den o.g. Sozialversicherungsabkommen die es nach dem WKII eingegangen ist, finanziell belastet?
- Ist es nicht richtig, wenn ein deutscher Arbeitnehmer beruflich ins Ausland geht, er neben dem gesetzl. Krankenschutz über eine private Auslandskrankenversicherung zusätzlich versichert ist und somit Privat vorsorgen muss, da z.B. in der Türkei der Auslandskrankenschein u.U. nicht akzeptiert wird und die Bezahlung der med. Versorgung privat geleistet werden muss?

Bitte Beantworten Sie mir meine o.g. Fragen.

Vielen Dank für ihre Bemühung.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr van der Hirtz,

zu Ihren erneuten Fragen zum Krankenversicherungsschutz für Angehörige von in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländern aus bestimmten Ländern, mit denen Sozialversicherungsabkommen bestehen, nehme ich wie folgt noch einmal Stellung. Ich hatte Ihnen diese Antwort bereits im Februar 2008 zukommen lassen:

Wenn ein ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland gesetzlich krankenversichert ist, wird er ebenso behandelt wie ein deutscher Arbeitnehmer; d. h. er und seine Familienangehörigen haben die gleichen Leistungsansprüche. Wohnen die Familienangehörigen eines Versicherten im Ausland, kommt ein Leistungsanspruch zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur dann in Betracht, wenn für den ausländischen Staat die europäischen Verordnungen über Soziale Sicherheit gelten oder mit diesem ein bilaterales Abkommen über Soziale Sicherheit geschlossen wurde. Diese Regelungen beruhen auf Gegenseitigkeit.

Auf der Grundlage dieser Sozialversicherungsabkommen, die bis zur Aufkündigung durch einen der Vertragsstaaten gültig sind, erhalten in der Türkei oder im ehemaligen Jugoslawien (Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Serbien und Montenegro) lebende Familienangehörige eines in Deutschland krankenversicherten Arbeitnehmers im Krankheitsfall Leistungen der Krankenversicherung ihres Wohnsitzstaates. Die der Krankenversicherung des Wohnsitzstaates hierdurch entstehenden Kosten sind von der deutschen Krankenversicherung zu erstatten.

Rechtsgrundlage dieser Regelung sind im Verhältnis zur Türkei das deutsch-türkische Abkommen vom 30. April 1964 über Soziale Sicherheit und im Verhältnis zu Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Serbien und Montenegro das deutsch-jugoslawische Abkommen vom 12. Oktober 1968 über Soziale Sicherheit. Mit Kroatien und Slowenien sind 1997 entsprechende Nachfolgeabkommen geschlossen worden.

Derartige Regelungen entsprechen der allgemeinen Praxis sowohl des zwischenstaatlichen Sozialversicherungsrechts (hier die bilateralen Sozialversicherungsabkommen) als auch des überstaatlichen Sozialversicherungsrechts (EU-Regelungen über Soziale Sicherheit – VO (EWG) Nr. 1408/71). Sie haben ihren Grund darin, dass die Beiträge der Versicherten in aller Regel nicht nur der Abdeckung des eigenen Krankenversicherungsschutzes dienen, sondern zusätzlich auch der Abdeckung des Schutzes der nicht erwerbstätigen Familienangehörigen.

Um den Verwaltungsaufwand gering zu halten, erfolgt die Erstattung der Kosten durch die deutsche Krankenversicherung mittels kalenderjährlich zu vereinbarender monatlicher Pauschalbeträge pro Familie. Zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehören im Verhältnis zu den vorgenannten Vertragsstaaten regelmäßig die Ehefrau, sofern sie nicht selbst versichert ist, und die minderjährigen Kinder eines Versicherten. Geschwister eines Versicherten gehören nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis.

Eltern eines Versicherten mit Wohnsitz in der Türkei, Bosnien, Herzegowina oder in Serbien und Montenegro sind nur dann ausnahmsweise anspruchsberechtigt, wenn sie nicht ohnehin leistungsberechtigt nach den Rechtsvorschriften des Wohnsitzstaates aufgrund einer eigenen Versicherung oder der Versicherung einer anderen Person sind und wenn der Versicherte ihnen gegenüber unterhaltsverpflichtet ist. Insofern besteht hier in der Tat eine Ungleichbehandlung gegenüber den in Deutschland lebenden Eltern von GKV-Versicherten.

Allerdings können die Eltern, die die Voraussetzungen für eine Familienversicherung nach deutschem Recht nicht erfüllen, bei einem Besuch in Deutschland keine Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft zulasten der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen. In diesen Fällen gilt deutsches Recht. Anreize für einen denkbaren "Behandlungstourismus" für z.B. in der Türkei lebende Eltern von in Deutschland arbeitenden Kindern bestehen also nicht.

Im umgekehrten Fall, wenn z. B. ein deutscher Arbeitnehmer in der türkischen Krankenversicherung versichert ist und seine Familienangehörigen in Deutschland wohnhaft sind, erfolgt kein pauschales Abrechnungsverfahren. Der deutschen Krankenversicherung sind für die Betreuung der Familienangehörigen die im Einzelfall tatsächlich der GKV entstandenen Behandlungskosten von der türkischen Krankenversicherung zu erstatten.

Zu den Kosten dieses Verfahrens: Die vollständige Abrechnung der insgesamt von der GKV zu zahlenden Erstattungsleistungen für das Beispieljahr 2002 beliefen sich gegenüber der türkischen Krankenversicherung auf 12,462 Mio. €. Gegenüber den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien wurden 2,132 Mio. € erstattet.

Die deutsche Krankenversicherung hat also im Jahr 2002 für die Behandlung mitversicherter Familienangehöriger – sowohl Ehepartner und Kinder als auch Eltern der Versicherten – an die Krankenversicherungen in den genannten Staaten insgesamt 14,594 Mio. € überwiesen. Dies entspricht 0,001% der Leistungsausgaben der GKV in Höhe von 139,71 Milliarden € im Jahre 2002. Es ist nicht anzunehmen, dass sich diese Entwicklung seither verändert hat.

Zur Problematik der Sozialversicherungsabkommen möchte ich abschließend widerholt anmerken: Zwar können diese völkerrechtlich bindenden Abkommen mit der Türkei und den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien unter Beachtung einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass eine solche Maßnahme mit dem Ziel, die Regelungen über die Mitversicherung von im Heimatstaat lebenden Eltern zu ändern, weitreichende Auswirkungen hätte. Im Verhältnis zu diesen Staaten bedeutete dies einen vertragslosen Zustand im Bereich der sozialen Sicherung, der auch für deutsche Arbeitnehmer wesentliche Nachteile nach sich ziehen könnte.

So würden in diese Staaten von ihren Arbeitgebern vorübergehend entsandte deutsche Arbeitnehmer auch wieder der dortigen Sozialversicherungspflicht unterliegen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer hätten somit doppelte Beitragslasten in Deutschland und im Beschäftigungsstaat zu tragen. Weiterhin würde für in diese Staaten entsandte Arbeitnehmer einschließlich ihrer Familienangehörigen sowie für Touristen, die sich vorübergehend in diesen Staaten aufhalten, der Versicherungsschutz der deutschen Kranken- und Unfallversicherung nicht mehr bestehen. Sie würden damit im Falle der Erkrankung nicht mehr aushilfsweise medizinische Leistungen durch den Krankenversicherungsträger am Aufenthaltsort erhalten.

Schließlich ist bei einer Kündigung und Neuverhandlung der Sozialversicherungsabkommen zu erwarten, dass die Verhandlungspartner im Ausland auf eine Ablösung des für die deutsche GKV überaus kostengünstigen pauschalen Erstattungsverfahrens durch den Ersatz der tatsächlich entstandenen Kosten drängen werden. Eine solche Lösung wäre gegenüber dem derzeitigen Rechtsstand mit erheblichen Mehrkosten für die deutsche Sozialversicherung verbunden.

Mit freundlichen Grüßen
gez.

Dr. Peter Ramsauer

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