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Peter Ramsauer
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Frage von Dietmar N. •

Frage an Peter Ramsauer von Dietmar N. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Ramsauer,

einer Meldung von WELT ONLINE ( http://newsticker.welt.de/?module=dpa&id=19954284 ) entnehme ich, dass Sie künftig nicht nur die Staatsangehörigkeit, sondern auch die Herkunft von Tatverdächtigen in der Kriminalstatistik erfassen lassen wollen. Dazu habe ich einige Fragen, um deren Beantwortung ich Sie bitte:

1. Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse liegen Ihnen vor, die Sie dazu veranlassen zu glauben, dass der Migrationshintergrund eines Tatverdächtigen zu den - wie Sie es ausdrücken - "Wurzeln der Kriminalität" gehört?

2. Sind Sie nicht auch der Meinung, dass die von Ihnen gewünschte Erfassung des Migrationshintergrundes deutscher Staatsbürger in der Kriminalstatistik nur zu einer weiteren Stigmatisierung aller in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund führt, sonst aber keinen praktischen Nutzen hat?

3. Sind Sie nicht auch der Meinung, dass die Ursachen dafür, warum ein Mensch Straftaten begeht, ganz andere als die seines Migrationshintergrundes sind? Wenn nicht: Was ist Ihrer Meinung nach der Grund dafür, dass sämtliche Studien zu diesem Thema zu dem Schluss kommen, dass ein weitaus wesentlicheres Kriterium dafür, warum ein Mensch kriminell wird, dessen sozialer ist? Warum sprechen alle wissenschaftlich fundierten Untersuchungen davon, dass Deutsche ohne Migrationshintergrund unter vergleichbaren sozialen Bedingungen genauso häufig straffällig werden wie Menschen mit Migrationshintergrund?

4. Soll die von Ihnen vorgeschlagene Neuregelung nur für eingebürgerte Deutsche gelten, die im Ausland geboren wurden? Oder soll sie auch für die deutschen Staatsbürger mit Migrationshintergrund gelten, die in Deutschland geboren wurden und beispielsweise ein deutsches Elternteil haben? Wenn ja: Warum?

Mit freundlichem Gruß

Dietmar Näher

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Näher,

vielen Dank für Ihre Zuschrift auf „abgeordnetenwatch.de“ vom 03. Januar 2009, in der Sie sich mit der Erfassung des Migrationshintergrundes in der Polizeilichen Kriminalstatistik befassen. Ich möchte Ihnen erläutern, warum ich die Erfassung des Migrationshintergrundes in dieser Statistik für notwendig halte.

Die Polizeiliche Kriminalstatistik weist einen besonders hohen Anteil ausländischer Gewalttäter aus. Gerade bei der Gewaltkriminalität - darunter fallen Delikte wie Mord, Totschlag, gefährliche und schwere Körperverletzung - ist der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger besonders hoch: in 2007 betrug er 23,7% aller Tatverdächtiger und lag damit noch einmal höher als der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger an der Gesamtkriminalität, der 21,4% betrug. Aber auch bei der Gesamtkriminalität sind die nichtdeutschen Tatverdächtigen gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil - dieser beträgt nur 8,9% - deutlich überrepräsentiert. Selbst wenn man Delikte des Ausländer- und Asylrechts heraus rechnet - die naturgemäß vor allem von Ausländern begangen werden - liegt der Anteil der Nichtdeutschen an den Tatverdächtigen mit 19,0% im Jahr 2007 mehr als doppelt so hoch wie der Anteil nichtdeutscher Staatsangehöriger an der Bevölkerung in Deutschland.

Das Land Berlin erfasst speziell bei Delikten im Bereich der Jugendgruppengewalt seit dem 01. Januar 2002 über die Staatsangehörigkeit hinaus auch den Migrationshintergrund. Dabei hatten im Jahr 2006 insgesamt 44,7% der Tatverdächtigen in Berlin einen Migrationshintergrund. Im Bereich der so genannten Intensivtäter hatten nach einer Erfassung ebenfalls im Land Berlin für das Jahr 2004 insgesamt 79,7% der Täter einen Migrationshintergrund. Es ist im Übrigen überaus interessant festzustellen, dass es gerade das rot-rot regierte Berlin offenbar für nötig hält, jenseits der Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik auch den Migrationshintergrund zu erfassen.

Diese Befunde sind alarmierend, weil sie auf eine in weiten Teilen nicht gelungene Integration von Zuwanderern in Deutschland hindeuten. Nun ist dies selbstverständlich kein Anlass, um irgendwelche Pauschal- oder Generalverdächtigungen gegenüber Zuwanderern anzustellen. Darum kann es nicht gehen und geht es mir auch nicht. Wenn wir aber die Probleme, auf die diese Statistiken deutlich hinweisen, ernst nehmen und lösen wollen, müssen wir die Tatsachen unverstellt in den Blick nehmen, aus denen sich diese Probleme ergeben. Nur so kann die Politik zielgenaue Präventions- und Integrationskonzepte entwickeln, die Erfolg versprechend sind und die nicht zuletzt auch im Interesse der Zuwanderer selbst liegen. Dagegen ist niemandem geholfen, wenn man - wie es bislang leider nicht selten der Fall ist - die tatsächlich bestehenden Probleme im Bereich der Integration mit dem Hinweis auf den zurückgehenden Anteil der Ausländer in der Kriminalitätsstatistik zu relativieren sucht.

Aufgrund der durch Rot-Grün vorgenommenen Änderungen des Staatsbürgerschaftsrechts wurde der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erleichtert. Allein in den Jahren 2000 bis 2003 wurden über 660.000 in Deutschland lebende Ausländer eingebürgert. Dieser Prozess setzt sich weiter fort, mittlerweile sind seit dem Jahr 2000 eine Million vormaliger Ausländer in Deutschland eingebürgert. Hinzu kommen die in Deutschland geborenen Kinder und Jugendlichen, die nach der seit 01. Januar 2000 geltenden Rechtslage zusätzlich zur Staatsbürgerschaft ihrer Eltern die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen haben. Gegen die Einbürgerung als solche ist zwar im Grundsatz nichts einzuwenden. Allerdings kann die Einbürgerung nach meiner Auffassung kein Mittel zur Integration sein, sondern nur als Abschluss eines weitgehend bereits gelungenen Integrationsprozesses stehen. Lange Zeit war die Einbürgerung aber aus meiner Sicht gerade nicht an den Nachweis eines ausreichenden Integrationsniveaus geknüpft. Erst im Jahr 2006 haben die dafür zuständigen Innenminister der Länder eine alte Forderung von CSU und CDU aufgegriffen und einheitliche Einbürgerungsstandards eingeführt. Dazu zählen der Nachweis schriftlicher und mündlicher Deutschkenntnisse und ein abgeschlossener Integrationskurs, in dem staatsbürgerliche Grundkenntnisse vermittelt werden.

Vor diesem Hintergrund wird nachvollziehbar, dass es auch bei einer Reihe von bislang eingebürgerten Personen noch deutliche Integrationsdefizite geben kann. Eine besondere Belastung im Bereich der Kriminalität ist sehr häufig ein Ausdruck solcher Defizite. Wenn wir die Integration als politische Schlüsselaufgabe ernst nehmen, dürfen wir die Augen vor den Fakten nicht verschließen. Der laut Kriminalstatistik abnehmende Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen gibt in diesem Zusammenhang keinen wirklichkeitsgetreuen Überblick über die tatsächlichen Verhältnisse. Belastbare und aussagekräftige Daten sind aber eine Grundvoraussetzung dafür, dass bessere und zielgenaue Konzepte der Prävention und Integration erarbeitet werden können, um die Integrationsdefizite zu reduzieren.

Mit freundlichen Grüßen
gez.
Dr. Peter Ramsauer MdB

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