Frage an Peter Ramsauer von Gerold R. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Dr. Ramsauer,
Es wird viel über das Brandschutz-Gutachten zu Stuttgart 21 berichtet.
Es ist die Rede von gravierenden, "nicht genehmigungsfähigigen" Sicherheitsmängeln. Auch eine Diskussion im Drehscheibe-Forum weist auf ernste Probleme hin:
http://www.drehscheibe-foren.de/foren/read.php?113,6102183,page=all
Gerade bei einem "Jahrhundertprojekt" für den Bahnknoten einer Großstadt sollte natürlich eine besonders hohe Sicherheit gewährleistet sein. Es kann ja auch kam etwas geändert oder nachgerüstet weden: es ist kein Platz dafür vorhanden.
Gemäß dem Bundeseisenbahnverkehrsverwaltungsgesetz ist das Eisenbahnbundesamt (EBA) für die Eisenbahnaufsicht und die Bauaufsicht für Betriebsanlagen zuständig.
http://www.eba.bund.de/nn_205484/DE/EBA/Aufgaben/aufgaben__node.html?__nnn=true
Sie sind alleiniger "Eigentümer" der DB AG (Unternehmen im 100% Bundesbesitz) und gleichzeitig unterliegt das EBA ihren Weisungen und Ihrer Aufsicht.
Meine Fragen:
- Wurde das Gutachten veröffentlicht, wo kann man die Inhalte einsehen?
- Wie kann die Bahn unter diesen Bedingungen ein "Baurecht" haben? Müssen Planfeststellungsbeschlüsse nicht genehmigt oder bei wichtigen Änderungen wie z.B. Brandschutz erneuert werden? Müsste also jetzt nicht der PFA 1.1 zurückgezogen werden?
- Muss die Bahn nur die absoluten Mindestandards einhalten oder gilt der Stand der Technik?
- Der Bauauftrag wurde nach Inkrafttreten der neuen Vorschriften vergeben. Eigentlich hätte so nicht gebaut werden dürfen. Darf die Bahn jetzt einfach weiterbauen?
- Wer verantwortet (politisch) die Folgen, also verschwendete Steuergelder bis hinzu Unfalltoten wie z.B. in Kaprun?
Kurz: wäre es nicht an der Zeit den Weiterbau zu stoppen, zumindest bis Planungs- und Sicherheitsprobleme gelöst sind?
Herzlichen Dank, mit freundlichen Grüßen
Gerold, Rainer
Sehr geehrter Herr Rainer,
vielen Dank für Ihre Anfragen im Zusammenhang mit dem Brandschutz-Gutachten zu Stuttgart 21.
Im Planfeststellungsverfahren entscheidet das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) über die Grundlagen des Brandschutzes, also die bauliche Dimensionierung. Die Einzelheiten des Brandschutzkonzepts sowie die damit zusammenhängenden betrieblichen Regelungen bleiben der Ausführungsplanung vorbehalten. Die Bahn muss sich dabei unter anderem mit den Rettungsdiensten abstimmen.
Im Frühjahr 2010 wurden die Bemessungsregeln für die Brandschutznachweisführung in Personenverkehrsanlagen aktualisiert. Dabei haben das EBA, die Bahn sowie unabhängige Brandschutzsachverständige mitgewirkt. Bei der ursprünglichen Planfeststellung für „Stuttgart 21“, Abschnitt 1.1 konnte diese aktuelle Bemessungsbrandkurve noch nicht berücksichtigt werden. Bei der weiteren Planung ist das neue Regelwerk aber selbstverständlich zu berücksichtigen. Ich gehe davon aus, dass die Bahn das in Rede stehende Gutachten in Auftrag gegeben hat, um die Ausführungsplanungen auf Grundlage der neuen Bemessungsbrandkurve durchführen zu können. Das Gutachten liegt dem EBA jedoch nicht vor. Sollten aufgrund neuer Erkenntnisse über die bisherigen Brandschutzplanungen hinaus noch weitere Maßnahmen erforderlich werden, so sind diese in der Fortschreibung des bahnseitig zu erstellenden Brandschutzkonzeptes zu berücksichtigen. Ob im Ergebnis auch Planänderungen erforderlich werden, hängt von Art und Umfang der Maßnahmen ab.
Ergänzend ist anzumerken, dass es sich beim Projekt Stuttgart 21 nicht um eine Maßnahme der Bundesverkehrswegeplanung handelt, sondern um ein eigenwirtschaftliches Projekt der Deutschen Bahn AG. Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen sind Vorhabenträger und Bauherr. Das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart, der Verband Region Stuttgart und die Flughafen Stuttgart GmbH beteiligen sich als Aufgabenträger an der Finanzierung.
Der Bund übernimmt mit einem Festbetrag i.H.v. 563,8 Mio. € für das Projekt Stuttgart 21 den Anteil, der für die Einbindung der Neubaustrecke (NBS) Wendlingen - Ulm in den Knoten Stuttgart auch ohne Verwirklichung von Stuttgart 21 erforderlich gewesen wäre. Im Übrigen ist der Tiefbahnhof Stuttgart 21 nicht mit einem Schrägaufzug wie in Kaprun vergleichbar.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Dr. Peter Ramsauer