Frage an Peter Ramsauer von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Ramsauer!
Sie schreiben in Ihrer Antwort auf meine Frage, Zitat Herr Dr. Ramsauer:
"Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass die Deutsche Bahn AG eine selbständige Aktiengesellschaft ist und nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen in eigener unternehmerischer Verantwortung arbeitet.
Seit der Strukturreform 1994 wurde der Verantwortungsbereich und die Entscheidungskompetenz des Vorstandes der DB AG auf dem unternehmerischen Sektor erweitert und es wurde auf politische oder administrative Vorgaben an die Geschäftsführung verzichtet.(...)
Die Preisgestaltung (Höhe der Beförderungsentgelte) wird vom jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen in alleiniger unternehmerischer Verantwortung getroffen."
http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_peter_ramsauer-575-37884.html#questions
Ich empfinde Ihre Antwort als einen verkehrspolitischen Offenbarungseid:
Die deutsche Bahn AG kostet seit ihrem Start in 1994 den deutschen Staat jedes Jahr mind.
8 Milliarden Subvention und Förderung. Die Zuwendung betrifft Neu- und Ausbauprojekte sowie Investition und Betriebskostenzuschüsse für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), letztere zu einem großen Teil aus den Regionalisierungsmitteln gespeist, die in 2012 z.B. 7,1 Mill. Euro betrugen.
Frage 1:
Ist es nicht pervers, dass der deutsche Staat massiv für eine Deusche Bahn zahlt,
die sich aber laut Ihren Worten von diesem Staat wenig sagen lässt?
Frage 2:
Haben die Bürger/innen, die für diese Bahn zahlen, nicht ein Recht auf eine "Bahn für alle"?
Das Bündnis "Bahn für alle" wird Bahnchef Dr. Grube am 14.09.12 in Göttingen daran erinnern, dass in 10 Jahren die Bahnpreise um mehr als 30 % anstiegen, die Inflation dagegen nur um 15 %. Da die Bahn die Trassenpreise (Preise zum Benutzen der Gleise) um 34 % erhöhte, mussten Bundesländer Regionalzüge aus dem Fahrplan nehmen.
Frage 3:
Lässt Ihre Politik nicht einer Bahn freie Hand, die kundenfeindlich gegen die Bürger/innen agiert?
Viele Grüße, Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
vielen Dank für Ihre erneute Anfrage.
Ich kann Ihnen nochmals mitteilen, dass die Deutsche Bahn AG (DB AG) seit 1994 und gemäß Art 87e GG als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form geführt wird. Der Einfluss der Bundesrepublik Deutschland als Eigentümerin der DB AG folgt den Regelungen des Aktienrechts. Hiernach hat der Aktionär nur selten und zudem nur mittelbar Einfluss auf operative Maßnahmen des Unternehmens wie etwa die Festlegung der Bahn- und Trassenpreise. Im Fernverkehr wird die Preisgestaltung von der DB AG/DB Fernverkehr AG in alleiniger unternehmerischer Verantwortung getroffen. Im Regionalverkehr besteht die Besonderheit, dass regional aufgestellte Verkehrsbetriebe vor Ort die Leistungserbringung und Preisbildung in Zusammenarbeit mit Bestellern und Verbünden gestalten. Über die Einhaltung der Entgeltgrundsätze und Entgelthöhe bei den Trassenpreisen wacht zudem die Bundesnetzagentur in Bonn.
Es lässt sich aus den folgenden Gründen jedoch nicht sagen, dass sich die DB AG „von diesem Staat wenig sagen lässt“ oder dass meine „Politik einer Bahn freie Hand lässt“:
Gemäß § 76 Abs. 1 AktG leitet der Vorstand die DB AG unter eigener Verantwortung. Unmittelbare Einflussnahmen und Entscheidungen der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich Fragen der Geschäftsführung sind nur im Rahmen der Hauptversammlung zulässig und zwar nur dann, wenn der Vorstand dies verlangt (§ 119 Abs. 2 AktG).
Überwacht wird die Tätigkeit des Vorstandes durch den Aufsichtsrat. Dem Aufsichtsrat der DB AG gehören drei entsandte Bundesvertreter an, so dass der Bund über den Aufsichtsrat Einfluss auf die Tätigkeit des Vorstandes ausüben kann. Der Bund hat ebenfalls in den Aufsichtsräten der wichtigsten Beteiligungsunternehmen des DB-Konzerns eigene Vertreter. In vom Gesetz und der Geschäftsordnung des Vorstandes der DB AG vorgesehenen Fällen hat der Vorstand darüber hinaus vor Umsetzung bestimmter Maßnahmen die Zustimmung des Aufsichtsrates einzuholen.
Zu Ihrem Hinweis einer „Bahn für alle“ und zur Kundenfreundlichkeit der DB AG kann ich Ihnen mitteilen, dass die DB Fernverkehr AG ein dichtes Netz von über 700 täglichen Schienenverkehrsverbindungen in Deutschland pro Tag betreibt und überwiegend in Kooperationen rund 250 grenzüberschreitende Verbindungen anbietet. Die DB Fernverkehr AG befördert somit in ihren Zügen täglich rund 340.000 Kunden an ihr Ziel. Im Übrigen verfügt die DB Regio AG über ein weit verzweigtes Regionalverkehrsnetz und bietet Anschluss in Ballungsräumen und in der Fläche. Jährlich benutzen ca. 780 Millionen Fahrgäste das Angebot der Bahn im Regionalverkehr.
Für die Verbesserung der Kunden- und Qualitätsorientierung hat die DB AG bereits eine Vielzahl von Maßnahmen angestoßen. So hat die DB AG auf vielen Feldern (z.B. in der Fahrzeugverfügbarkeit, Kundeninformation und bei Investitionen in Modernisierung der ICE-Flotte) Fortschritte erzielt, sodass die Qualität im deutschen Schienenverkehr verbessert werden konnte.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Dr. Peter Ramsauer