Frage an Peter Ramsauer von Christian K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Minister Ramsauer,
Ihrer neuerlichen Forderung zur Einführung einer PKW-Maut zur Finanzierung von Straßenbauprojekten stehe ich mehr als skeptisch gegenüber. Sie melden einen Mehrbedarf von 3,1 Mrd. Euro pro Jahr an und sprechen dabei auch von Entlastungen deutscher Autofahrer.
Ein Szenario welches dabei immer wieder genannt wird ist der Wegfall der KFZ-Steuer. Ein, zugegebener Maßen, sehr vereinfachtes Rechenbeispiel zeigt die defiziete eines solchen Gedankenspiels. Bei ca. 42 Mio PKW in Deutschland, mit einem durchschnittlichen Hubraum von 2.000cm³, einem Verhältnis Benzin-PKW zu Diesel-PKW von 1:1 und nur Euro 4 Fahrzeugen ergäbe das, Einnahmen in Höhe von ca. 9,5 Mrd. Euro. Für all die Vereinfachungen der Rechnung erhöhen wir die Einnahmen um sagenhafte 50% was im Ergebnis ca. 14 Mrd € entspricht.
Bei einem Jahresvignattenpreis von 76,50€ für alle zugelassenen Fahrzeuge ergäbe das eine Finanzierungslücke von 10,75 Mrd. Euro pro Jahr. Um diese Finanzierungslücke zzgl. geschätzer 2% Verwaltungskosten zu schließen, müssten zusätzliche 144 Mio. Jahresvignetten pro Jahr verkauft werden.
Ich gebe zu das diese Rechnung sehr stark vereinfacht ist aber sie zeigt auch Schwachstellen in Ihren Gedankenspielen auf. Eine Lösung könnte eine geringe Pauschale auf die KFZ-Steuer sein mit der die Autobahnnutzung deutscher PKW abgegolten wird und für ausländische PKW eine Vignette. Dies würde zudem Kontrollen stark vereinfachen das so nur ausländische PKW kontrolliert werden müssten.
Des Weiteren stelle ich mir die Frage wie Sie sicherstellen wollen das die Einnahmen auch zu 100% dem Straßenbau zugute kommen und nicht, wie schon so oft, für andere Haushaltslöcher zweckentfremdet werden? Die Ökösteuer auf Kraftstoffe dient schließlich auch nicht zu 100% dem Ausbau erneuerbarer Energien, die Tabaksteuer dient zu Teilen der Terrorbekämpfung usw.
Hochachtungsvoll
Christian Kander
Sehr geehrter Herr Kander,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die Sie über abgeordnetenwatch.de an mich gestellt haben. In Ihrer Mail bringen Sie zum Ausdruck, dass Sie der Einführung einer Pkw-Maut zur Finanzierung der Bundesfernstraßenbauprojekte sehr skeptisch gegenüber stehen. Gern möchte ich Ihnen dazu den Sachzusammenhang erklären und damit auch meine Position verdeutlichen.
Es ist erfreulich für mich, dass zahlreiche Bürger zum Thema "Pkw-Maut" Vorschläge, Anregungen, Zustimmung aber auch Kritik oder Bedenken an das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung herantragen. Das Meinungsbild ist mir gerade zu diesem Thema sehr wichtig.
Die Wunschzettel für den Neu- und Ausbau von Bundesfernstraßen aus allen Regionen Deutschlands sind gut gefällt: 850 Ortsumgehungen, 1650 Kilometer Ausbau bestehender Autobahnen und 850 neue Autobahnkilometer stehen zum Beispiel darauf. Hinzu kommt der enorme Erhaltungsaufwand für unser Verkehrsnetz, der bei weiter zunehmenden Personen- und Güterverkehr stetig ansteigt. Für Investitionen in das Straßennetz sind im Haushalt derzeit rund fünf Milliarden Euro vorgesehen. Das ist viel Geld, reicht aber nicht, um die Substanz der Straßen zu erhalten und gleichzeitig notwendige Neu- und Ausbauprojekte zeitgerecht anzustoßen. Es gibt nahezu keinen Spielraum für neue Projekte, denn wir wollen für die Zukunft Mobilität erhalten und nicht verhindern.
Richtig ist, dass es "rund um das Auto" Steuern gibt. Steuern sind Einnahmen für die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen. Sie sind allerdings nicht zweckgebunden. Die nicht zweckgebundene Verwendung der Steuereinnahmen ergibt sich aus 3 (1) der Abgabenordnung, wonach Steuern Geldleistungen sind, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen. Grundsätzlich gehört die Mineralölsteuer und die Kfz-Steuer zu den bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern. Die Einnahmen, auch die Kfz-Steuer seit Juli 2009, fließen in den Bundeshaushalt und sind nicht zweckgebunden. Die Bereiche, aus denen der Staat seine Einnahmen bezieht, decken sich nicht mit den Bereichen, in denen Ausgaben notwendig werden. Deshalb dienen auch die "verkehrsspezifischen" Steuern (Mineralölsteuer/Kfz-Steuer), wie jede Steuer, der allgemeinen Erzielung von Staatseinnahmen und sind von vornherein nicht (allein) dazu bestimmt, die Ausgaben des Staates für Zwecke des Straßenbaus bzw. Erhaltsmaßnahmen zu decken. Über die konkrete Verwendung der Steuereinnahmen entscheidet der Haushaltsgesetzgeber, der Deutsche Bundestag.
Um aus diesem Finanzierungsdilemma zu entkommen, ist es notwendig, die Infrastrukturfinanzierung neu auszurichten. Das Motto der kommenden Jahre lautet: Erhalt und Modernisierung gehen vor Neubau. Hier ist in der Vergangenheit am falschen Ende gespart worden. Das Versäumte muss dringend nachgeholt werden. Bei Aus- und Neubau müssen wir weg vom Wünsch-dir-was. Das heißt: Es werden künftig klare Prioritäten gesetzt. Wir werden dort investieren, wo der Bedarf am größten und der Nutzen am höchsten ist. Und schließlich müssen wir eine offene Debatte darüber führen, wie wir zusätzliche Mittel für Erhalt, Aus- und Neubau bekommen.
Das einfachste wäre eine Aufstockung unseres Etats. Wenn es aber nicht möglich ist, die Milliardenlücke dadurch dauerhaft zu schließen, brauchen wir andere Finanzierungsquellen, etwa eine Art von Nutzerfinanzierung. Eine Pkw-Maut macht zum Beispiel dann Sinn, wenn unterm Strich etwas dabei herauskommt und die Einnahmen ungeschmälert direkt dem Verkehrsetat zu Gute kommen. Der Nutzen wäre für jeden Autofahrer sichtbar: Bedarfsgerechtere, sicherere, lärmärmere und umweltgerechtere Straßen.
Fakt ist: Zunächst muss einmal Klarheit über das ob einer Nutzerfinanzierung geschaffen werden.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Dr. Peter Ramsauer