Frage an Peter Ramsauer von Sascha K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Ramsauer,
aufgrund der immer genauer werdenden Atemalkohol-Messverfahren stellt sich für mich die Frage, warum der Gesetzgeber an einer Blutentnahme (§ 81 a StPO) zur Beweissicherung im Strafverfahren (beispielsweise bei einer Trunkenheitsfahrt gem. § 316 StGB) noch festhält.
Der Grundrechtseingriff ist durch die Blutentnahme (körperliche Unversehrtheit) um ein wesentliches erheblicher, als bei einem kurzen blasen in das Atemalkoholmessgerät (allg. Handlungsfreiheit).
Es ließen sich zudem Kosten für die Verwaltung und für den Beschuldigten einsparen, da die Geräte zur Beweissicherung im Ordnungswirdrigkeitenverfahren (bei Verstößen gegen § 24 a StVG) ja bereits vorhanden sind und regelmäßig gewartet werden.
Die Intention meiner Frage liegt nicht darin Gerätschaften anzupreisen, sondern ledigleich: Wie rechtfertigt der Gesetzgeber die "Erforderlichkeit" dieses Grundrechtseingriff, als mildestes, mögliches Mittel zur Beweissicherung im Strafverfahren. Sollte eventuell die bestehende Regelung aufgrund des neuen Stands der Technik überdacht werden?
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Kerner,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Alkohol-Messverfahren. Gerne möchte ich Ihnen dazu folgende Erläuterungen geben.
Der Vorschlag, der sich für die Einführung der Atemalkoholanalyse im Strafverfahren und einer entsprechenden Ergänzung des * 316 StGB ausspricht, ist in letzter Zeit eingehend diskutiert worden.
Bisher ist die Atemalkoholanalyse nur als Beweismittel im Bußgeldverfahren anerkannt. Für die Atemalkoholanalyse spricht hier insbesondere, dass sie einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit entbehrlich macht und vergleichsweise geringe Kosten verursacht. Demgegenüber wird von der strafrechtlichen Praxis eine erhebliche Erschwerung der forensischen Beweisführung befürchtet. Sie hat sich deshalb gegen eine teilweise Ersetzung der allseits anerkannten Blutalkoholanalyse durch die Atemalkoholanalyse ausgesprochen. Dem haben sich die Justizministerinnen und Justizminister auf ihrer 79. Konferenz im Juni 2008 angeschlossen und betont, die weitere Entwicklung des wissenschaftlichen Forschungstandes und die Debatte zur Beweistauglichkeit der Atemalkoholanalyse im Strafprozess aufmerksam beobachten zu wollen.
Der Arbeitskreis *Atem- und Blutalkoholmessung auf dem Prüfstand* des Deutschen Verkehrsgerichtstages 2009 äußerte sich zu dem Problem wie folgt:
*Die Atemalkoholanalyse kann die Blutalkoholanalyse bei der strafrechtlichen Ahndung von Alkoholfahrten nicht ersetzen.* Sie sei gegenwärtig - so die Empfehlung - kein geeignetes Beweismittel zur Feststellung sog. *absoluter* Fahrunsicherheit. Die Atemalkoholanalyse verfüge noch nicht über die gleiche wissenschaftliche Anerkennung wie die Blutalkoholanalyse. Insofern empfiehlt auch der Arbeitskreis zunächst unter Einbeziehung der Rechtsmedizin, der Justiz und der Polizei weitere umfassende Forschungsarbeit.
Ich hoffe, die meine Antwort auf ihre Frage hat Sie überzeugt.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Dr. Peter Ramsauer