Frage an Peter Ramsauer von Bettina S. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Dr. Ramsauer,
in einer Wahlwerbung steht:
"Eltern sollen selbst entscheiden können, wie sie Familie und Beruf vereinbaren."
Die Wirklichkeit sieht aber leider so aus, daß viele Arbeitgeber keine Teilzeitarbeit gestatten, oder eine Teilzeit anbieten, die es den betroffenen Elternteilen (vorwiegend Müttern) nicht ermöglicht die Arbeit mit den Öffnungszeiten der Kitas zu vereinbaren.
Mein Chef hat Teilzeit abgelehnt und ich habe mich auf das Teilzeit- und Befristungsgesetz gestützt und gegen meinen Chef geklagt. Das Gericht hat leider in zweiter Instanz meinem Chef recht gegeben. Dies nur, weil es in diesem Gesetz ein Schlupfloch gibt, welches den Firmen ermöglicht dieses Gesetz leicht zu umgehen.
In meinem Fall bedeutet dies, daß ich nun Vollzeit arbeiten muß oder ich bin arbeitslos.
Bei Vollzeit hab ich wiederum das Problem, daß ich nicht rechtzeitig den Kindergarten erreiche. In ländlichen Gegenden ist die Kinderbetreuung nicht so umfassend - viele Kindergärten schließen spätestens 16.30 (eine Folge des Buchungssystems) und Eltern von Schulkindern haben es noch schwerer (Ferien)
Was hat also Ihre Aussage, oder die Ihrer Partei, mit der Wirklichkeit zu tun?
Was wollen Sie tun um mehr Gerechtigkeit und Möglichkeiten für Eltern im Beruf zu erreichen?
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Schreiner
Sehr geehrte Frau Schreiner,
vielen Dank für Ihre E-Mail, die mich am 21. September 2009 erreichte.
Ich kann Ihre Enttäuschung darüber, dass die Durchsetzung Ihres Begehrens nach Teilzeitarbeit misslang, sehr gut nachvollziehen. Der Gesetzgeber hat zwei Gesetze zur Lösung des Problems geschaffen. Eine Regelung findet sich im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) und gilt nur während der Elternzeit, die zweite Regelung findet sich im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).
Beiden Regelungen zur Teilzeitarbeit ist gemeinsam, dass der Arbeitgeber dem Wunsch nach Teilzeitarbeit schriftlich widersprechen muss, wenn er nicht einverstanden ist. Versäumt er dies, gilt der Teilzeit-Antrag als genehmigt. Der Knackpunkt liegt bei beiden Gesetzen aber in den Ablehnungsgründen für den Arbeitgeber. Nach dem BEEG müssen im Erziehungsurlaub "dringende betriebliche Gründe" der Teilzeitarbeit entgegenstehen, nach dem TzBfG reichen "betriebliche Gründe", um einen Anspruch auf Teilzeitarbeit zu verhindern. Darüber, was ein betrieblicher Grund gegen Teilzeitarbeit ist und wann er dringend ist, kann man trefflich streiten. Im Zweifel entscheidet darüber das Arbeitsgericht.
Die bisherige Praxis hat aber gezeigt, dass der Teilzeitanspruch von den Arbeitsgerichten durchaus ernst genommen wird. Den Arbeitgebern wird einiger Aufwand abverlangt, um die gewünschte Teilzeitarbeit zu ermöglichen. Die Erfolgsquote bei der rechtlichen Durchsetzung von Teilzeitbegehren ist deswegen recht hoch. Besonders gilt dies für die Teilzeit in der Elternzeit / Erziehungsurlaub.
Sie fragen, was die Aussage, dass Eltern zu keinem Lebensmodell gedrängt werden sollen, das sie nicht wollen, mit der Wirklichkeit zu tun habe. Sie haben natürlich vollkommen Recht, dass die Verwirklichung dieses Grundsatzes entscheidend auch von mehr und besseren Betreuungsangeboten für die Kinder abhängt. Der Ausbau dieser geht leider nicht von heute auf morgen von statten. Er erfordert Investitionen in erheblichem Umfang. Wir haben aber mit den Ländern und den Kommunen vereinbart, für Kinder unter drei Jahren mit erheblicher finanzieller Unterstützung des Bundes bis 2013 ein bedarfsgerechtes Angebot zu schaffen. Danach gilt ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr.
Auch bei der Betreuung von Schulkindern, die ebenfalls in den Verantwortungsbereich der Bundesländer fällt, beteiligt sich der Bund am Ausbau des Ganztagsschulangebotes. Mit dem Ganztagschulprogramm fördert die Bundesregierung den bedarfsgerechten bundesweiten Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen. Dies können neue Ganztagschulen sein, die Schaffung zusätzlicher Plätze an bestehenden Ganztagsschulen oder die Weiterentwicklung von Ganztagsangeboten. Die Mittel können bis Ende 2009 in Anspruch genommen werden. Die Entscheidung, welche Schulen und Schulformen gefördert werden, sowie die inhaltliche Ausgestaltung und die Personalausstattung obliegen den Bundesländern.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Dr. Peter Ramsauer