Frage an Peter Ramsauer von Christian F. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Raumsauer,
1.
Aus der Union ist zu hören, dass wir die sichersten Kernkraftwerke weltweit haben. Wie begründen und quantifizieren Sie das ? Hier interessieren mich vor allem Vergleiche mit ausländischen Anlagen.
2.
Auch wird von der Union versichert, dass eine Laufzeit über 25 Jahre hinaus kein Sicherheitsrisiko bedeutet. Gibt es auf der Welt Kernkraftwerke, die älter als 25 Jahre sind, und die zeigen, dass ein so langer sicherer Betrieb möglich ist ? Oder wären wir hier mondiales Versuchskaninchen ?
3.
Derzeit sind weltwiet ca. 450 Kernkraftwerke in Betrieb, die ca. 15% des Strombedarfs liefern (falls ich richtig unterrichtet bin). Sollte das Hauptargument für weitere Kraftwerke greifen, nämlich weniger CO2-Ausstoss, so müssten doch wenigstens ca. 2.000 Kernkraftwerke hinzu kommen. Wie sind Ihre Berechnungen zur Reichweite der vorhandenen Uranvorräte ? Was sind Ihre Annahmen dabei ?
4.
Sie setzten dabei auf die 3. Generation von Kernkraftwerken. Was sind Ihre Annahmen dabei ?
5.
Wo sehen Sie zusätzlich benötigten Wiederaufbereitungsanlagen in Bau ?
6.
Kernkraftwerke produzieren grosse Mengen waffenfähiges Plutonium. Das darf natürlich nicht weltweit frei gehandelt werden. Wie ist Ihr Konzept, das verhindern soll, dass das Plutonium in die Hände von Extremisten und Terroristen gelangt ? Wie soll Ihrem Konzept zufolge der weltweite Uranhandel organisiert werden ?
7.
Wo sehen Sie die für Deutschland (und auch weltweit) notwendigen Endlager ?
7.1.
´Konrad´ ist leck. Was soll damit geschehen ?
7.2.
´Asse´ ist überaus fraglich. Wie soll es Ihrer Meinung damit weiter gehen ?
Speziell zu ´Asse´ :
Warum wurde das Gutachten nicht ordnungsgemäss ausgeschrieben sondern unter der Decke an die ´alten´ Gutachter vergeben, die schon einmal eindrucksvoll bewiesen haben, dass sie unfähig sind.
8.
Was würden Sie sagen, wenn man auf die Idee käme, das Endlager im Salzbergwerk Berchtesgaden anzulegen ?
Herzlich
Fiedler
Sehr geehrter Herr Fiedler,
vielen Dank für Ihre Fragen zum Thema Kernenergie.
Es gibt verschiedene Typen von Kernkraftwerken. In Deutschland sind nur Typen im Einsatz, die die höchsten Sicherheitsanforderungen erfüllen. Somit gehören die deutschen Kernkraftwerke zu den sichersten weltweit. Beispielsweise befindet sich in Deutschland kein einziger Reaktor des Typs, bei dem es in Tschernobyl zur Katastrophe gekommen ist.
Deutschland steht mit der Entscheidung von Rot-Grün für den Atomausstieg im Vergleich zu anderen Staaten sehr isoliert da. Die direkten Nachbarstaaten Deutschlands setzen weiterhin auf umweltschonende, kostengünstige Kernenergie. So hat z. B. die Schweiz ihren fünf Kernkraftwerken unbefristete Betriebsgenehmigungen erteilt. In den Niederlanden wurde die Betriebsgenehmigung von 40 auf 60 Jahren verlängert. In Tschechien sind Laufzeitverlängerungen in Planung. In Frankreich sind 59 Kernkraftwerke in Betrieb. Ein weiteres wird gebaut und geht 2012 ans Netz. Und auch die Slowakei erweitert derzeit ein Kraftwerk um zwei neue Blöcke. Belgien hat zwar den Beschluss gefasst, seine Kernkraftwerke nach 40 Betriebsjahren abzuschalten, allerdings nur unter der Bedingung, dass die Versorgungssicherheit nicht gefährdet werden darf.
Auch weltweit werden Kernkraftwerke neu gebaut, werden Laufzeiten verlängert und ursprüngliche Ausstiegsbeschlüsse revidiert. So hat z. B. Schweden seinen zehn Kernkraftwerken unbefristete Betriebsgenehmigungen erteilt. Der 1980 beschlossene Ausstieg aus der Kernenergie wurde bereits 1997 aufgehoben. In den USA wurden bereits für die Hälfte der über 100 Kernkraftwerke Anträge auf Verlängerung der Laufzeiten von 40 auf 60 Jahre genehmigt. Weitere Genehmigungsverfahren laufen. In Ungarn wurde die Betriebsgenehmigung für die vier Kernkraftwerke um mindestens 20 Jahre verlängert. Kanada hat abgeschaltete Kernkraftwerke wieder in Betrieb genommen und hat beschlossen, neue zu bauen. Finnland, Rumänien, Russland, Ukraine, Japan, China, Taiwan, Südkorea, Indien, Iran und Argentinien bauen neue Kernkraftwerke und planen den Bau weiterer Kraftwerke (z. B. China bis zu 40 Kernkraftwerke bis 2020 / Ukraine bis zu 11 Kernkraftwerke bis 2030). Italien, Großbritannien und Bulgarien haben ebenfalls beschlossen, neue Kernkraftwerke zu bauen.
Mit der Begründung, dass ohne Strom aus Kernkraftwerken das Problem der Erderwärmung nicht in Griff zu bekommen ist, wirbt die Internationale Energie-Agentur (IEA) für neue Kernkraftwerke weltweit.
Die CSU setzt sich sehr engagiert für eine nachhaltige, umweltfreundliche Energieerzeugung ein. Deshalb wollen wir die Erneuerbaren Energien ausbauen und den sparsamen und effizienten Umgang mit Energie fördern. Wie wichtig uns das Thema ist, können Sie daran ermessen, dass wir am 31. August 2009 erneut namhafte Experten zu einem Energiefachgespräch nach Berlin eingeladen und über das Thema Energieeffizienz diskutiert haben. Vor allem das Energiesparpotential im Bereich von Bestandsgebäuden ist enorm. Um die europäischen Energieeffizienzziele zu erreichen, brauchen wir in der kommenden Legislaturperiode eine Gebäudesanierungsoffensive. Zentrale Mittel hierzu sollen die Einführung einer Energie-Spar-Prämie und die Umsetzung eines Wärme-Contracting-Konzepts sein. Alle anwesenden Experten, einschließlich der Umweltverbände, haben unser Konzept einer Energie-Spar-Prämie begrüßt.
Eine sichere, preiswerte und ökologisch verträgliche Energieversorgung ist für den modernen Industriestandort Deutschland von höchster Bedeutung und schafft das Fundament für Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand und Arbeitsplätze.
Deshalb wollen wir eine Energiepolitik mit Vernunft und Augenmaß. Dazu gehört ein breit gefächerter Energiemix aus Biomasse, Wasser-, Wind- und Sonnenenergie sowie Erdöl, Kohle, Gas und Kernenergie. Jeder Energieträger hat seine Stärken, die wie nutzen wollen.
Ohne Kernenergie ist eine globale Lösung der CO2-Problematik derzeit leider nicht möglich. Mit Wind- und Solarenergie allein sind der drastisch steigende Energiebedarf und die weltweiten Klimaschutzziele nicht in Einklang zu bringen. Deshalb wollen wir, bis die Erneuerbaren Energien in der Lage sind, unseren Energiebedarf zu decken, noch die Kernkraft. Da für uns die Kernenergie eine Brückentechnologie ist, lehnen wir den Neubau von Kernkraftwerken ab.
Für uns ist ganz wichtig: Die Betriebsdauer der deutschen Kernkraftwerke wird sich ausschließlich an der Gewährleistung des größtmöglichen Sicherheitsniveaus jeder Anlage orientieren. Den größten Teil des zusätzlich generierten Gewinns aus der Laufzeitverlängerung wollen wir nach einer verbindlichen Vereinbarung mit den Energieversorgungsunternehmen zur Forschung im Bereich der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien sowie zur Senkung der Strompreise verwenden.
Sehr wichtig ist auch eine schnelle Lösung der Endlagerfrage. Ob Gorleben für die Endlagerung geeignet ist, kann nur festgestellt werden, wenn es seriös erkundet wird. Es ist reine Wahlkampfpolemik, wenn die SPD mit ständig neuen Ideen versucht, die seriöse Weitererkundung in Gorleben zu verhindern. Nachdem bereits über 1,5 Mrd. Euro für die Erkundung in Gorleben - zum größten Teil von den Energieerzeugerunternehmen - ausgeben wurde, gibt es keinerlei Hinweise dafür, dass dieser Standort nicht geeignet wäre. Niemandem ist geholfen, wenn wir grundlos weitere Milliarden an anderen Standorten "versenken" würden. Wir wollen endlich Klarheit. Deshalb setzt sich die Union für eine unverzügliche Fortsetzung der Erkundungsarbeiten ein.
Beim Thema Asse begrüße ich es, dass ein Untersuchungsausschuss in Niedersachsen eingesetzt wurde, der untersucht, was in den letzten Jahrzehnten wirklich in Asse passiert ist. Wir brauchen Gewissheit, was sich in Asse befindet und wer für welche Entscheidung verantwortlich ist. Gleichzeitig müssen wir zügig klären, wie es mit Asse weitergeht.
Oberste Priorität dabei ist: Keine Gefährdung für Mensch und Umwelt heute und in Zukunft!
Wir brauchen schnell ein Schließungskonzept für Asse. Man hat manchmal den Eindruck, dass Bundesminister Gabriel hier mit dem "Bummelzug" unterwegs ist. Dabei haben wir keine Zeit zu verlieren. Deshalb werden wir in der kommenden Wahlperiode schnellstens die Entscheidung für ein Schließungskonzept vorlegen.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Dr. Peter Ramsauer