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Peter Ramsauer
CSU
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Frage von Thomas S. •

Frage an Peter Ramsauer von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Abgeordneter,

schon seit geraumer Zeit fällt auf, dass der deutsche Staat, genauer: konservativ geführte Bundesländer (ihr Bundesland) nicht nur auf Autobahnen, sondern auch auf Landstraßen und in Städten den fließenden Verkehr mit Kameras überwacht.

Dies hat mittlerweile ein Ausmaß angenommen, welches ein sehr ungutes Gefühl bei vielen Bürgern hervorruft.
Ich bitte Sie daher folgende Fragen zu beantworten.

Welchem Zweck dienen die installierten Kameras?
Müssen es wirklich so viele sein?
Wo laufen die aufgenommenen Bilder zusammen?
a. Von wem werden diese inspiziert?
b. Wo werden sie gespeichert?
c. Wie lange werden sie gespeichert?
Wer hat außerdem noch Zugriff auf die gespeicherten Informationen?
Wie hoch sind die Kosten für die Anschaffungs- und Installationsmaßnahmen?
d. Pro Stück ?
e. Insgesamt in ihrem Bundesland ?
Wie hoch sind die laufenden Kosten für
f. Instandhaltung („technische Kosten“)
g. Überwachung (Personal, EDV, Auswertung) „personelle / politische Kosten“
Falls die Kameras für die Öffentlichkeit nur mit dem Argument der Verkehrssicherheit legitimiert werden:
h. Wie viele Unfälle konnten damit aufgeklärt werden, die ohne die Kameras nicht hätten aufgeklärt werden können?
i. Wurden Unfälle dadurch verhindert?
Inwieweit werden am Speicherort der Daten oder durch andere Zugriffsmöglichkeiten Bewegungsprofile erstellt?
Inwieweit ist das Erstellen dieser Profile – unabhängig davon, ob es gemacht wird oder nicht – möglich und welche Personen haben die Möglichkeit [legal oder illegal]?

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Stöhr,

bei der von Ihnen angesprochenen Überwachung des fließenden Verkehrs mit Kameras handelt es sich um die automatisierte Erfassung von Kfz-Kennzeichen. Es geht hier um eine Frage des Polizeirechts, die in der alleinigen Verantwortung der Bundesländer liegt. Ich bitte Sie deshalb um Verständnis, dass es mir als Abgeordnetem des Deutschen Bundestages nicht möglich ist, Ihnen Auskunft zu allen, zum Teil sehr detaillierten Fragen zu erteilen, so etwa zu den Anschaffungs- und Instandhaltungskosten für die eingesetzten Kameras. Fragen dieser Art könnte allein die jeweilige Landesregierung gegenüber den zuständigen Gremien - somit dem Landtag und seinen Ausschüssen - beantworten. Die Formulierung von Fragen dieser Art gehört zum klassischen parlamentarischen Frage- und Auskunftsrecht gegenüber der Regierung, das bei dieser Materie allein den Abgeordneten im jeweiligen Landtag zusteht. Mir als Abgeordnetem des Deutschen Bundestages ist es nicht möglich, die entsprechenden Informationen von der Landesregierung zu erfragen. Sollten Sie deshalb weitere Auskünfte wünschen, könnte es sich möglicherweise empfehlen, die entsprechenden Fragen an die Bayerische Staatsregierung zu richten.

Sehr gerne will ich aber ganz grundsätzlich zur automatisierten Kfz-Kennzeichenerfassung Stellung nehmen. Es ist richtig, dass die Polizei in mehreren Bundesländern, darunter auch in Bayern, die gesetzliche Möglichkeit zur automatischen Kennzeichenerfassung hat. Dabei geht es nicht um die Verhütung von Unfällen im Straßenverkehr. Die automatisierte Erfassung darf vielmehr nur für Aufgaben der polizeilichen Gefahrenabwehr erfolgen. Die Regelung im bayerischen Polizeirecht berücksichtigt dabei sehr genau die Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 11. März 2008 zum schleswig-holsteinischen und zum hessischen Polizeirecht aufgestellt hat. So enthält das bayerische Recht die vom Bundesverfassungsgericht verlangten sehr detaillierten Vorgaben über die Voraussetzungen und den zulässigen Zweck der Nutzung der so erhobenen Daten.

Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich festgehalten, dass die bloße automatisierte Kennzeichenerfassung als solche überhaupt keinen Eingriff in ein Grundrecht darstellt, wenn der unverzüglich durchgeführte Abgleich mit dem polizeilichen Fahndungsbestand negativ ausfällt, die Daten anonym bleiben und sofort gelöscht werden. Diese Voraussetzungen sind im bayerischen Polizeirecht gewahrt.

Eine generelle, flächendeckende Kennzeichenerfassung ist nach bayerischem Recht ganz ausdrücklich unzulässig. Auch dies entspricht exakt den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Die erhobenen ("gescannten") Daten werden nicht etwa in ihrer Gesamtheit gespeichert oder gar an irgendwelche staatlichen Stellen übermittelt. Vielmehr ist allein ein automatisierter Abgleich der Kennzeichen mit bestimmten polizeilichen Fahndungsbeständen zulässig. Das bedeutet: Die erhobenen Daten werden nicht von Polizeibeamten oder sonstigen staatlichen Stellen gesichtet, sondern zunächst lediglich automatisiert nach der Treffer-/Nicht-Treffer-Methode mit bestimmten existierenden polizeilichen Datenbeständen abgeglichen - namentlich vor allem mit den Datenbeständen über gestohlene Kraftfahrzeuge oder Kennzeichen sowie über Personen, die zur polizeilichen Beobachtung oder aus Gründen der Strafverfolgung oder Strafvollstreckung erstellt wurden. Ein Datenabgleich etwa aus Gründen der Verkehrssicherheit oder der Verhinderung von Verkehrsunfällen ist nicht zulässig.

Nur wenn beim Abgleich mit den bestehenden polizeilichen Datenbeständen ein "Treffer" gelandet wird - also eine Übereinstimmung mit einem in diesen Datenbeständen vorhandenen Datensatz festgestellt wird - darf die Aufnahme überhaupt gespeichert werden. In allen anderen Fällen müssen die Daten unverzüglich gelöscht werden. Soweit Kfz-Kennzeichen - bei einem "Treffer" - gespeichert und genutzt werden dürfen, darf dies nur so weit und so lange geschehen, wie es im konkreten Einzelfall zur polizeilichen Gefahrenabwehr oder für Zwecke notwendig ist, zu denen die Fahndungsbestände errichtet wurden. Liegen diese Voraussetzungen nicht mehr vor, muss die jeweilige Aufnahme unverzüglich gelöscht werden. Nach dem bayerischen Polizeirecht müssen außerdem alle zunächst zulässigerweise gespeicherten Kennzeichen in regelmäßigen Abständen daraufhin überprüft werden, ob die Voraussetzungen für die Speicherung inzwischen entfallen sind. Eine Speicherung oder Nutzung "auf Vorrat" ist damit eindeutig unzulässig. Unzulässig wäre auch die Erstellung irgendwelcher Bewegungsprofile aus einzelnen Kennzeichenerfassungen; anders ist dies nur bei Personen, die zur polizeilichen Beobachtung oder gezielten Kontrolle ausdrücklich ausgeschrieben sind, wo es gerade der Sinn des Datenabgleichs ist, durch die Verbindung der Daten zur Auffindung dieser Personen beizutragen.
Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich nicht in der Lage bin, Ihnen die Frage zu beantworten, ob und inwieweit zu irgendeinem Zeitpunkt durch irgendjemanden unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften - also illegal - aus solchen Daten Bewegungsprofile erstellt wurden. Mir ist jedenfalls kein solcher Fall bekannt. Ich habe selbstverständlich keinerlei Anlass daran zu zweifeln, dass sich die bayerische Polizei in vollem Umfang an die gesetzlichen Vorschriften hält.

Die bayerischen gesetzlichen Vorschriften zur Kennzeichenerfassung erfüllen somit einen hohen datenschutzrechtlichen Standard und alle einschlägigen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Materie. Ich bin deshalb davon überzeugt, dass die polizeiliche Kennzeichenerfassung in Bayern auf einer rechtlich einwandfreien Grundlage stattfindet. Nach Einschätzung der polizeilichen Praktiker hat sich die automatisierte Kennzeichenerfassung als sehr hilfreich für die Kriminalitätsbekämpfung erwiesen. Diese polizeiliche Ermittlungsmethode findet deshalb unter den rechtsstaatlich einwandfreien Voraussetzungen, unter denen sie in Bayern durchgeführt wird, meine Unterstützung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Peter Ramsauer MdB

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