Frage an Peter Nürnberger von Wolfgang K. bezüglich Verkehr
Straßenbau und Abwasserentsorgung gehören zur öffentlichen Daseinsvorsorge und sind damit gesamtgesellschaftliche, aus Steuermitteln zu finanzierende Aufgaben.
Für die Umsetzung ist eine Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und der Thüringer Kommunalordnung erforderlich. Eine Mindestforderung wäre die Änderung des
§ 54 Abs. 2 ThürKO (Einnahmebeschaffungsgrundsatz) nach dem Beispiel des Freistaates Sachsen von einer Soll- in eine Kannbestimmung, wonach die Kommunen über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen selbst entscheiden können.
Hier unsere Fragen:
1. Werden Sie sich als Landtagsabgeordnete/r für die Abschaffung der Herstellungsbeiträge für Entwässerungseinrichtungen sowie der Straßenausbaubeiträge einsetzen und aussprechen?
2. Werden Sie sich nach dem Beispiel des Freistaates Sachsen als Minimalforderung für eine
Änderung der entsprechenden Gesetze einsetzen und aussprechen, wonach die Kommunen über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen selbst entscheiden können?
3. Werden Sie sich auch als kommunale/r Mandatsträger, vorausgesetzt Straßenausbaubeiträge müssen von den Kommunen nicht mehr erhoben werden, in Ihrem/n Kommunalparlament/en für die Aufhebung der Satzung zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen einsetzen und aussprechen?
4. Werden Sie sich auch als Kommunalpolitiker, vorausgesetzt das ThürKAG sowie die anderen Gesetze und Bestimmungen werden nicht geändert, für die Abschaffung der Herstellungsbeiträge für Entwässerungseinrichtungen und die Einführung einer Gebühren- oder Entgeltfinanzierung in Ihrem zuständigen Zweckverband oder Unternehmen einsetzen und aussprechen?
Gern können sie zu den Antworten mit Ja oder Nein noch einen Kommentar hinzufügen.
Wir bitten um eine Beantwortung bis zum 08. August 2009.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Kleindienst
Vorsitzender BIRSO
Kastanienallee 4a; 07381 Pößneck
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Sehr geehrter Herr Kleindienst,
Vielen Dank für Ihre Fragen. Die Beitragsproblematik ist ein sehr komplexes Thema. In Thüringen herrscht hier wie in anderen Bereichen auch, ein durch die Landesregierung verursachtes Chaos.
Hier die Antworten auf Ihre Fragen:
1. Ja. Wir befürworten im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung, daß die Kommunen selbst darüber befinden, ob sie Ausbau- oder Herstellungsbeiträge erheben oder nicht. Wir würden deren Abschaffung befürworten. Grundsätzlich ist aber anzumerken, daß viele Kommunen aufgrund der desolaten Finanzlage schlichtweg nicht in der Lage sind, auf die Beitragserhebung zu verzichten. Deshalb drängt es um so mehr, eine Novellierung des Kommunalen Finanzausgleichs voranzutreiben. Und zwar dahingehend, das nicht die Ist-Ausgaben der Kommunen als Berechnungsmaßstab herangezogen werden, sondern die Soll-Ausgaben. Das Land muß die Finanzausstattung der Kommunen derart gestalten, daß diese vollumfänglich in der Lage sind notwendige Aufgaben zu erledigen und Beiträge und Gebühren teilweise abzuschaffen und andererseits in sozialverträglicher Höhe zu gestalten.
Erschließungsbeiträge fallen unter das Baugesetzbuch und sind daher Bundesrecht. Den darin gegebenen Handlungsspielraum sollten die Kommunen zugunsten der Beitragspflichtigen ausschöpfen.
2. Ich verweise auf meine Antwort zu Frage 1. Wir Nationaldemokraten beharren auf dem verfassungsrechtlich garantierten Recht der kommunalen Selbstverwaltung. Es müßte darauf hingewirkt werden, daß der Ausbau kommunaler Infrastruktur nicht zulasten der Bürger fällt, welche ohnehin durch Steuerabgaben Kommunen, Land und Bund Finanzmittel, insbesondere für diese Aufgaben, bereitstellen.
3. Grundsätzlich Ja. Eine solche Entscheidung ist aber auch von der Finanzkraft der Kommune abhängig. Es würde sicherlich auf Widerstand der Kommunalaufsicht bzw. des Landesverwaltungsamtes stoßen, wenn eine hoch verschuldete Kommune wie bspw. die Stadt Hirschberg vollständig auf die Erhebung von Beiträgen verzichten würde.
4. Selbstredend: Das für alle Grundrechtseingriffe (auch Erhebung von Abgaben) geltende Übermaßverbot i.S.d. Verhältnismäßigkeitsprinzips muß dem Bürger durch die Wahl des "mildesten Mittels" einen unverhältnismäßigen Eingriff in elementare Eigentumsrechte ersparen. Dies bedeutet in diesem Fall, die für den Bürger wirtschaftlichste Variante vorzuhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Nürnberger