Frage an Peter Liese von Ines R. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr. Peter Liese,
in der EU wurden bisher die Bemühungen zur Kennzeichnung von hohen Zuckergehalten in Lebensmitteln zur Unterscheidung von gesünderen Lebensmittel blockiert. Wir Verbraucher haben nicht die Möglichkeit schnell und einfach ungesunde Lebensmittel zu finden, da oft irreführende Werbung geführt wird.
Die EU möchte nun weiter deregulieren und das Nährwertprofil der WHO nicht weiter verfolgen.
Werden Sie sich gegen die Abschaffung der Nährwertprofile in der Health-Claims-Verordnung (gegen Punkt 47 der REFIT-Resolution "Regulatory Fitness and Performance Programme (REFIT): state of play and outlook") einsetzen?
Setzen Sie sich dafür ein das Lebensmittel in Zukunft gut gekennzeichnet werden?
Vielen Dank für Ihre kurze Rückmeldung
Sehr geehrte Frau R.,
haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben bezüglich der nährwertbezogenen Kennzeichnung von Lebensmitteln, insbesondere durch die sogenannten Nährwertprofile.
Bürgerinnen und Bürgern eine bewusste Entscheidung über ihre Ernährung durch gute Kennzeichnungen und Information von Lebensmitteln zu ermöglichen, ist mir als Arzt und gesundheitspolitischer Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten) ein wichtiges Anliegen. Selbstverständlich setze ich mich dafür ein, dass auch zukünftig aussagekräftige Informationen zu den Nährwerten eines Lebensmittels auf diesem zu finden sein werden.
Aus diesem Grund habe ich vor wenigen Jahren intensiv an der EU-Lebensmittelinformationsverordnung mitgearbeitet. Diese schreibt ab Dezember 2016 endgültig die verpflichtende Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln vor. Damit Verbraucherinnen und Verbraucher mit Hilfe dieser Kennzeichnung Produkte verschiedener Hersteller vergleichen und auf einen Blick erkennen können, wieviel Zucker, Salz, Fett, Kalorien etc. in einem Produkt enthalten sind, müssen die Nährwertangaben immer pro 100g bzw. 100ml des Produktes gemacht werden. Darüber hinaus haben wir in der Lebensmittelinformationsverordnung ein detailliertes Verbot irreführender Werbeaussagen geregelt.
In Übereinstimmung mit der Mehrheit meiner Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament bin ich jedoch der festen Überzeugung, dass diese Form der nährwertbezogenen Angaben den sogenannten Nährwertprofilen vorzuziehen ist, und möchte Ihnen auch meine Gründe dafür erläutern. Nährwertprofile würden Lebensmittel nach dubiosen Kriterien pauschal in "gut" oder "schlecht" unterteilen. Nach den ersten Plänen der Europäischen Kommission zu den Nährwertprofilen wären etwa Vollkornbrot und frischgepresster Orangensaft wegen ihres Salz- bzw. Zuckergehalts als ungesund und damit als "schlecht" eingruppiert worden. Als gesundheitsbewusster Mensch werden Sie mir zustimmen, dass das in der Pauschalität nicht akzeptabel ist. Schließlich ernährt sich niemand ausschließlich von einem Produkt. Entscheidend ist vielmehr die Gesamternährung und zu der sollte auch Vollkornbrot und frischgepresster Orangensaft gehören. Meiner Meinung nach spricht daher Vieles für eine ausführliche Information über ein Lebensmittel. Diese sollte jedoch nicht in Form einer pauschalen Gut-Schlecht-Kategorisierung erfolgen.
Ich begrüße daher, dass sich das Europäische Parlament am vergangenen Dienstag mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen hat, die sogenannten Nährwertprofile abzuschaffen. Gleichzeitig möchte ich Ihre Sorge, dass Verbrauchern damit die Möglichkeit genommen wird, ungesunde Lebensmittel schnell und einfach zu erkennen, beruhigen. Diese Möglichkeit wird weiterhin dadurch gegeben sein, dass die Nährwerte eines jeden Lebensmittels ab Dezember 2016 in gut lesbarem Format auf diesem vermerkt sein müssen und irreführende Werbung nicht länger zulässig ist.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen konnte. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit besten Grüßen
Ihr
Dr. Peter Liese