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Peter Liese
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Frage von Daniel M. •

Frage an Peter Liese von Daniel M. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Dr. Liese!

Sie haben am 27.10.2015 den "Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union" zugestimmt und die Änderungsanträge abgelehnt.

Am Tag danach publizierte der Telekom-Chef bereits einen Artikel auf der Firmenwebseite, wie die Telekom zukünftig Firmen für "gute Übertragungsqualität" zur Kassen bitten will: eine "Umsatzbeteiligung von ein paar Prozent" und zwar für eine ganze Menge an Diensten: "Das fängt bei Videokonferenzen und Online-Gaming an und geht über Telemedizin, die automatisierte Verkehrssteuerung und selbststeuernde Autos bis zu vernetzten Produktionsprozessen der Industrie." - die ersteren sind dabei inzwischen selbstverständlich.

Die Firmen, die zur Kasse gebeten werden, werden diese Kosten natürlich weiterreichen.

Ist es das, was Sie wollten? Das Internet in der Form, wie wir es kennen abschaffen und selbst vor inzwischen alltäglichen Diensten Bezahlschranken errichten? Vielen Dank!

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 22.10.2015 bezüglich des EU-Gesetzesentwurfs zum Thema Netzneutralität. Ich freue mich immer, wenn sich Bürger mit Fragen oder Kritik zu europabezogenen Fragen an mich wenden. Ich kann ihre Aufregung verstehen, berichtet doch der Telekom-Vorstandsvorsitzende Timotheus Höttges in seinem Artikel über weitreichende Internetdienste wie Online-Gaming, Videokonferenzen oder Telemedizin, die in Zukunft möglicherweise als Spezialdienste gelten könnten. Mit nachstehenden Informationen hoffe ich, Ihnen ihre Sorgen etwas nehmen zu können, indem ich Ihnen genau darlege, inwieweit Spezialdienste in der nun vom Europäischen Parlament und vom Rat beschlossenen Telekommunikationsverordnung Erwähnung finden, und welche Regeln für diese gelten. Zunächst einmal kann ich Ihnen versichern, dass das Europäische Parlament und der Europäische Rat das Internet, wie wir es kennen, nicht "abschaffen". Ganz im Gegenteil: In vielen Mitgliedstaaten wie zum Beispiel in Deutschland gab es bisher keinerlei Regelungen zum Thema Netzneutralität. Diese wurde nun auf europäischer Ebene erstmals festgeschrieben. Zwar wird der Begriff „Netzneutralität“ in der Verordnung nicht wörtlich erwähnt, dennoch ist der Grundsatz der Netzneutralität, wie vom Europäischen Parlament in den Verhandlungen mit dem Rat gefordert, im Text verankert. Der Artikel 3 (3) der Verordnung sieht vor, dass der gesamte Datenverkehr beim Anbieten von Internetzugangsdiensten gleich und ungeachtet von Sender, Empfänger, Inhalt und Art des Dienstes behandelt werden soll. Ein Datenverkehrsmanagement darf nur aus technischen Gründen erfolgen. Es muss transparent und nicht diskriminierend erfolgen und darf nicht länger als aus technischen Gründen notwendig dauern. Ein Verkehrsmanagement aus kommerziellen Gründen ist verboten (Art. 3 Abs. 3 S. 3).

Spezialdienste sind insoweit limitiert, dass

• zusätzlich zu angebotenen Internetzugangsdiensten ausreichend Kapazität für deren Betreiben vorhanden sein muss,
• darzulegen ist, warum eine Optimierung im Sinne einer besonderen Dienstqualität erforderlich ist, wobei das Europäische Parlament die Durchführung eines Erforderlichkeitstests bei den nationalen Regulierungsbehörden für zwingend erachtet,
• es nicht gestattet ist, Spezialdienste als Ersatz für Internetzugangsdienste anzubieten und
• sie die "generelle" Qualität des Internetzugangsdienstes nicht beeinträchtigen dürfen (Art. 3 Abs. 5).
Die von Ihnen erwähnten Vorhaben der Telekom zum Anbieten von Spezialdiensten unterliegen natürlich ebenfalls diesen Beschränkungen. Die Zulässigkeit von Spezialdiensten wird zunächst von den nationalen Regulierungsbehörden sowie der Europäischen Regulierungsbehörde BEREC (Body of European Regulators of Electronic Communications) geprüft und soll restriktiv erfolgen. Außerdem müssen die nationalen Regulierungsbehörden die Einhaltung der Netzneutralität aus Art. 3.3 sowie die Einhaltung der Regeln für Verkehrsmanagementmaßnahmen überwachen und die Verfügbarkeit eines nicht diskriminierenden Internetzugangs sicherstellen. Hierfür können die nationalen Regulierer technische Qualitätskriterien festlegen (wie zum Beispiel Mindestübertragungsgeschwindigkeiten), die auch dem aktuellen Stand der Technik Rechnung tragen müssen (Art. 4, Abs. 1). Die Up- und Downloadgeschwindigkeiten von Internetzugangsdiensten werden kontrolliert (Art. 4 3 d) und die Mitgliedstaaten sollen ein Strafregime bei Verstößen gegen diese Verpflichtungen etablieren (Art. 5). Das Europäische Parlament hatte sich für eine stärkere Definition des Begriffes Netzneutralität in der Verordnung eingesetzt. Da die Telekommunikationsordnung leider nicht in Einzelteilen angegangen wurde, sondern als Gesamtpaket geschnürt wurde, war es leider nicht möglich, dies in den Verhandlungen mit dem Rat durchzusetzen. Bedauerlicherweise waren die Mitgliedstaaten nicht bereit, unseren Forderungen weiter entgegenzukommen, sonst hätten wir auf die Abschaffung der Roaming-Gebühren möglicherweise verzichten müssen. Dennoch ist das Telekom-Paket ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Schaffung eines digitalen Binnenmarktes in Europa. Durch das Ende der Roaming-Gebühren und die Schaffung eines offenen Internets wird Europa zu einem wirklich vernetzten Kontinent.

Ich hoffe Ihnen damit ausführlich geantwortet zu haben. Für Rückfragen stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Dr. Peter Liese

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