Frage an Peter Liese von Sven H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Liese,
ich (und viele andere Dampfer) verfolgen sehr interessiert die "Meinungsbildung" der Abgeordneten des EU-Parlaments und wir alle sind sehr verwundert über die Auswahl der Experten. Genau dies ist eines der Probleme und wahrscheinlich auch der Grund für die Fragen, die Herr Rossner stellt. Eingeladen wurden "Experten" von Anti-Raucher-Organisationen und ein einzelner Vertreter der Tabakindustrie. Frau Martina Pötschke-Langer, die auch eine der Autorinnen des von Ihnen genannten Artikels ist, ist die "Chefin" der WHO-Tabakkollaborationsstelle beim DKFZ, also einer Anti-Raucher-Lobbystelle. Ähnliche Positionen bekleiden weitere Experten.
Der Artikel, den Sie nennen, beschreibt keine wirklichen Gefahren, außerdem wird hier die E-Zigarette (wie immer im Kontext der WHO-Experten) als Alternative zu Rauchentwöhnungsmitteln gesehen. Das ist diese aber nicht, sondern eine Alternative zur brennenden Zigarette, deren Schadwirkung mehr als bewiesen ist. Immer wieder wird mit "es könnte sein", "Wir wissen nicht" und "fehlende Langzeitauswirkungsuntersuchungen" argumentiert, doch gibt es mittlerweile weit über 100 Studien, die sich mit den Auswirkungen des Dampfes auf Dampfer, Umgebung und Dritten beschäftigen, doch keiner dieser wirklichen Experten, die diese Studien erstellten, wurde eingeladen, obwohl viele aus EU-Mitgliedsstaaten stammen.
Die Frage, die sich nun viele Dampfer stellen, ist, wer die Experten ausgesucht hat, die zu 90% von vorn herein gegen das Dampfen eingestellt und keineswegs objektiv sind?
Mit freundlichem Gruß
Sven Hanses
Sehr geehrter Herr Hanses,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage vom 8. Februar 2013.
Lassen Sie mich vorab klarstellen, dass der Artikel aus dem Ärzteblatt nicht meine Position darstellt. Ich wollte damit lediglich verdeutlichen, dass es zumindest auch andere Meinungen gibt, weshalb eine intensive Beschäftigung mit dem Thema aus meiner Sicht ja eben so unabdingbar ist. Die Europäische Kommission wird sicher auch ihre Gründe haben, warum sie ihren Vorschlag so vorgelegt hat.
Auch gegenteilige von Ihnen angesprochene Studien sind mir selbstverständlich bekannt. So habe ich diese Studien beispielsweise bereits Anfang Januar - also nur zwei Wochen nach Veröffentlichung des Vorschlags - angefragt, und diese am 10. Januar 2013 von der Interessengemeinschaft E-Dampfen freundlicherweise erhalten, um mir ein umfassendes Bild machen zu können, da mir die von der Kommission vorgeschlagenen Regelungen auf den ersten Blick nicht plausibel erschienen. Bei dem Hearing wird die Kommission in Anwesenheit des zuständigen Gesundheitskommissars Tonio Borg also sehr genau darlegen müssen, warum sie die Richtlinien entsprechend vorgeschlagen hat und auf welcher Grundlage diese Vorschläge basieren.
Ich möchte daher wirklich noch einmal um Verständnis bitten, dass ich mir diese Argumente erst anhören und auch kritische Nachfragen stellen möchte, bevor ich zu einer Bewertung komme. Natürlich könnte ich es mir einfach machen und sagen, dass ich zum jetzigen, sehr frühen Zeitpunkt im Gesetzgebungsprozess diese oder jene Positionen unterstütze, um den verschiedenen Gruppen zu gefallen. Dies wäre aber keine seriöse Art von Politik und die Bürgerinnen und Bürger haben verdient, dass ich mich als ihr gewählter Vertreter intensiv mit den Fakten auseinandersetze, gegenteilige Meinungen prüfe und mich nicht von Emotionen geleitet mit den verschiedensten Themen auseinandersetze, die sie in der Regel ja direkt betreffen. Nebenbei sei noch bemerkt, dass das Thema E-Zigarette nicht das einzige durchaus diskussionswürdige Thema bei der Tabakprodukte-Richtinie ist.
Lassen Sie mich Ihnen noch mal versichern, dass ich Abänderungen in Ihrem Sinne aktiv einbringen und unterstützen werde, sollten die Argumente der Kommission zum Thema E-Zigarette nicht im Sinne des oder gar kontraproduktiv zum Gesundheitsschutz sein. Diese Vorangehensweise ist meine Art von seriöser Politik.
Abschließend möchte ich noch ganz konkret auf Ihre Frage eingehen: Die Teilnehmer des Hearings wurden nach Vorschlägen der Mitglieder von den Koordinatoren der Fraktionen ausgewählt und bestimmt. Die Mehrheit der im Ausschuss vertretenen Fraktionen hat insgesamt zum Thema Tabak und Tabakprodukte eine sehr kritische Auffassung. Gemeinsam mit meinem Ko-Koordinatoren der EVP-Fraktion haben wir uns dafür uns dafür eingesetzt, dass zumindest auch die Industrie in dem Hearing vertreten ist. Für meine Meinungsbildung sind nicht nur das Hearing, sondern noch viele andere Informationen wichtig.
Ich hoffe Ihnen mit meinen Ausführungen geholfen zu haben und stehe Ihnen für Rückfragen selbstverständlich weiterhin gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Peter Liese