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Peter Liese
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Frage von Thomas R. •

Frage an Peter Liese von Thomas R. bezüglich Gesundheit

Richtlinie über traditionelle Heilpflanzen- THMPD

Sehr geehrter herr Liese,

Ich habe kürzlich mit großer Betroffenheit vom europäischen Projekt bezüglich des Verbots von Heilpflanzen erfahren und teile Ihnen hiermit meine tiefste Missbilligung angesichts dieser grundlegenden Verletzung der Menschenrechte mit.

Zahlreiche Personen haben sich seit Urzeiten mit Pflanzen geheilt und deren bedeutende Effizienz festgestellt.

Sollen wir keine Alternative mehr haben und zu Versuchskaninchen der pharmazeutischen Lobby werden? Sollen wir lediglich über Medikamente verfügen, die zwar ein spezifischen Problem behandeln, aber gleichzeitig verheerende Auswirkungen auf anderen Niveaus hervorrufen können?

Ich bin der Meinung, dass man altüberliefertes medizinisches Wissen zur Heilung mit Pflanzen nicht für den alleinigen Profit multinationaler Pharmaunternehmen opfern darf.

Der Zeitpunkt ist ernst und ich bitte Sie, diese Warnung zu beachten, bevor es zu ernsthaften Problemen kommt.Die Zeit drängt , denn termin ist der 30.4.2011.

Diese Richtlinie muss dringend dahingehend abgeändert werden, außereuropäische Zubereitungen auf Pflanzenbasis mit einzubeziehen.

Ich bitte Sie inständig darum, den notwendigen Druck diesbezüglich beim europäischen Parlament sowie bei der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher (GD SANCO) auszuüben, um entsprechende Abänderungen zu präsentieren.
Gerne erwarte ich Ihre Stellungnahme.

Mit freundlichem Gruß,
Thomas Reichau

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Antwort von
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Sehr geehrte Herr Reichau,

vielen Dank für Ihre Frage vom 23. April 2011, die mich über das Internetportal www.abgeordnetenwatch.de erreichte.

Sie sprechen in Ihrer Frage die EU-Richtlinie zu traditionellen Pflanzenpräparaten (THMPD =Traditional Herbal Medical Product Directive 2004/24/EG) an, über die in zahlreichen Internetportalen und E-Mails der vergangenen Jahre und Monate zahlreiche Falschinformationen verbreitet wurden. Lassen Sie mich Ihnen vorab versichern, dass ich pflanzlichen Arzneimitteln sehr positiv gegenüberstehe, diese auch bei Bedarf selber einnehme und auch in meiner früheren Tätigkeit als Arzt oft verschrieben habe.

Die Richtlinie wurde am 31. März 2004, also vor etwa sieben Jahren, vom Europäischen Parlament und vom Rat verabschiedet. Sie hat eine Übergangsfrist zur Ratifizierung in allen EU-Mitgliedsstaaten bis April 2011, wobei sie in vielen europäischen Ländern längst umgesetzt ist. So ist die Richtlinie beispielsweise in Deutschland bereits seit vielen Jahren umgesetzt - und zwar durch die Novellen des Arzneimittelgesetzes (AMG) von 2005 und 2009. Es wird sich in Deutschland also im Hinblick auf traditionelle pflanzliche Arzneimittel im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage nichts ändern. Das in Ihrer E-Mail angesprochene Datum April 2011 hat mit dem Inkrafttreten irgendwelcher neuen Regelungen nichts zu tun. Vielmehr betrifft dieses Datum den Zeitpunkt, bis zu dem Arzneimittelhersteller einen Antrag auf Registrierung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel stellen konnten. Für Arzneimittel, die nach deutschem Recht ohne ein Zulassungsverfahren als fiktiv zugelassen galten, endete diese Antragsfrist bereits mit dem 01.01.2009. Es entbehrt daher jeder Grundlage, wenn in Veröffentlichungen zur Thematik der Eindruck erweckt wird, dass im April 2011 eine Neuregelung in Kraft trete, die pflanzliche Arzneimittel verbieten würde.
Die Richtlinie kam vielmehr zustande, damit traditionelle pflanzliche Arzneimittel auf dem Markt bleiben können, wie es im Erwägungsgrund 3 zur Richtlinie wörtlich heißt. Durch die getroffene Regelung ist für diese Arzneimittel ein vereinfachtes Registrierungsverfahren eingeführt worden, nachdem die drei Jahre vorher verabschiedete EU-Richtlinie 2001/83/EG ganz andere Hürden geschaffen hatte. Hier war jeder Hersteller eines Arzneimittels verpflichtet, wissenschaftliche Unterlagen vorzulegen, die dessen Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit belegen. Viele pflanzliche Arzneimittel mit langer Tradition konnten diese Anforderungen nicht erfüllen. Sie hätten also ohne die Richtlinie 2004/24/EG vom Markt genommen werden müssen.

Selbstverständlich müssen jedoch auch für die Registrierung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Diese Voraussetzungen sind im Kapitel 2 a "Besondere auf traditionelle pflanzliche Arzneimittel anzuwendende Bestimmungen" aufgeführt.

Traditionelle Pflanzenarzneien müssen demnach zur Zulassung beispielsweise seit mindestens 30 Jahren, davon seit 15 Jahren in einem EU-Land, medizinisch in Verwendung sein. Sie dürfen nur in einer bestimmten Stärke und Dosierung verabreicht werden, da sie verschreibungsfrei und damit der Selbstmedikation zugänglich sind.
Die Regelungen über traditionelle pflanzliche Arzneimittel führen allerdings dazu, dass pflanzliche Arzneimittel, die die oben dargestellten Voraussetzungen, insbesondere hinsichtlich ihrer langjährigen Tradition als Arzneimittel in der EU nicht erfüllen und auch nicht zugelassen sind, nicht verkehrsfähig sind, bzw. bleiben. Außerdem verlieren solche traditionellen Arzneimittel, die zwar den Registrierungsvorgaben entsprechen, für die aber nicht rechtzeitig ein Registrierungsantrag gestellt wird, ebenfalls spätestens nach dem 30.04.2011 ihre Verkehrsfähigkeit.

Ich halte diese Regelung für einen guten Ausgleich der Interessen. Einerseits ist es im Sinne der Volksgesundheit notwendig, dass auch pflanzliche Arzneimittel Ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit und Wirksamkeit nachweisen müssen um als Arzneimittel in der EU zugelassen zu werden. Andererseits sollen traditionelle pflanzliche Arzneimittel, an die die Bürger seit vielen Jahren gewöhnt sind, selbstverständlich auf dem Markt erhalten bleiben.

Zu Ihrer Information übersende ich Ihnen anbei einen Link zu der entsprechenden Stellungnahme der Arzneimittelkommission der Deutschen Heilpraktiker sowie einen aktuellen Vermerk der Europäischen Kommission zum Thema.

Ich hoffe sehr, Ihnen mit meinen Ausführungen geholfen zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Ihr

Dr. Peter Liese

http://www.freieheilpraktiker.com/01122010-Die-Europaeische-Richtlinie-fuer-traditionelle-pflanzliche-Arzneimittel-beinhaltet-kein-Verbot-von-Heilpflanzen.html

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