Peter Landauer
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Frage von Christina A. •

Frage an Peter Landauer von Christina A. bezüglich Wirtschaft

1. Wie stehen Sie zur Abschaffung des Berufsbeamtentums?
2. Welche Kontrollmechanismen des Finanzmarktes favorisieren Sie und stehen Sie für strafrechtliche Verfolgung sowie Entschädigungszahlungen an Geschädigte seitens der Finanzwirtschaft im Falle von Misswirtschaft

Antwort von
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Sehr geehrte Frau Ackermann,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne folgend beantworten will.

1. Zur ersten Frage, betreffend eine Abschaffung des Berufsbeamtentums: Ein Berufsbeamtentum halte ich in Angelegenheiten innerer und äußerer Sicherheitdurchaus für sinnvoll, aber auch nur dort. Somit trete ich nicht pauschal für eine generelle Abschaffung eines Berufsbeamtentums ein.

2. Zum zweiten Fragekomplex, dort zunächst zur Frage nach der Favorisierung von Kontrollmechanismen des Finanzmarktes: Ich halte es grundsätzlich für notwendig, von Unternehmen, die am Finanzmarkt teilnehmen, die Übernahme eines weitaus höheren Haftungsrisikos bei Ausführung ihrer Tätigkeiten einzufordern. Hierzu wäre es z.B. erforderlich, das Kapital, das für eine Haftung zur Verfügung stehen muß, entschieden zu erhöhen. Eine substantielle Haftung mit eigenem Kapital löst schon prinzipiell das eigene Interesse von Marktteilnehmern an einer Risikoeingrenzung und - als Folge - einen internen Kontrollmechanismus bei Eingehung von Geschäften aus. Eine ausschließlich nationale Aufsicht halte ich nicht für ausreichend, ganz abgesehen davon, daß die Mehrzahl (nicht alle, z.B. nicht in Spanien) der bereits vorhandenen nationalen Aufsichtsbehörden in der Finanzkrise versagt haben. Die größeren Finanzinstitute sind international tätig, so daß ihre Kontrolle durch lediglich nationale Aufsichten nicht ausreichend ist. Nur eine, jedenfalls auf euopäischer Ebene tätige, übernationale Aufsicht wäre in der Lage, eine Angleichung von Kontrollstandards herbeizuführen, um einen auf nationale Interessen ausgerichteten Wettbewerb, gerichtet auf eine Lockerung von Kontrollstandards mit niedrigerem Niveau, um die Finanzmarkttätigkeit zu fördern, zu vermeiden. Bei Ihrer Frage will ich nicht unerwähnt lassen, daß ein bereits bestehender Kontrollmechanismus, der in den Medien bei der Betrachtung der Finanzkrise kaum beachtet wird, aus meiner Sicht versagt hat, nämlich derjenige der Wirtschaftsprüfung. Unter teilweise eigenem Eingeständnis haben die wirtschaftsprüfenden Berufsträger die geschäftlichen Vorgänge, die sie zu prüfen hatten, selbst nicht verstanden, was aber ein Haftungsgrund für sie selbst sein könnte. Außerdem besteht hier wie bei den Ratingagenturen ein prinzipieller Interessenkonflikt, da das zu prüfende Unternehmen zugleich Auftraggeber der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist. Meines Erachtens sollte z.B. überlegt werden, jedenfalls bei größeren Finanzmarktteilnehmern nicht diesen selbst die Beauftragung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu überlassen. Hier würde ich eine Möglichkeit sehen, einen Kontrollmechanismus zumindest zu verbessern.

Zur weiteren Frage nach einer strafrechtlichen Verfolgung: Soweit Ihre Frage dahingehend verstanden werden könnte, ob bereits bloße Mißwirtschaft eine strafrechtliche Verfolgung rechtfertigen könne, würde ich diese Frage mit Nein beantworten. Ich verstehe Ihre Frage aber dahingehend, ob ich eine strafrechtliche Verfolgung, vorausgesetzt, die einschlägigen Straftatbestände sind erfüllt, für richtig halte. Unter dieser Voraussetzung halte ich eine strafrechtliche Verfolgung sogar für äußerst wichtig, da hier hohe Vermögenswerte, die letztlich direkt oder indirekt einer Vielzahl von Personen als Teil ihrer  Existenzgrundlage zuzuordnen sind, in Gefahr oder Verlust geraten. Das Problem dürfte allerdings weniger in der Formulierung neuer Straftatbestände als in der Kapazität der Strafverfolgungsbehörden liegen. Dort fehlt auch oft das Verständnis für komplexe wirtschaftliche Zusammenhänge und deren Einordnung in strafrechtliche Tatbestände, folglich damit auch der Wille zur strafrechtlichen Verfolgung, so daß in solchen Wirtschaftsstrafsachen die Verfahren häufig mit einer nicht sachgerechten Einstellung enden.

Zu Ihrer Frage, ob ich Entschädigungszahlungen an Geschädigte seitens der Finanzwirtschaft im Falle von Misswirtschaft für richtig halte: Unter Misswirtschaft verstehe ich eine falsche wirtschaftliche Entscheidung. Für eine solche Entscheidung eines Finanzinstituts hat dieses gegebenenfalls nach zivilrechtlichen Grundsätzen gegenüber dem Anleger selbst einzustehen. Ihre Frage zielt aber wohl darauf ab, ob die Finanzwirtschaft insgesamt für eine Fehlentscheidung eines einzelnen Finanzinstituts einzustehen hat, wenn dieses einer originären und eigenen Schadensersatzpflicht, z.B. aufgrund einer Insolvenz, gegenüber dem Anleger nicht mehr nachkommen kann. Dies würde faktisch bedeuten, daß zwar nicht Gewinne, aber die Verluste eines einzelnen Anlegers in gewisser Weise dadurch sozialisiert werden, daß andere Finanzinstitute als das insolvente Institut, welches die Fehlentscheidung zu verantworten hat, eine Haftung hierfür übernehmen sollen. Zusätzlich tragen indirekt auch die Kunden dieser anderen Finanzinstitute die entstehenden Verluste des Anlegers mit, da sie für ihre jeweiligen Aufträge Gebühren entrichten, mit denen sich wiederum die haftungsübernehmenden Finanzinstitute finanzieren. Eine solche Risiko- und Haftungsverlagerung ist meines Erachtens (nur) insoweit vertretbar, als eine Anlage (bzw. Schadensersatzanspruch) betroffen ist, deren Verlust geeignet ist, die Existenz des Anlegers zu gefährden. Somit wären im Rahmen sozialer Belange, aber auch nur insoweit, weitere Regelungen, z.B. ähnlich denjenigen bereits bestehender Einlagesicherungsfonds von Bankinstituten, aus meiner Sicht begrüßenswert. Um Mißverständnisse zu vermeiden: Soweit ich mich für eine Sonderabgabe der Finanzwirtschaft einsetze, betrifft eine solche Abgabe diejenigen Kosten für Hilfsmaßnahmen, die dem Staat bzw. dem Steuerzahler durch eine staatliche Stützung der Finanzwirtschaft entstehen. Eine solche Abgabe hätte bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, die insbesondere durch das Bundes-verfassungsgericht bereits konkretisiert worden sind. Meiner Auffassung nach liegen diese Voraussetzungen hierfür vor (insbesondere z.B. Sachzweck, Homogenität der betroffenen Gruppe, Sachnähe der Gruppe, Gruppennützigkeit).

Mit freundlichen Grüßen
Peter Landauer