Frage an Peter Bleser von Gerriet G. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Bleser,
Als lenkender Politiker sind Sie mitverantwortlich für Schäden, welche z.B. durch Agrarchemie (Vergiftung des Grundwassers/Luft durch Pestizide/Düngung) verursacht werden, und evtl. haftbar. Gleichfalls: Landwirte,Gutachter, Industrie, Verbraucher. Da es eine große Minderheit gibt, welche die Folgen voraussieht, die aber nicht gehört wird – wie stellt sich für Sie die Verantwortlichkeit aus, bei:
1) der Festlegung der Grenze für ein Verbot weiterer Verschmutzung
2) der Verantwortlichkeit und Säuberung bei Vergiftung von Grundwasser (Kostenübernahme)
3) ist die Demokratie gefährdet, wenn die kritische “Minderheit” nur per Gerichtsurteil zu einer Antwort kommen kann?
4) Gutachter sind durch Industrienähe leider oft ein Beratungshindernis – wie könnte die Objektivität Ihrer Meinung nach reguliert werden?
Mit Gruß
gerriet-groth@online.de
Sehr geehrter Herr G.
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Umweltschutz und der Transparenz von Regierungsinformationen. Sehr gern beantworte ich Ihre Fragen über ein öffentliches Internetportal, da Sie m.E. von allgemeinem Interesse sind.
Zu 1:
Das Grundwasser ist bereits heute durch anspruchsvolle Festlegungen des europäischen und nationalen Wasserrechts umfassend geschützt. Aufgrund der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, der europäischen Grundwasserrichtlinie und der europäischen Nitratrichtlinie sind alle Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft dazu verpflichtet, das Grundwasser ihres Landes so zu schützen, dass keine Verschlechterungen der Qualität eintreten. Außerdem ist der gute Zustand der Grundwasserqualität zu definieren. Durch geeignete Maßnahmen in allen Grundwasserkörpern soll er bis spätesten Ende 2027 hergestellt und erhalten werden. Für das Grundwasser geben die Europäischen Richtlinien zudem vor, dass der Nitratgehalt des Grundwassers maximal 50 mg pro Liter und Jahr betragen darf. Diese europäischen Vorgaben sind im deutschen Wasserrecht übernommen und weiter konkretisiert worden.
Bereits heute zeichnet sich ab, dass die Mitgliedstaaten insgesamt diese ehrgeizigen Ziele in dem vorgegebenen Zeitrahmen nicht erreichen können. Es geht daher nicht darum, die Grenzwerte weiter zu verschärfen, sondern effektivere Maßnahmen zu ihrer Durchsetzung zu ergreifen.
Zur Reduzierung der Luftschadstoffe hat sich die Bundesregierung nach der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe verpflichtet, Emissionsminderungen für Schwefeldioxid, Stickstoffoxide und flüchtige organische Verbindungen außer Methan sowie für Ammoniak und Feinstaub zu erreichen. Hierzu werden nationale Luftreinhalteprogramme aufgestellt.
Für die Düngung von Pflanzen gibt es gesetzliche Vorschriften u.a. hinsichtlich der Ausbringungsverfahren sowie der Höchstmengen. Aktuell wurden diese Vorschriften über die Novellierung der Düngeverordnung und des Düngegesetzes verschärft.
Die Landwirtschaft steht in der Verantwortung, die nach wie vor zu hohen Nitrateinträge in das Grundwasser, die durch die für die Landwirtschaft notwendige Düngung verursacht werden, weiter zu reduzieren. Mit diesem Ziel sind die rechtlichen Vorgaben für die ordnungsgemäße Düngung der Düngeverordnung deutlich verschärft worden. Die neuen Vorschriften sind am 2.06.2017 in Kraft getreten. Die dadurch entstehenden Mehrkosten müssen von den Landwirten getragen werden.
Pflanzenschutzmittel dürfen in der EU nur in den Verkehr gebracht werden, soweit sie dafür zugelassen sind. Eine Zulassung ist nur möglich, wenn sie bei guter Pflanzenschutzpraxis und unter der Voraussetzung realistischer Verwendungsbedingungen folgende Anforderungen erfüllen:
a) Sie müssen hinreichend wirksam sein.
b) Sie dürfen keine sofortigen oder verzögerten schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, einschließlich besonders gefährdeter Personengruppen, oder von Tieren – weder direkt noch über das Trinkwasser (unter Berücksichtigung der bei der Trinkwasserbehandlung entstehenden Produkte), über Nahrungs- oder Futtermittel oder über die Luft oder Auswirkungen am Arbeitsplatz oder auf das Grundwasser haben. Dabei sind auch indirekte Effekte unter Berücksichtigung bekannter Kumulations- und Synergieeffekte zu berücksichtigen, soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt.
c) Sie dürfen keine unannehmbaren Auswirkungen auf Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse haben.
d) Sie dürfen bei den zu bekämpfenden Wirbeltieren keine unnötigen Leiden oder Schmerzen verursachen.
e) Sie dürfen keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben, und zwar unter besonderer Berücksichtigung folgender Aspekte, soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt:
i) Verbleib und Ausbreitung in der Umwelt, insbesondere Kontamination von Oberflächengewässern einschließlich Mündungs- und Küstengewässern, Grundwasser, Luft und Boden, unter Berücksichtigung von Orten in großer Entfernung vom Ort der Verwendung nach einem Ferntransport in der Umwelt;
ii) Auswirkung auf Arten, die nicht bekämpft werden sollen, einschließlich des dauerhaften Verhaltens dieser Arten;
iii) Auswirkung auf die biologische Vielfalt und das Ökosystem.“
Zu 2:
Die Aufsicht und Zuständigkeit für Maßnahmen bei Kontamination von Grundwasser oder anderen Umweltbereichen liegt bei den Ländern. Auskünfte zur Kostenübernahme in Einzelfällen müssten entsprechend bei den zuständigen Stellen des jeweiligen Landes erfragt werden.
Zu 3:
Die Überprüfung staatlicher Entscheidungen durch unabhängige Gerichte gehört zu den wesentlichen Merkmalen eines demokratischen Rechtsstaates. Für die Demokratie sind aber auch das Engagement der Bürgerinnen und Bürger und die aktive Ausübung ihrer Rechte unverzichtbar. Dazu zählt zum Beispiel die Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen, aber auch an politischen Diskussionen und die Mitwirkung in Parteien und Verbänden.
Seit 2005 besteht mit dem Informationsfreiheitsgesetz grundsätzlich ein Zugangsrecht der Bürgerinnen und Bürger zu staatlichen Informationen. Darüber hinaus besteht für Lebensmittel, Futtermittel, kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände sowie bestimmte Verbraucherprodukte seit 2008 mit dem Verbraucherinformationsgesetz ein spezielles Zugangsrecht zu staatlichen Informationen. Hinsichtlich Umweltinformationen ist der Zugang über das Umweltinformationsgesetz des Bundes geregelt. Damit ist es den Bürgerinnen und Bürgern möglich, auch ohne Beschreiten des Rechtswegs Informationen zu erhalten.
Zu 4:
Gutachtern per se eine Nähe zur Industrie zu unterstellen halte ich für einseitig. Auf jedem Fachgebiet gibt es Experten mit divergierenden Ansichten und verschiedenen Blickwinkeln zu einem Thema. Für die Bundesebene möchte ich dazu auf das übliche Verfahren zur Gesetzgebung verweisen, dass dieser Tatsache Rechnung trägt. Bei der Mehrzahl der Gesetze kommt dazu ein Referentenentwurf aus dem zuständigen Ministerium. Wenn dieser das Kabinett passiert hat, wird er in den Bundestag eingebracht und dort an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Diese haben dann die Möglichkeit im Rahmen einer öffentlichen Expertenanhörung die Ansicht mehrerer Fachleute, mit unterschiedlichem Fokus auf das neue Gesetzesvorhaben, anzuhören. So werden in der Regel alle, oftmals konkurrierenden Aspekte eines Themas wahrgenommen. Jede Fraktion benennt dazu die Fachleute, deren Meinung sie zu diesem Thema einbringen möchte. Die Zahl der eingeladenen Experten wird nach dem Stimmanteil der einzelnen Fraktionen vom jeweiligen Ausschuss festgelegt. Ich finde, das ein sehr demokratisches und transparentes Verfahren, dass dafür sorgt, dass alle Aspekte eines Themas beleuchtet werden. Am Ende muss die Politik einen Kompromiss oder schöner formuliert einen Interessensausgleich zwischen den jeweiligen Betroffenen finden.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Bleser, MdB