Frage an Peter Beyer von Heinz O. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Beyer,
von Zeit zu Zeit wird immer wieder darüber diskutiert, dass Eltern von in Deutschland lebenden Türken und aus dem ehemaligen Jugoslawien bei uns in der Krankenversicherung mitversichert sind. Ist dies heute noch so? Wieviel kostet diese Bevorzugung nichtdeutscher Krankenversicherten? Plant die Bundesregierung, dieses 1964 geschaffene Gesetz, welches sicherlich damals berechtigt war, im Zuge der zu erwarteten Reform des Gesundheitswesens abzuschaffen? Über eine Antwort würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Heinz Ortmann
Sehr geehrter Herr Ortmann,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage hinsichtlich der Krankenversicherung der im Heimatstaat lebenden Eltern ausländischer Arbeitnehmer.
Grundsätzlich wird ein ausländischer Arbeitnehmer, der in Deutschland gesetzlich krankenversichert ist, ebenso behandelt wie ein deutscher Arbeitnehmer; er und seine Familienangehörigen haben also die gleichen Leistungsansprüche.
Wohnen die Familienangehörigen eines Versicherten im Ausland, kommt ein Leistungsanspruch zulasten der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur dann in Betracht, wenn für den ausländischen Staat die europäischen Verordnungen über Soziale Sicherheit gelten oder mit diesem ein bilaterales Abkommen über Soziale Sicherheit geschlossen wurde.
Auf dieser Grundlage erhalten in der Türkei oder im ehemaligen Jugoslawien (Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Serbien und Montenegro) lebende Familienangehörige eines in Deutschland krankenversicherten Arbeitnehmers im Krankheitsfall Leistungen der Krankenversicherung ihres Wohnsitzstaates. Die der Krankenversicherung des Wohnsitzstaates hierdurch entstehenden Kosten sind von der deutschen Krankenversicherung zu erstatten.
Derartige Regelungen entsprechen der allgemeinen Praxis sowohl des zwischenstaatlichen Sozialversicherungsrechts. Diese Praxis hat ihren Grund darin, dass die Beiträge der Versicherten in aller Regel nicht nur der Abdeckung des eigenen Krankenversicherungsschutzes dienen, sondern zusätzlich auch der Abdeckung des Schutzes der nicht erwerbstätigen Familienangehörigen.
Eltern eines Versicherten mit Wohnsitz in der Türkei, Bosnien und Herzegowina oder in Serbien und Montenegro sind nur dann ausnahmsweise anspruchsberechtigt, wenn sie nicht ohnehin leistungsberechtigt nach den Rechtsvorschriften des Wohnsitzstaates aufgrund einer eigenen Versicherung oder der Versicherung einer anderen Person sind und wenn der Versicherte ihnen gegenüber unterhaltsverpflichtet ist.
Zu den Zahlen: Nach Mitteilung der auf deutscher Seite für den Bereich der Krankenversicherung zuständigen Verbindungsstelle, der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung-Ausland in Bonn (DVKA), waren durch die deutsche Krankenversicherung im Durchschnitt für das Jahr 1999 für ca. 33.630 Familien pauschale Kostenerstattungen gegenüber der türkischen Krankenversicherung vorzunehmen. Insgesamt wurden der türkischen Krankenversicherung für die Betreuung der bei deutschen Krankenkassen versicherten Familienangehörigen für das Jahr 1999 umgerechnet ca. 7,1 Mio. € erstattet.
Aus meiner Sicht überwiegen bei einer genauen Abwägung des Sachverhaltes die Nachteile, die mit einer kurzfristigen einseitigen Kündigung der Sozialversicherungsabkommen durch die Bundesrepublik Deutschland verbunden wären, die negativen Folgen der kritisierten Regelungen über die Mitversicherung der Eltern ausländischer Arbeitnehmer – insbesondere die damit verbundene Unsicherheit für die Betroffenen - deutlich.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Beyer MdB