Frage an Peter Bäuerle von Katharina B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Bäuerle,
wie ist Ihr Standpunkt zu Leiharbeit, Zeitarbeit und Werkverträgen?
Mit freundlichen Grüßen
Katharina Borsi
Sehr geehrte Frau Borsi,
Mit Leiharbeit, Zeitarbeit und Werkverträge wurden Niedriglöhne und Rechtlosigkeit bei den Arbeitern auf breiter Front eingeführt. Die CDU hatte mit Arbeitsminister Blüm begonnen, gesetzliche Beschränkungen für Zeitarbeit abzubauen. Die SPD/Grünen Regierung hatte dann mit den Hartz-Gesetzen den Unternehmen die Möglichkeit zur praktisch unbegrenzten Nutzung von Leiharbeit, Werkverträgen u.ä. gegeben. Dies führte aber nicht zu weniger Arbeitslosigkeit, sondern dazu, dass Menschen mit Festverträgen im Massenumfang mit Zeit- und Werkverträgen und Leiharbeitern ersetzt wurden.
Manche sagen, Leiharbeit sei immer noch besser als Arbeitslosigkeit, immerhin würden ja Arbeitsplätze geschaffen und in Krisenzeiten könnten dadurch Entlassungen vermieden werden. Doch die Arbeiter machten schnell die Erfahrung, dass genau das Gegenteil der Fall ist: Tatsächlich machte die Leiharbeit die rigorose Vernichtung von Arbeitsplätzen erst möglich. Nach einer im April 2008 veröffentlichten Betriebsrätebefragung des WSI wurden schon damals in jedem vierten Entleiherbetrieb regulär Beschäftigte durch Leiharbeiter ersetzt. Das hat inzwischen deutlich zugenommen und zu einem dramatischen Prozess der Verarmung unter Arbeitern und breiter Teile der Bevölkerung geführt. Leiharbeit und Werkverträge sind für die Monopolkonzerne zu einer zentralen Methode der extremen Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft und der Spaltung und Unterdrückung der Arbeiterklasse geworden. Der Lohn eines Leiharbeiters liegt im Durchschnitt um 29 Prozent unter dem eines vergleichbaren Arbeiters der „Stammbelegschaft“; jeder achte ist zusätzlich auf Hartz IV angewiesen. Die Familienlosigkeit nimmt gerade unter diesen Arbeitern sprunghaft zu. Insbesondere die Jugend ist davon betroffen.
Vor kurzem wurde ja die Fa. Daimler damit bekannt, dass sie mit dem Trick der Werkverträge Arbeiter in der Produktion zu Hungerlöhnen beschäftigt - und damit die deshalb nötige Aufstockung mit Hatz IV von uns Steuerzahlern bezahlen lässt. Wir fordern, dass die Arbeiter die in Leiharbeit oder Werksverträgen in der Produktion arbeiten eine Festeinstellung bei diesen Firmen bekommen. Gegen den weiteren Abbau von Arbeitsplätzen fordern wir die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und eine Herabsetzung des Rentenalters anstatt einer Erhöhung.
Aber wir sagen auch, dass selbst mit diesen Forderungen das Problem der Ausbeutung nicht gelöst ist. Misst man die Werte die ein festangestellter Arbeiter heute in der Großindustrie durchschnittlich pro Stunde herstellt und vergleicht sie mit dem Wert, den sein Stundenlohn darstellt, dann ist das Verhältnis 10:1. D.h. von einer Stunde arbeitet er nur 6 Minuten für eigenen Lohn und den Rest der Zeit für den Unternehmerprofit ohne einen Gegenwert zu bekommen. Deshalb meinen wir ja, dass der Kapitalismus selbst abgeschafft werden muss um die Ausbeutung abzuschaffen. Erst im echten Sozialismus kommt der Mehrwert, den der Mensch durch seine Arbeit erschaffen hat, der Allgemeinheit zugute. Wenn Daimler Manager Poth zu den Hungerlöhnen über Werkverträge sagt „Daimler kann sich im internationalen Wettbewerb nicht leisten, in der gesamten Wertschöpfungskette Metalltarife zu bezahlen.“, dann sagt er damit doch selbst, dass der Kapitalismus gar nicht fähig ist, Menschen in Arbeit mit menschenwürdigen Löhnen zu bringen. Der Kapitalismus hat nach unserer Meinung abgewirtschaftet.
Deshalb wollen wir es nicht, wie die Partei „Die Linke“, dabei belassen, Mindestlöhne zu fordern. Wir wollen die Menschen nicht mit Mindeststandards abspeisen, sondern sie sollen alles erhalten was sie erarbeitet haben. Wenn der Direktkandidat der Piratenpartei schreibt, dass er sich mit Leiharbeit/Werkverträgen usw. nicht groß beschäftigt hat, dann heißt das, dass eines der wichtigsten Themen der Menschen, nämlich die Arbeitsplätze, für diese Partei offenbar kein Thema ist. Wenn er dann noch glaubt, dass es mit dieser Methode in ein paar Jahren Vollbeschäftigung geben würde, dann glaubt er meiner Meinung nach an eine Fata Morgana.
Die MLPD hat schon 2008 eine gründliche Analyse der Leiharbeit veröffentlicht. Diese finden Sie auf www.mlpd.de (Unter „Themen A-Z“, Stichwort Leiharbeit) Unter www.mlpd-sindelfingen.de finden sie auch einen Artikel zur Werkverträgen bei Daimler.
Ich hoffe, ich konnte unsere Standpunkt verständlich machen und bin an weiterem Austausch zu solchen Themen interessiert.
Viele Grüße
Peter Bäuerle