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Paul Lehrieder
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Frage von Max P. •

Frage an Paul Lehrieder von Max P. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Ich verstehe die Stammzellendebatte nicht ganz. Es werden jährlich 120 000 - 130 000 Kinder abgetrieben und vermutlich in den Mülleimer geworfen - bitte verstehen Sie mich nicht falsch ich verurteile das auf das Schärfste - Warum kann man da wenigstens an solchen Embrionen forschen ? Oder bei übrigen künstlich befruchteten Eiern forschen? Das muß man mir einmal erklären !

Vielen Dank

und freundliche Grüße

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Pettenkofer,

vielen Dank für Ihre E-Mail zur Stammzelldebatte, die mich über abgeordnetenwatch.de erreicht hat.

Da ich ohne Wenn und Aber für den Schutz menschlichen Lebens eintrete - was auch für Schwangersabbrüche gilt - , habe ich mich auch immer gegen die so genannte verbrauchende Emryonenforschung ausgesprochen. Denn darauf läuft letztendlich der zweite Teil Ihres Vorschlags hinaus, "bei übrigen künstlich befruchteten Eiern zu forschen".

Daher kam für mich im Verlauf der Stammzelldebatte eine Verschiebung des Stichtages für den Import embryonaler Stammzellen nicht in Betracht. Ein einmaliger Stichtag wurde im Jahr 2002 unter Einbeziehung beider großer Kirchen mit der ausdrücklichen Zusage eingeführt, dass es bei dieser Regelung bleibt. Auf diese Weise wird Forschung an Stammzelllinien nicht gänzlich unterbunden.

Wird der Stichtag einmal verschoben, würde das zwingend dazu führen, in zwei, drei, oder vier Jahren über eine erneute Verschiebung nachzudenken -- und somit letztlich über eine Aufhebung des Stichtages.

Die embryonale Stammzellforschung ist nach wie vor im Stadium der Grundla­genforschung. Die in sie gesetzten Hoffnungen haben sich nicht soweit realisiert, dass bei schweren Erkran­kungen ausschließlich über die Forschung mit embryonalen Stammzelllinien eine Therapie-Perspektive für die erkrankten Mitmenschen gesehen werden kann. Nach neun Jahren weltweiter Forschung gibt es dafür noch immer keinen Beleg. An den Forschungen betei­ligte Wissenschaftler gehen davon aus, dass hier auch in den nächsten zehn Jahren keine Ergebnisse zu erwarten sind.

Das Argument, die bisher in Deutschland verfügbaren Stammzelllinien seien durch tierische Nährmedien verunreinigt und daher in absehbarer Zeit nicht mehr brauch­bar, sticht nicht. Die Stammzellforscher Regine Kollek (Hamburg) und Colin McCu­cking (Newcastle) halten Grundlagenforschung mit "alten" Stammzelllinien durchaus für möglich.

Forschungsfortschritte wurden insbesondere in den letzten Jahren im Bereich der pluripo­tenten Stammzellen sowie der adulten Stammzellen nachgewiesen - teilungsfähigen Zellen, die u.a. im Nabelschnurblut von Neugeborenen vorkommen.

Die adulte Stammzellforschung ist schon unter jetzigen Bedingungen bis zur thera­peutischen Anwen­dung gelangt. So gab es Therapie-Erfolge bei Leukämie, Herzin­farkt und Gelenkde­genera­tionen. Vielversprechend sind die Fortschritte hinsichtlich der so genannten Re­programmie­rung von adulten Zellen. So wurden kürzlich menschliche Hautzellen mit Hilfe von Genen so umprogrammiert, dass sie sich wie embryonale Stammzellen verhalten. Auf diese Weise werden weder Embryonen "verbraucht" noch Eizellen benötigt.

In der Hoffnung, Ihre Mail zufrieden stellend beantwortet zu haben, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Paul Lehrieder MdB

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