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Paul Lehrieder
CSU
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Frage von Alexander S. •

Frage an Paul Lehrieder von Alexander S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Lehrieder,

wie ich aus Ihren Ausführungen ersehen habe, unterstützen Sie das angestrebte Gesetz zur Sperrung von Internetseiten mit kinderpornografischem Inhalt.

Nun meine Fragen an Sie:

1. Wie kann es sein, dass kein Richter über die Rechtmäßigkeit der jeweiligen Sperre entscheiden muss, damit das BKA nicht "fälschlicherweise" auch legale Seiten sperrt?

2. Warum werden diese Seiten auf eine Sperrliste gesetzt und nicht sofort abgeschaltet, auch wenn dies nahezu immer möglich wäre (siehe Aktion der Organisation Carechild: 20 Seiten abgeschaltet binnen 24h)?

3. Was passiert, wenn jemand einen Virus auf seinem Rechner hat, der unbemerkt DNS und HTTP Anfragen auf gesperrte Seiten durchführt und dadurch mit einer Strafverfolgung zu rechnen hat?

4. Was passiert, wenn jemand auf einen Link klickt (z.B. Spam Mail) und dadurch auf der STOPP- Seite landet? Denn auch hierbei muss der Bürger bei dem geplanten Gesetz mit einer Strafverfolgung rechnen.

4. Wie wollen Sie Menschen rehabilitieren, bei denen dank eines Virus oder einer Spam Mail und der dadurch durchgeführten Strafverfolgung/Hausdurchsuchung das Leben zerstört wurde?

5. Wie wollen Sie ohne Kontrollorgane garantieren, dass nicht wie bei allen bekannt gewordenen Listen anderer Länder legale aber politisch unerwünschte Inhalte gesperrt werden (was einer Zensur gleichkäme!)?

6. Wollen Sie wirklich mit dem BKA eine staatliche Internet-Zensurbehörde einrichten, die keinerlei Kontrollorganen untersteht und geheime, undurchsichtige und unkontrollierbare Sperrlisten erstellt?

7. Möchten Sie wirklich in einem Land leben, in dem man Angst hat auf einen unbekannten Link zu klicken, weil man nicht wissen kann, ob man das STOPP- Schild zu sehen bekommt und einem dadurch eine Hausdurchsuchung droht? Damit wäre die Informationsfreiheit für den Bürger schon aus Angst vor den möglichen Konsequenzen abgeschafft.

Mit freundlichem Gruß

ein besorgter Bürger

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Schmid,

für Ihre Fragen zum Gesetz zur Sperrung von Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten danke ich Ihnen sehr herzlich. Dazu möchte ich Ihnen wie folgt antworten:

Zu 1.

Die Annahme, dass eine richterliche Überprüfung der durch das Bundeskriminalamt zu erstellenden Sperrlisten ausgeschlossen ist, trifft nicht zu. Sollte im Rahmen eines Rechtsstreits die Frage maßgeblich sein, ob eine bestimmte Webseite auf der Sperrliste war bzw. ob eine dort geführte Webseite zu Recht gelistet wurde, müsste die Liste dem zur Entscheidung berufenen Gericht zur Verfügung gestellt werden. Der Gesetzentwurf verpflichtet unter anderem daher das Bundeskriminalamt in § 8a Abs. 8 TMG-E, Unterlagen vorzuhalten, mit denen der Nachweis geführt werden kann, dass die in der Sperrliste aufgeführten Einträge zum Zeitpunkt ihrer Bewertung die Voraussetzungen zur Aufnahme in die List erfüllten, also entweder selbst Kinderpornographie enthielten oder deren Zweck darin bestand, auf kinderpornographische Angebote zu verweisen.

Zu 2.

Maßnahmen gegen diejenigen, die kinderpornographische Bilder herstellen und/oder diese Inhalte im Internet einstellen, werden mit unverminderter Intensität fortgeführt. Die geplante Zugriffserschwerung soll diese nicht ersetzen, sondern im Sinne einer ganzheitlichen Bekämpfung der Kinderpornographie ergänzen.

Mit einer Reihe von Staaten arbeitet das BKA sehr erfolgreich bei der Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet zusammen. Zu dieser Zusammenarbeit gehört auch, dass alle Bemühungen unternommen werden, kinderpornographische Inhalte, die auf einem Server des betroffenen Staates liegen, unverzüglich zu löschen. Selbst soweit die Zusammenarbeit gut funktioniert, ist aber das Instrument der Sperrung zusätzlich zum Ziel der endgültigen Entfernung des Inhalts sinnvoll, da die endgültige Entfernung oft einige Zeit in Anspruch nimmt, während die Sperrung spätestens binnen sechs Stunden zu erfolgen hat, nachdem das Bundeskriminalamt die täglich aktuell erstellte Liste zur Verfügung gestellt hat.

Trotz internationaler Anstrengungen zur Täterermittlung und Schließung von Websites bleiben Angebote mit kinderpornographischen Inhalten im Internet abrufbar und nehmen beständig zu. Die Ermittler werden auch weiterhin konsequent daran arbeiten, die Täter im In- und Ausland zu ermitteln und diejenigen, die solches Material vom Ausland aus verbreiten, zu belangen. Da aber in der Hälfte aller Staaten der Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie entweder nicht einmal unter Strafe stehen oder nicht ausreichend sanktioniert werden, reichen in vielen Fällen die deutschen Behörden zur Verfügung stehenden Mittel nicht aus. Dann bleibt nur die Sperrung des Zugangs durch deutsche Provider als letztes Mittel.

Zu 3. - 4.

Es trifft zu, dass HTTP-Anfragen auf gesperrte Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten bzw. entsprechende DNS-Anfragen auch vom Benutzer eines Rechners unbeabsichtigt, z. B. durch Anklicken eines unverdächtig erscheinenden Links oder automatisiert durch Schadprogramme, ausgelöst werden können.

Die Möglichkeit, auch in diesen Fällen in Strafverfolgungsmaßnahmen einbezogen zu werden, wird indessen nicht erst durch diesen Gesetzentwurf begründet. Vielmehr lässt sich dies weder im virtuellen noch im realen Leben stets vermeiden. Hier wie dort kann es aufgrund unglücklicher Umstände oder auch aufgrund einer vorsätzlich erhobenen falschen Verdächtigung passieren, dass ein Unschuldiger in den Verdacht gerät, eine Straftat begangen zu haben. Gerade deshalb obliegt es den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten, einen solchen Verdacht sorgfältig zu überprüfen und zu hinterfragen. Dabei steht einem Verdächtigen bis zur rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung zur Seite.

Aber auch nicht verdächtige Personen müssen bestimmte Maßnahmen im Interesse der Aufklärung von Straftaten hinnehmen. So sieht beispielsweise § 103 der Strafprozessordnung schon heute vor, dass Durchsuchungen auch bei nicht verdächtigen Personen durchgeführt werden dürfen, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen dieser Person befindet.

Der versuchte Zugriff auf eine Seite mit kinderpornographischem Material begründet im Übrigen lediglich einen so genannten Anfangsverdacht, der weiterer Abklärung bedarf. Der Verdacht kann sich verstärken, wenn festgestellt wird, dass von dem jeweiligen Anschluss aus wiederholt versucht worden ist, entsprechende Seiten aufzurufen. Auch eine Auswertung der auf dem Computer des Betroffenen gespeicherten Daten kann hierzu wichtige Aufschlüsse geben. Geben allerdings alle Erkenntnisse Anhaltspunkte dafür, dass ein Beschuldigter vielfach versucht hat, kinderpornographische Seiten aufzurufen, und gibt es keine Anzeichen dafür, dass dies z. B. automatisiert durch ein Schadprogramm auf seinem Rechner erfolgt sein könnte, dann spricht Vieles dafür, dass eine Straftat nach § 184b StGB begangen wurde. Dies zu prüfen, obliegt den dafür zuständigen Strafverfolgungsbehörden und Gerichten, denen ich insoweit weder vorgreifen kann noch möchte. Ich habe indessen großes Vertrauen darauf, dass diese Stellen mit der erforderlichen Sorgfalt und der ggf. gebotenen Diskretion die notwendigen Abklärungen vornehmen, so dass nicht zu besorgen ist, dass hierdurch "Leben zerstört" werden. Wenn man diesen Begriff schon verwenden will, dann erscheint es mir angemessener, ihn auf das Leid all der Kinder zu beziehen, die für diese verabscheuungswürdigen Straftaten missbraucht werden.

Zu 5.

Die Aussage, dass in allen anderen Ländern, die die Maßnahme des Access-Blocking im Kampf gegen die Kinderpornographie im Internet einsetzen, legale, aber politisch unerwünschte Inhalte gesperrt wurden, trifft nicht zu. In Dänemark gab es seit Einführung des Access-Blocking im Oktober 2005 ca. fünf Beschwerden von Nutzern, denen die gewünschte Webseite nicht angezeigt wurde oder von Anbietern von Webseiten/Domains. Allen Beschwerden konnte nach einer Überprüfung durch die dänische Polizei abgeholfen werden, da sie im Wesentlichen unbegründet waren oder nach einer Entfernung der beanstandeten Inhalte eine Freischaltung der Domain möglich war.

In Norwegen gehen pro Jahr durchschnittlich 10 - 20 Beschwerden von Internet-Nutzern ein, denen der Zugriff auf aus ihrer Sicht legale Webseiten verwehrt wurde. Mit diesen Beschwerden wird wie in Dänemark verfahren.

Die im Internet veröffentlichten "Studien" beziehen sich auf Listen, von denen hier weder bekannt ist, ob es sich tatsächlich um offizielle Listen handelt, noch ob es sich bei den Listen zum Zeitpunkt der Überprüfung um aktuelle Listen gehandelt hat.

Zu 6.

Unter Zensur ist die Kontrolle öffentlich geäußerter Meinungen in Presse, Funk und Fernsehen, aber auch im Bereich der Literatur, Kunst etc. zu verstehen, die dazu dient, das gesellschaftliche Leben in politischer, sittlicher oder religiöser Hinsicht zu kontrollieren. Die derzeit diskutierten Maßnahmen im Kampf gegen die Verbreitung kinderpornographischer Inhalte im Internet beschränken sich ausschließlich darauf, den Zugriff auf kinderpornographische und damit illegale Inhalte deren Kenntnisnahme eine Straftat darstellt, zu erschweren. Mitnichten geht es darum, sämtliche Inhalte des Internet zu prüfen und dann gegebenenfalls zu kontrollieren. Mitnichten geht es daher um Zensur.

Wie unter 1. dargestellt, unterliegt die durch das Bundeskriminalamt zu erstellende Liste auch der unabhängigen justiziellen Kontrolle.

Zu 7.

Auf Grund der zunehmenden Nutzung des Internets durch Straftäter besteht immer die Gefahr, dass beim Anklicken eines unbekannten Links, z. B. in einer Spam E-Mail, Schadprogramme ausgeführt werden. So gibt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik die Empfehlung, niemals auf Links in E-Mails von unbekannten Absendern zu klicken (siehe http://www.buerger-cert.de/texte/hilfstext-schutz.pdf ).

Diese Gefahr entsteht im Übrigen nicht erst mit der Sperrung kinderpornografischer Webseiten.

In der Hoffnung, Ihnen ausreichend geantwortet zu haben, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Paul Lehrieder MdB

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