Frage an Patrick Rapp von Franz S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Dr.Rapp
Als Landwirt habe Ich zwei Fragen zum Thema Milch.
Die Milchpreise haben sich gegenüber 2009 spürbar erholt, es ist auf Bundesebene mit einem Jahresschnitt von ca. 30 Cent/kg Grundpreis für 2010 zu rechnen. Trotz dieser positiven Entwicklung sind wir nicht in der Lage, eine Vollkostendeckung zu erreichen. Die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft hat für die Arbeitskreisbetriebe (569 Kühe, 972 ha LN) Kosten in Höhe von 42,01 Cent/kg festgestellt. Die in European Dairy Farmers (EDF) zusammen geschlossenen Spitzenmilcherzeugerbetriebe liegen in den Vollkosten bei 41,8 Cent/kg. Zudem ist der Milchmarkt gekennzeichnet von einem starken Anstieg der Milchproduktion. Aufgrund der zunehmenden Volatilität der Märkte könnte sich sehr schnell wieder eine negative Entwicklung der Milchpreise einstellen. Aufgrund durch die letzte Milchkrise aufgebrauchter finanzieller Reserven wären noch mehr Betriebe als in der Vergangenheit gezwungen, ihre Betriebe für immer zu schließen.
Fragen:
1.
Welche Möglichkeiten sehen Sie, damit ein Marktgleichgewicht bewerkstelligt und erhalten werden kann, um eine weitergehende Erholung der Milchpreise erreichen zu können?
2.
Wie sehen Sie die Situation zwischen dem klar reglementierten Weinbau mit einem seit 1976 geltenden Anbaustopp und der anvisierten Liberalisierung des Milchmarkts? Ist nicht gerade für unser Bundesland auch die Milchviehhaltung der Garant für die Bewirtschaftung vieler wertvoller Kulturlandschaften?
Mit freundlichen Grüßen
Franz Schweizer
Sehr geehrter Herr Schweizer,
die EU wird wohl keine Abkehr von der Marktorientierung der Agrarwirtschaft vornehmen. Die Forderung nach einer staatlichen Reglementierung der Milchmenge ist daher nicht realistisch. Ein staatlich gesteuerter Milchmarkt, in den die Steuerungsmechanismen auf den künstlichen Erhalt von Preisen ausgerichtet ist, halte ich generell für gefährlich, da viele andere Wirtschaftsbereiche damit ebenfalls der staatlichen Kontrolle unterworfen wären. Persönlich halte ich es auch für eine falsche Entwicklung, wenn bei sich verändernden Rahmenbedinungen nach politischer Einflussnahme gerufen wird. Zumal ein Teil der veränderten Rahmenbedinungen einer jahrelang geforderten Rücknahme des politischen Einflusses von Seiten der Landwirtschaft geschuldet ist.
Die Erholung der Milchpreise liegt gerade mit Blick auf den jüngsten Dioxinfall und dem dafür ursächlichen Verhalten von uns Käufern landwirtschaflticher Produkte vor allem in einem notwendigen nachhaltigen Umdenken. Es kann nicht sein, dass wir beim Kauf von Unterhaltungselektronik und z.B. Automobilen andere Maßstäbe ansetzen als für unsere Ernährung, für die Grundlage unserer Gesundheit. Sie sind sicherlich mit mir einig, wenn es um eine Forderung nach einer neuen und nachhaltigen Wertschätzung der Produkte unserer Landwirte geht. Wenn uns Verbrauchern wieder klar wird, welches Gut und welche Leistung hinter der Erzeugung von Milch, Getreide oder Fleisch steht. Hier sehe ich die langfristig umsetzbare Stabilisierung von Preisen. Dabei ist im Übrigen die zwanghafte Einführung von einem staatlich verordneten ökologischen Landbau auf 20% der Fläche jedes Betriebes nicht hilfreich, sondern erschwert den notwendigen Wandel des Kaufverhaltens von Verbrauchern.
Zu Ihrer zweiten Frage:
Der Anbaustopp im Weinbau ist aus meiner Sicht nicht vergleichbar mit der Situation der Milchviehhaltung. Beim Anbaustopp geht es, wie Sie wissen, um die für den Weinbau nutzbaren Flächen. Dies ist in der von Ihnen beschriebenen Problematik der Milchbauern nicht Grundlage der Diskussion und auch nicht Grundlage der Problemstellung. Auch greifen staatliche Stellen nicht in das Marktgeschehen am internationalen Markt für Weine ein. Einig sind wir uns im Hinblick auf die zusätzliche und im Kielwasser der Landwirtschaft stattfindende Kultur- und Landschaftspflege. Dafür gibt es in Baden-Württemberg und auch in unserem Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald Programme, um die Aufgaben der Landwirte diesbezüglich zu unterstützen. Die beste Untersützung ist jedoch ein angemessener Milchpreis bzw. die Wertschätzung der landwirtschaftlichen Arbeit durch die Verbraucher und Ihre Bereitschaft, diese Leistung auch zu honorieren und nicht beim Kauf von Lebensmitteln dem Schnäppchenwahn zu verfallen. Aus meiner Sicht ist es aber unehrlich, die Arbeit als Milchbauer über die Landschaftspflege zu definieren. Die Prägung der Landschaft - gerade im Schwarzwald - ist eine Folge des menschlichen Wirtschaftens, in Land- und Forstwirtschaft - und nicht umgekehrt.
Ihre Anliegen und die Anliegen des BDM sind mir durch viele Gespräche mit Ihnen bekannt und es ist für mich Aufgabe, zusammen mit Ihnen, nach tragfähigen und nachhaltigen Lösungen zu suchen. Dies wird nur gelingen, wenn gemeinsam Lösungen angestrebt werden, die den sich ändernden Rahmenbedingungen gerecht werden und auch die Möglichkeit nach Kompromissen eröffnet ist.
Freundliche Grüße
patrick rapp