Frage an Patrick Meinhardt von Carsten M. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Meinhardt,
als Staatsbürger, Wähler und nicht zuletzt als Betroffener bitte ich Sie hiermit herzlich darum, mir Ihre Ansicht und Ihre Pläne bezüglich einer nunmehr dringend fälligen, anständigen "Entschädigung" der noch lebenden Contergan-Opfer in Deutschland mitzuteilen.
Das Wort "Entschädigung" musste hier selbstverständlich in Anführungszeichen gesetzt erscheinen, da ja doch offenbar sein sollte, dass niemand von uns je "ent-schädigt" werden kann; jedoch müsste ebenso außer Frage stehen, dass "wir Betroffenen" einen Anspruch darauf haben, in unserem jeweiligen Leben in angemessener Weise Unterstützung zu erfahren!
Dies ist dringlichst geboten!
Die in diesem Jahr verwirklichte Erhöhung der Renten kann nur ein erster Schritt gewesen sein; eine Verdoppelung von "äußerst ungenügend" ergibt immer noch nur "ungenügend". Zudem hatte diese Erhöhung keinen rückwirkenden Charakter.
Ausgerechnet im Mutterland von Contergan sind die Zahlungen weit geringer als irgendwo sonst in Europa.
Der Herstellerfirma Grünenthal, dem Unternehmen Mäurer&Wirtz und nicht zuletzt der Eigentümerfamilie Wirtz geht es blendend ...
Seit dem 18.09.2008 befinden sich – wie Sie sicher wissen – einige Betroffene in einem Hungerstreik … der Besuch eines Spitzenpolitikers vor Ort steht immer noch aus.
Muss erst jemand zu Tode kommen, bevor etwas geschieht?
Ihrer geneigten Antwort sehe ich mit Ungeduld entgegen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Carsten Möller
Sehr geehrter Herr Möller,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Conterganrenten.
Bei der Erhöhung der Renten der Conterganopfer muss eine sensible Abwägung zwischen den verständlichen und berechtigten Anliegen der Opfer und den Anliegen aller anderen Gruppen von Menschen mit Behinderung gefunden werden. Der deutsche Staat trägt heute unter den besonderen juristischen Bedingungen des Conterganskandals quasi sämtliche Leistungen für Contergangeschädigte im Gegensatz zu anderen Staaten. Eine Besserstellung einer streng abgegrenzten Gruppe von Behinderten gegenüber allen anderen Menschen mit Behinderung bedarf daher einer überzeugenden Begründung.
Die FDP hat es sehr begrüßt, dass die Bundesregierung nicht die vorgesehene Rentenanpassung von 5% durchgeführt hat, sondern die Conterganrenten mit Zustimmung aller Fraktionen des Deutschen Bundestages zum 01. Juli 2008 verdoppelt wurden. Dieser Schritt wird den steigenden Belastungen der Betroffenen aufgrund ihrer Behinderung gerecht.
Die FDP hält es darüber hinaus für wünschenswert, dass die Fraktionen sich gemeinsam über das weitere politische Vorgehen verständigen, da auch wir durchaus weiteren Verbesserungsbedarf sehen. Die FDP hat daher auch bei der ersten Lesung des Gesetzes zur Verdoppelung der Conterganrenten die Anregung gegeben, dass sich der Bundestag in einem gemeinsamen Antrag auf das weitere Vorgehen bei der Hilfe für Contergangeschädigte einigt.
Am 22. Januar 2009 hat der Deutsche Bundestag einem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und der FDP zur Sicherstellung einer angemessenen und zukunftsorientierten Unterstützung der contergangeschädigten Menschen zugestimmt (BT-Drucksache 16/11223). Auch in der Rede zu diesem Antrag haben wir betont, dass einige Forderungen der FDP über den gemeinsam mit der Koalition beschlossenen Antrag hinaus gehen, d. h. wir sahen in diesen Punkten keinen Prüfbedarf mehr, sondern hielten sie für umsetzungsreif.
Diese beiden Punke waren die Dynamisierung des Rentenanspruchs und die Streichung des Fristausschlusses. Ich begrüße es daher grundsätzlich, dass sich die Koalition dieser Forderung sehr weitgehend im neuen Conterganstiftungsgesetz angeschlossen hat, dessen Anhörung am 4. Mai 2009 stattfand. Allerdings sehen wir noch immer Änderungsbedarf. Dies betrifft zum einen die Dynamisierung des Rentenanspruchs und die sofortige Streichung der Frist, bis zu der Ansprüche bei der "Contergan-Stiftung für behinderte Menschen" geltend gemacht werden müssen. Die prozentuale jährliche Anpassung der Altersbezüge auf die Conterganrenten zu übertragen, ist ein guter und unbürokratischer Weg der Dynamisierung. Gleichzeitig sollte die Rente aber in geeigneten Zeiträumen (z. B. 5 Jahre) grundlegend überprüft werden, da mit fortschreitendem Alter der Contergangeschädigten auch der Hilfebedarf weiter zunehmen dürfte.
Ihnen persönlich wünsche ich von Herzen alles Gute und hoffe, Ihre Frage zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben.
Mit besten Grüßen
verbleibe ich
Ihr
Patrick Meinhardt