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Patrick Döring
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Frage von Sascha R. •

Frage an Patrick Döring von Sascha R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

verfassungsschutz

1. wie stehen sie zum verfassungsschutz?
2. sind sie der meinung das der verfassungsschutz grunsätzlich reformen bedarf? er beobachtet mitglieder des bundestages und schwärzt in den unterlagen textstellen von öffentlichen reden, dürfen nicht alle mitarbeiter des verfassungsschutzes die reden hören ? will man nicht das die mitarbeiter heraus finden das sie die linke gegen kriege und rüstungsexporte einsetzen?

Der verfassungschutz hat es auch verhindert, dass die NPD verboten wird. ist das aufgabe des verfassungschutzes.

in gewaltätige rechtsextremen gruppen dürfen die v leute selbst gewalt verüben um nicht aufzufallen ? wenn ja ist das nicht verwerflich?

juni 2012 nsu aktenvernichtugs panne

hat der verfassungsschutz überhaut etwas konstruktives erreicht ?

im bericht des verfasungsschutzes wird die mlpd als sekte bezeichnet, bei dem die mitglieder gezwungen werden bücher zu kaufen u.s.w.

dies erinnert mich an den bericht über die scientology kirche. das der gründer der kirche auch sciensficton autor ist, ist bekannt, aber die berichte hören sich wie abgeschrieben und phantasie geschichten an.

mit freundlichen grüßen

Sascha Rode

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Rode,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Verfassungsschutz.

Ja, es bedarf grundsätzlicher Reformen im Bereich des Verfassungsschutzes. Die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag hat daher am 25.09.2012 einen umfangreichen Forderungs-katalog zu Änderungen beim Verfassungsschutz und der gesamten Sicherheitsarchitektur be-schlossen. Die wichtigsten Forderungen möchte ich Ihnen vorstellen:

Wir wollen, dass die Verfassungsschutzämter der Bundesländer ihren Aufgaben effizient und effektiv nachkommen können. Eine Abschaffung des Verfassungsschutzes wäre dagegen grob fahrlässig – die Aufgabe, unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat zu schützen, ist nach wie vor bedeutsam. Vielmehr müssen sich auch die Verfassungsschutzämter in Bund und Ländern und ihre Aufsichtsbehörden einem intensiven Erneuerungsprozess stellen. Koopera-tionsbereitschaft und vergleichbare Standards bilden das Grundrüstzeug. Das „Learning by Doing“, wie es momentan bei den Diensten praktiziert wird, hat nicht ausgereicht und reicht nicht aus für einen modernen professionellen Dienst. Die Länder und der Bund sind gefragt, eine gemeinsame Ausbildungsrichtlinie zu erarbeiten. Personalauswahlverfahren sind durch klare Qualitätskriterien und Leitlinien zu organisieren, Weiterentwicklungsmöglichkeiten transparent zu handhaben. Das wäre eine Gemeinschaftsaufgabe der Innenministerkonferenz (IMK) für das nächste Jahr, um 2014 loslegen zu können. Veraltete Dienstvorschriften müssen auf den Prüfstand, moderne Personalführungs- und Revisionsgrundsätze sind nötig. Transparente interne Prozesse bilden eines der Fundamente für neues Vertrauen der Öffent-lichkeit in die Dienste und das Vertrauen der Mitarbeiter in ihre für unsere Demokratie not-wendige Arbeit. Ein rechtsstaatliches Leitbild für die zukünftige Arbeit der Sicherheitsbehör-den bildet hierfür die Grundlage.
Die Aufbewahrungspflichten und Löschungsfristen für Daten und Akten müssen klar gesetz-lich geregelt und deren Vollzug durch praxistaugliche Dienstvorschriften sichergestellt wer-den. Ein Gleichlauf der Vorschriften und der Praxis im Bund und in den Ländern muss das Ziel sein.

Der Einsatz von V-Personen muss durch eine klare gesetzliche Regelung abgesichert sein, und deren Vollzug durch praxistaugliche Dienstvorschriften sichergestellt werden. V-Personen liefern wichtige Hinweise; allerdings ist ihr Einsatz insbesondere durch die Erkenntnisse im Umfeld des NSU in Verruf geraten. Dem muss durch klare Regeln abgeholfen werden. Intern müssen sich Bund und Länder über Richtlinien zum V-Personen-Einsatz verständigen, die klare Vorgaben machen darüber, wer als V-Person in Frage kommt (Anforderungen an die Persönlichkeit), wie er von wem geführt wird (z.B. Führungs-/Zuverlässigkeitsanforderungen an die V-Personen-Führer) und welche Entschädigungsmöglichkeiten es geben kann.
Über die V-Personen-Einsätze haben sich die entsprechenden LfVs und das BfV gegenseitig zu informieren. Bisher besteht nur eine Informationspflicht des BfV gegenüber den LfVs. Unerlässlich für effektive Maßnahmen ist aber auch, dass die LfVs das BfV und andere LfVs informieren. Sonst weiß die rechte Hand nicht, was die Linke macht.

Der Einsatz einer V-Person ist in den ersten 12 Monaten alle sechs Monate und über diesen Zeitraum hinaus alle drei Monate vom Vorgesetzten des Führers der V-Person auf seine Rechtsmäßigkeit und Notwendigkeit hin zu überprüfen; diese Prüfung ist zu dokumentieren.

Der Schutz von V-Personen und deren Führern muss gewährleistet sein. Allerdings darf dieses Feld nicht mit pauschaler Geheimhaltung abgeschottet werden: Im Fall von Kapitaldelikten, wie Mord, muss gewährleistet werden, dass wichtige Erkenntnisse der Betroffenen den Polizeien und Staatsanwaltschaften zur Verfügung stehen. Durch pauschale Sperrerklärungen mit dem Hinweis auf Quellenschutz kann dem Anliegen des Rechtsstaats, Verbrechen aufzu-klären, nicht Rechnung getragen werden. Die Entscheidungen müssen so konkret als möglich begründet werden.
Bereits seit mehreren Jahren fordert die FDP-Bundestagsfraktion, den Militärischen Ab-schirmdienst in das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Bundeswehr zu überführen. Dieser Nachrichtendienst unter Aufsicht des Bundesministeriums der Verteidigung ist nicht erforderlich. Die spezifischen Erkenntnisse sind abteilungsübergreifend zu integrieren.

Die durch die Arbeit des 2. Untersuchungsausschusses zu Tage getretenen Vorgänge in deutschen Nachrichtendiensten zeigen auch, dass die Kontrollmöglichkeiten des Parla-mentarischen Kontrollgremiums (PKGr) nicht ausreichen. Die bisherigen Regelungen im Gesetz übe das PKGr (PKGrG) sind dahingehend abzuändern, dass ein überparteilicher, unabhängiger und ständiger Sachverständiger dem PKGr zur Verfügung gestellt wird, der bereits mittels qualifizierter Ein-Viertel-Minderheit Kontrollaufgaben des PKGr übernimmt und das PKGr wie ein Ermittlungsbeauftragter im Untersuchungsausschuss unterstützt. Durch diese Verstetigung und den damit einhergehenden Einsatz von zusätzlichen personellen Ressourcen (Sachverständiger und dessen Hilfskräfte), die al-lein die Aufträge des PKGr erfüllen, kann die Kontrolle intensiviert werden. Zudem müssen die PKGr-Mitglieder jederzeit freien und ungehinderten Zugang zu den Diens-ten des Bundes haben, ohne vorherige Anmeldung! Auch außerhalb von Sitzungen des PKGr müssen die Mitglieder jeden Mitarbeiter des Dienstes im Haus unverzüglich be-fragen können, wenn sie dies gegenüber dem jeweiligen Dienst verlangen.
Wir wollen auch, dass sich Mitarbeiter von Diensten vertrauensvoll an das PKGr oder einzelne Mitglieder des Gremiums wenden können, um auf Missstände innerhalb der eigenen Behörde hinzuweisen. Die bisherige Möglichkeit, dass Mitarbeiter der Nach-richtendienste sich unter Umgehung des Dienstweges direkt an das PKGr wenden, muss deshalb verbessert werden. In § 8 PKGrG ist die Pflicht zur gleichzeitigen Unterrichtung der Behördenleitung durch den Mitarbeiter abzuschaffen. Der 2. Untersuchungsaus-schuss hat die auch von Ihnen benannten Defizite der Nachrichtendienste u.a. in der Aktenführung und im V-Personen-Einsatz offenbart. So erfolgte beispielsweise die An-wendung aber auch die Konkretisierung gesetzlicher Vorschriften durch Dienstvor-schriften nicht fehlerfrei. Um der großen Bedeutung, die Dienstvorschriften für die Verwaltungstätigkeit haben, zu entsprechen, sind diese zukünftig für den Bereich der Nachrichtendienste im Benehmen mit dem PKGr zu erlassen. Die derzeitige Rechtslage ist zudem dahingehend zu ändern, dass die Bundesregierung dem PKGr halbjährig über den Einsatz von V-Personen zu berichten.
Hinsichtlich eines NPD-Verbotsverfahrens steht außer Frage, dass die NPD eine Partei ist, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Sie muss mit allen politischen und dem Rechtsstaat zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden. Ein erneutes Verbots-verfahren gegen die NPD ist aber wenig sinnvoll. Das Verbot einer Partei beseitigt nicht die Gesinnung ihrer Mitglieder bzw. Wähler. Es wäre daher lediglich eine Bekämpfung von Symptomen und wirkt den vielfältigen Ursachen des Rechtsextremismus nicht ent-gegen. So bestünde die Gefahr, dass sich die Mitglieder der verbotenen NPD jenseits von parteipolitischen Strukturen neu organisieren und fortan als eine rechte Untergrund-organisation auftreten, deren Treiben unter Ausschluss der öffentlichen Beobachtung stattfinden würde. Andererseits wären die Folgen eines erneuten Scheiterns des NPD-Verbots verheerend. Die NPD würde dadurch als Partei gestärkt und könnte sich damit brüsten, eine anerkannte demokratische Partei zu sein.
In der Hoffnung, Ihnen unsere Positionen zum Verfassungsschutz, zur Sicherheitsarchi-tektur und zum NPD-Verbotsverfahren etwas näher gebracht zu haben, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Patrick Döring, MdB