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Patrick Döring
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Frage von Hans-Günter G. •

Frage an Patrick Döring von Hans-Günter G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Döring,

"Politikerbestechung ist in Deutschland straffrei - genau wie in Syrien, Sudan und Saudi Arabien!"

Mit dieser schockierenden Feststellung läuft z. Zt. auf Abgeordnetenwatch eine Unterschriften-Aktion, die diesen Zustand beenden will.
Sie, als einer der Wortführer der FDP, haben sicher Argumente, warum die Regierungsfraktionen in der Vergangenheit so vehement ein Gesetz, das Politikerbestechung bestraft, abgelehnt haben und immer noch ablehnen?

Ist es nicht so, dass schon so genannte Parteispenden, ab einer gewissen Größenordnung, den Tatbestand der Bestechung erfüllen?

Als normaldenkender Bürger ist man davon überzeugt, dass Millionenspender auch immer eine Gegenleistung erwarten. Welche Partei will schon auf ein paar regelmäßig eingezahlte Milliönchen verzichten, bloß weil man, wider Erwarten des Spenders, bei einer Abstimmung, an einer falschen Stelle die Hand hebt?

Sie werden vielleicht argumentieren, dass Parteien ihre vielfältigen Aufgaben allein durch die Parteienfinanzierung nicht bewältigen können. Sollte man sich da nicht korrekterweise eher um die Neugestaltung der Parteienfinanzierung Gedanken machen?

Bei einem Sprt-oder Heimatverein sind Spenden von Mitgliedern oder Sympathisanten unverfänglich, da diese Vereine keine gesetzgeberischen Aufgaben haben. Für Politische Parteien sollten jedoch Millonenspenden - auch in gestückelter Form - Tabu sein.

Sollte ein Gesetz, das die Bestechung von Politikern unter Strafe stellt, im Bundestag eingebracht werden, wie werden Sie und Ihre Fraktion abstimmen?

Für Ihre offene Antwort, ohne rhetorisches Ausweichen, bedanke ich mich schon jetzt.

Schöne Grüße
Hans-Günter Glaser

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Glaser,

die Aussage, dass Politikerbestechung in Deutschland straffrei sei, ist falsch. Bereits 1994 wurde unter Regierungsbeteiligung der FDP den Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung als § 108e StGB in das Strafgesetzbuch aufgenommen. Die von den Oppositionsfraktionen vorgelegten Vorschläge zur Verschärfung der strafrechtlichen Regeln für Mandatsträger überzeugen jedoch nicht.

Frei gewählte Abgeordneten können nicht mit weisungsgebundenen Beamten gleichgestellt werden. Deswegen wurde der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung (§ 108e StGB) im Strafgesetzbuch auch nicht in den Abschnitt „Straftaten im Amt“ integriert, sondern in den Abschnitt „Straftaten gegen Verfassungsorgane sowie bei Wahlen und Abstimmungen“.

Anders für Beamte existiert für Abgeordnete kein klarer Pflichtenkreis. Das Grundgesetz bestimmt für die Abgeordneten des Bundestages, dass sie Vertreter des ganzen Volkes sind. Sie sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Das Grundgesetz garantiert den Abgeordneten die Freiheit des Mandats, und damit wie und ganz klar auch zu wessen Gunsten sie es ausüben. Der Abgeordnete kann und darf nach der Verfassung – und im Gegensatz zu Beamten – auch ganz einseitig Interessen vertreten. Wenn er dabei die in ihn gesetzten Erwartungen des Volkes verletzt, werden er direkt oder die Partei, die ihn per Liste aufstellt, vom Volk als „Dienstherrn“ abgewählt. Denn im Gegensatz zu üblicherweise auf Lebenszeit ernannten Beamten muss sich ein Abgeordneter nach vier bzw. fünf Jahren wieder dem Votum der Bürgerinnen und Bürger stellen. Des Strafrechts bedarf es für die Korrektur einer nicht volksgerechten Interessenvertretung nicht. Daher muss bei der Ratifizierung des UN-Abkommens vorsichtig vorgegangen werden, um nicht am Ende die Freiheit des Mandats zu gefährden und einer Verbeamtung der Abgeordneten den Weg zu bereiten.

Ein Tatbestand, wie ihn die linken Oppositionsfraktionen fordern, wäre wegen fehlender Klarheit und unbestimmter Rechtsbegriffe verfassungsrechtlich angreifbar.
Die Auslegung der verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe würde zu unklaren Ergebnissen führen. So ist kaum gesetzgeberisch festlegbar, was „ungerechtfertigte Vorteile“ für einen Mandatsträger sein sollen, ohne dass man dieser Festlegung die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit des Mandats untergrübe. Denn das Grundgesetz schreibt zu recht in keiner Weise vor, wie ein Volksvertreter zu arbeiten hat.

Es ist unmöglich, Abgeordnete objektiv einem „Allgemeinwohl“ zu unterwerfen. Dafür müssten alle Abgeordneten jeweils ein durchschnittliches Gesamtinteresse vertreten und nicht einzelne Interessengruppen im Blickfeld haben. Jedoch wird Greenpeace andere Dinge als „dem Wohle der Allgemeinheit dienend“ ansehen als es der Industrie- und Handelskammertag tut, Transparency International wiederum andere Dinge als der Kinderschutzbund usw. Die Abgeordneten sind durch das Grundgesetz allein ihrem Gewissen als Leitlinie unterworfen. Sie dürfen gerade nicht einem zu bildenden Durchschnitt aller einzelnen Interessen aller Interessengruppen unterstellt werden.
Die Kontrolle von Abgeordneten erfolgt über die Öffentlichkeit. Ein Verlust des Mandats bei Verdacht auf Verfehlungen geht stets mit einer politischen und gesellschaftlichen Ächtung einher.

Keine Lösung ist der aktuelle Vorschlag der SPD-Fraktion. Nach diesem sollen Handlungen, bei denen Mandatsträger Vorteile gewährt werden, dann straffrei bleiben, wenn diese Handlungen „parlamentarischen Gepflogenheiten“ entsprechen. Dieser völlig unbestimmte Begriff öffnet politisch motiviertem Missbrauch der Norm als Ermittlungsgrundlage Tür und Tor. Dennoch begrüßt die FDP-Bundestagsfraktion den erneuten Vorstoß als konstruktiven Beitrag zur Diskussion.

Es besteht in Deutschland für Abgeordnete kein imperatives Mandat, bei dem eine Unterstützergruppe eines Abgeordneten ihm Aufträge oder Weisungen geben könnte, Dennoch können Abgeordnete offen als ganz klare Interessenvertreter in ein Parlament gewählt werden. Sie dürfen es dann als ihre Aufgabe ansehen, die Interessen ihrer - womöglich stark abgegrenzten - Gruppe von Wählern zu vertreten. Ein extremes Beispiel für solch eine direkte Interessenvertretung war das ehemalige Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion, Hermann Scheer, der zugleich bekanntermaßen Lobbyist der Solarwirtschaft war.

Bei der Korruptionsbekämpfung zählen nicht Versprechungen, sondern konkrete Erfolge.
Die UN-Konvention gegen Korruption von 2003 ist bislang nicht von Deutschland ratifiziert worden. Es kommt aber aus unserer Sicht vor allem auf die konkreten Ergebnisse im Rechtsalltag an. So haben diverse Staaten die UN-Konvention ratifiziert, denen Deutschland bei den Ergebnissen weit voraus ist. Es ist zu trennen zwischen einem Versprechen zur Korruptionsbekämpfung und einer nachhaltigen Umsetzung solcher Versprechen.

Eine Abkommensunterzeichnung verhindert noch keine Korruption. So lag Deutschland im von Transparency International 2009 herausgegebenen Index der im Bereich der Politik am wenigsten von Korruption betroffenen Staaten auf Platz 6 und damit in positiver Hinsicht vor 174 anderen Staaten – von denen etliche natürlich die UN-Konvention ratifiziert haben. Staaten wie Frankreich, Südafrika und China liegen auf Platz 24 bzw. Platz 55 bzw. Platz 79, Russland gar auf Rang 146. Diese Aufzählung soll ganz bestimmt nicht heißen, dass es in Deutschland keiner Anstrengungen wirksamer Korruptionsbekämpfung auch im politischen Bereich mehr bedürfte; es macht jedoch die Relation deutlich.

Eine Formulierung einer verfassungsmäßig ausreichend bestimmten Trennlinie zwischen Interessenwahrnehmung im Wählerauftrag einerseits und korrumptivem Verhalten im engeren Sinne andererseits ist aus unserer Sicht noch nicht gelungen. Seien Sie versichert, dass die FDP-Bundestagsfraktion sich dennoch weiterhin in die Debatte um eine rechtsstaatlich und verfassungsrechtlich saubere Lösung der Umsetzung der Antikorruptionskonvention aktiv einbringen und weiter nach sachgerechten Vorschlägen suchen wird.

Die Transparenz der Parteienfinanzierung ist im Grundgesetz verankert. In Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG heisst es zur Rechenschaftslegung der Parteien: "Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben."
Aus unserer Sicht muss der Gedanke der Transparenz im Vordergrund stehen: Bürgerinnen und Bürger müssen Kenntnis darüber erhalten, wie sich die Parteien finanzieren. Transparenz wird jedoch nicht dadurch erreicht, dass einfach alles immer offen gelegt wird: ein Zuviel an Information kann gerade hinderlich sein, um die relevanten Informationen erfassen zu können. Daher halten wir die aktuell gezogenen Grenzen für die Veröffentlichungspflicht für in Ordnung: Spenden, die 50.000 Euro übersteigen, müssen nach dem Parteiengesetz dem Präsidenten des Deutschen Bundestages unverzüglich angezeigt werden. Dieser veröffentlicht die Spende unter Angabe des Zuwenders zeitnah in einer Bundestagsdrucksache. Spenden an eine Partei, deren Gesamtwert in einem Kalenderjahr 10.000 Euro übersteigt sind unter Angabe des Namens und der Anschrift des Spenders sowie der Gesamthöhe der Spende im Rechenschaftsbericht zu verzeichnen. Die Rechenschaftsberichte können unter http://www.bundestag.de/bundestag/parteienfinanzierung/rechenschaftsberichte/index.html eingesehen werden.
Ein Verbot von Parteispenden, wie es zum Teil vorschlagen wird, lehnen wir ab. Bewusst hat der Gesetzgeber sich entschieden, dass die Parteifinanzierung nicht nur von staatlicher Seite erfolgen soll. Parteien sollen keine "Staatsparteien" sein, sondern aus der Mitte der Gesellschaft geformt und finanziert werden. Auch das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass die Selbstfinanzierung der Parteien Vorrang vor der Staatsfinanzierung hat.

Mit freundlichen Grüßen

Patrick Döring, MdB